24.12.2023 ✷ Dunkel wars, der Mond schien helle …

      24.12.2023 ✷ Dunkel wars, der Mond schien helle …

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      ✵ 24. Dezember ✵

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      Dunkel wars, der Mond schien helle…

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      von Isegrim_w_devot

      Martin ging mit den beiden Mädchen zum Auto und Sandra tat das, was sie immer tat, bevor sie den dreien folgte. Sie scheuchte den Kater aus dem Wohnzimmer, schloss die Türen zu den Räumen, die er in ihrer Abwesenheit nicht betreten sollte, und schaltete den Anrufbeantworter des Telefons an.

      Dadurch, dass sie das immer machte, fiel es nicht auf, dass sie diesmal ein paar Minuten länger brauchte als sonst. Minuten, die sie dafür benötigte, die Geschenke unter dem Weihnachtsbaum zu drapieren. Gestern Abend kurz vor Mitternacht, als sie sich sicher sein konnte, dass die Kinder schliefen, hatte sie die Päckchen schon in dem Raum neben dem Wohnzimmer, in Martins sogenanntem „Arbeitszimmer“, deponiert. Die Mädchen gingen dort nie allein hinein, sondern nur, wenn er am PC saß, dann war die Tür auch stets angelehnt.

      Ein Jahr noch, dann wäre Alina, die ältere der beiden, so weit, dass sie nicht mehr an den Weihnachtsmann glauben würde. Sandra war jetzt schon traurig deswegen, sie liebte diese kleinen Heimlichkeiten und die leuchtenden Kinderaugen beim Auspacken. Schon im Sommer fing sie jedes Jahr an, geäußerte Wünsche aufzuschreiben und auf Flohmärkten Ausschau nach Spielzeug zu halten, das aussah wie neu. Etwas Neugekauftes gab es natürlich trotzdem immer dazu.

      So, noch ein prüfender Blick zurück zu dem Baum, dessen Lichter mittels Zeitschaltuhr schon leuchteten, dann schnell die Tür geschlossen und ab zum Auto. Der Carport, unter dem der Wagen stand, befand sich an der Seite des Hauses, von der aus man nicht ins Wohnzimmer schauen konnte. Ein rascher Blickwechsel mit ihrem Mann, ein kurzes Nicken, dann schnallte sie sich an und sie fuhren los. Wie jedes Jahr machten sie an diesem besonderen Tag einen Spaziergang am späten Nachmittag und kamen erst im Dunkeln zurück.

      Schneeflocken fielen stetig und leise vom Himmel und hüllten die Landschaft in ein himmlisches Weiß. Es hatte vormittags geregnet und eine dünne Eisschicht befand sich unter dem Schnee auf den Nebenstraßen. Die Straße, in der sie wohnten, und die Landstraße waren gestreut. In einem der Nachbardörfer wussten sie von einer Nebenstraße, auf der kein Räumdienst unterwegs war und wo man schlittern konnte. Dort hatten sie eine Menge Spaß. Völlig außer Atem und leicht fröstelnd machten sie sich eine gute Stunde später, als die Sonne schon untergegangen war, auf den Rückweg. Im Auto drehten sie erstmal die Heizung voll auf, um sich etwas aufzuwärmen.

      Irgendetwas war anders als sonst, als sie auf der Landstraße auf ihr Dorf zufuhren. Es war jedoch nicht sofort greifbar. Kurz nach dem Ortseingang dann die Erkenntnis: Die Straßenlaternen waren aus, keine einzige Beleuchtung war an den Fenstern zu sehen, das komplette Dorf lag im Dunkeln. „Haben wir Stromausfall?“, fragte Sandra verwundert. „Sieht so aus“, antwortete Martin und bog vorsichtig Richtung Heimat ab.

      „Was ist Stromausfall, Mama?“, fragte Pia. „Das heißt, dass kein Licht geht, kein Fernseher, keine Musik. Wir können die Würstchen für den Kartoffelsalat nicht auf dem Herd warmmachen, weil der auch nicht geht“, erklärte Sandra. „Aber wir können draußen im Garten einen Schneemann bauen. Guckt mal, der Mond scheint ganz hell!“, versuchte Martin, die Kinder zu begeistern, was ihm auch gelang.

      Er parkte unter dem Carport, half den beiden beim Aussteigen und alle vier gingen hinter das Haus, wo inzwischen genug Schnee lag. Genug, um Schneebälle zu formen und eine wilde Schneeballschlacht zu beginnen. Lachend duckten die Erwachsenen sich weg oder rannten vor den Attacken ihrer Töchter davon, fühlten sich fast selbst wieder wie Kinder. Völlig außer Atem fingen sie nach einer Weile an, große und kleinere Kugeln für einen Schneemann zu rollen, Alina und Pia halfen begeistert mit. Sandra brachte ein paar Kiesel für Augen und Mund sowie einen kleinen Stock für die Nase und schaute dann von außen ins dunkle Wohnzimmer.

      Sie drehte sich zu ihren Töchtern um, die inzwischen platt auf der Wiese lagen, um Schnee-Engel zu machen, und rief: „Ich glaube, der Weihnachtsmann war schon da, ich sehe Geschenke!“

      „Wooo?“, die beiden Mädchen kamen aufgeregt angerannt und drückten ihre Nasen am Fenster platt. „Ich seh nix…“, nörgelte Pia und auch Alina konnte nichts erkennen.
      Martin spielte mit, spähte ins Innere des Hauses und sagte: „Doch, ich erkenne da am Baum was, lasst uns reingehen. Vielleicht ist der Weihnachtsmann ja noch drin!“
      Kreischend rannten die Mädchen nach vorn zur Haustür und warteten ungeduldig darauf, dass Martin die Tür aufschloss. „Erst Schuhe ausziehen!“, rief Sandra noch, die kaum hinterherkam und in sich hineingrinste.

      Im Flur spendeten zwei Taschenlampen, die an Bewegungsmeldern in den Steckdosen steckten und bei Stromausfall leuchteten, ein wenig Licht. Martin hatte diese angeschafft, damit im Flur nicht immer das Licht angeschaltet werden musste, wenn man in die Küche oder auf Toilette ging. In dem ansonsten heimeligen Altbau waren die Steckdosen und Lichtschalter teilweise an ungünstigen Stellen in den Räumen angebracht. In diesem Flur gab es nur einen einzigen Lichtschalter neben der Küchentür.

      Die Stiefelchen flogen von den Füßen, die beiden Mädels zogen sich hastig die Handschuhe, Mäntel, Halstücher und Mützen aus, ließen sie an Ort und Stelle fallen und stürmten ins Wohnzimmer. Martin zog sich ebenfalls zügig aus, schnappte sich eine der Taschenlampen und folgte den beiden.

      Lächelnd hob Sandra die Kleidungsstücke auf, hängte sie an die Kinder-Garderobe und stellte die Stiefel auf die Schuhablage. Heute sah sie darüber hinweg, ansonsten legte sie großen Wert darauf, dass alles seine Ordnung hatte. Sie entkleidete nun auch sich selbst und ging ins Wohnzimmer. Es war kaum etwas zu erkennen, nur Schemen durch das einfallende Mondlicht, die Lichterkette am Weihnachtsbaum brauchte ja auch Strom.

      Martin war gerade dabei, die Stumpenkerzen des Adventskranzes auf dem Couchtisch anzuzünden. „Mama, der Weihnachtsmann ist schon wieder weg“, sagte Alina enttäuscht. „Aber er hat doch was dagelassen?“, fragte Sandra. Alina nickte und Pia krabbelte auf den Geschenkeberg zu, ebenso wie der Kater, der die Päckchen neugierig beschnupperte.

      Obwohl beide Mädchen schon ein wenig lesen konnten, hatte Sandra die Geschenke in unterschiedlichen Farben eingepackt und natürlich trotzdem Anhänger, mit Namen versehen, an den Bändern angebracht. „Wartet, ich hole noch mehr Kerzen, damit ihr was sehen könnt!“, sagte sie und ging zum Sideboard, wo ihr Vorrat lagerte.

      Sie zündete vier weitere dicke Kerzen an und stellte sie zur Vorsicht auf Glasuntersetzern auf dem Couchtisch sowie auf dem Esstisch ab. Martin half, die Geschenke zuzuordnen, und die Mädchen packten aus. Pia war ungeduldig wie immer, riss die Verpackungen hinunter. Alina ließ sich Zeit, sie mochte es, die Überraschung noch hinauszuzögern. Sie zog langsam an den Schleifenbändern, schob ihre kleinen Finger unter die Klebestreifen und drückte das Geschenkpapier auseinander.
      Sandra erfreute sich an der Freude ihrer Töchter. Wie immer hatten Martin und sie einige Wünsche erfüllt und zusätzlich etwas gefunden, womit Alina und Pia nicht gerechnet hatten. Die Mädchen waren abgelenkt, also waren nun die Eltern an der Reihe. Sandra griff unter den Baum, reichte Martin sein Geschenk und ging mit der Taschenlampe in der Hand auf die Suche nach ihrem.

      Martin hatte die wundervolle Angewohnheit, das Geschenk für sie jedes Jahr irgendwo im Baum oder im Krippenbereich zu verstecken. Ostern für Erwachsene an Weihnachten sozusagen. Nach einiger Zeit sah sie ihn hilfesuchend an, weil sie nichts fand, und er deutete auf eine große Christbaumkugel in der unteren Hälfte des Baumes. Fragend sah sie ihn an und er meinte lächelnd: „Mach sie mal auf!“ Mach sie mal auf???? Mit einigen Fragezeichen im Gesicht nahm sie die Kugel vom Ast, setzte sich damit aufs Sofa und schüttelte sie leicht. Sie hörte ein leichtes Klackern, öffnete sie an der Stelle, an der sich die Aufhängung befand und linste mit einem Auge hinein.

      Natürlich war nichts zu erkennen, also schüttelte sie sie leicht über ihrem Schoß und heraus glitt ein wunderschönes, goldenes Armband. Martin fand Schmuck unnütz, umso mehr freute sie sich über diese Geste.

      „Habt ihr Hunger?“, fragte Sandra nach einer Weile. „Ein bisschen!“, meinte Alina und Pia nickte. „Die Würstchen gibt es aber nur kalt heute“, erwiderte Sandra, die wusste, dass Martin und Pia ihre gern warm aßen. „Warte, ich hab eine Idee!“, sagte Martin, erhob sich und ging mit der Taschenlampe in den Kellerraum beim Carport. Verwundert blickte Sandra ihm hinterher, bevor sie sich ebenfalls erhob und sich anschickte, Geschirr und Besteck zu holen. Traditionell gab es bei ihnen seit jeher Kartoffelsalat und Würstchen an Heiligabend. Den Salat hatte sie schon am Vortag zubereitet, er war im Kühlschrank gut durchgezogen. Sie mahnte die Kinder zur Vorsicht wegen der brennenden Kerzen und deckte den Esstisch ein. Erneut bewegte sie sich mit der zweiten Taschenlampe aus dem Flur wieder in die Küche, um noch die Würstchen, Ketchup und Senf zu holen, als sie Martin in die Arme lief, der den Gasbrenner für die Unkrautvernichtung, eine Grillzange und seine Jacke in den Händen hielt. „Damit müsste es gehen“, meinte er verschmitzt lächelnd. „Ich geh aber auf die Terrasse damit!“ Er öffnete die Terrassentür im Wohnzimmer und ließ sich von Sandra ein Feuerzeug und ein paar Würstchen sowie einen Teller hinausreichen. Dann zog er die Tür von außen zu, um die Kälte draußen zu lassen und versuchte sein Glück. Das Experiment gelang, natürlich nicht so perfekt wie im Wasserbad, aber Martin und Pia waren selig. Sandra und Alina verspeisten ihre Wiener lieber kalt. Zum Nachtisch gab es Vanilleeis in Sternen- und Glockenform, bestäubt mit Schokoladenpulver. Das Gefriergut war zum Glück noch nicht angetaut.

      „Die Heizung geht ja auch nicht!“, meinte Sandra auf einmal erschrocken. Noch war es warm genug in den Räumen, aber wie lange noch? Martin ließ die Außenrollläden herunter, damit die vielen, großen Fensterfronten nicht zu viel Wärme nach draußen abgaben und hoffte, dass die Lehmwände die vorhandene Wärme eine Weile halten würden.

      Als alle beim Abräumen mithalfen, klackerte es auf einmal überall im Haus, der Kühlschrank brummte wieder, die Heizkörper rauschten und die Lämpchen am Weihnachtsbaum und an allen elektronischen Geräten gingen an. „Oh, Strom ist wieder da!“, juchzte Alina. „Können wir dann Fernsehen gucken? ,Kevin - Allein zu Haus’ kommt doch heute!“ Sandra rollte unbemerkt mit den Augen, noch so eine Weihnachtstradition seit Jahren bei ihnen, sie konnte den Film schon nicht mehr sehen. Aber was tut man nicht alles seinen Kindern zuliebe…

      Martin knipste die Stehlampe in der Sitzecke an, das ungemütliche Deckenlicht blieb heute aus. Die Kerzen wurden nicht ausgepustet, sie verbreiteten weiterhin ihr gemütliches Flackern. Sandra räumte die Reste des Kartoffelsalates in den Kühlschrank, das Geschirr in den Geschirrspüler, wischte den Tisch ab und setzte sich dann mit aufs Sofa. Pia rollte sich auf ihrem Schoß zusammen und Alina kuschelte sich an Martin. Der Film hatte gerade erst angefangen, sie hatten noch nicht viel verpasst.

      Nach ca. 20 Minuten wurde es schlagartig still und das Wohnzimmer um Einiges dunkler. Schon wieder war der Strom weg! Ein Aufschrei der Empörung kam von Alina, jetzt wurde es doch gerade spannend! Sandra überlegte, wie sie ihre Große beruhigen konnte, und ihr fiel ein, dass sie letzte Woche viel Spaß dabei gehabt hatten, zweistimmig Blockflöte zu spielen. Sie hatte aus der Bücherei einige Notenbücher mit Weihnachtsliedern geholt, Pia und Alina hatten sich an der traditionellen Melodie versucht und sie selbst an der zweiten.
      Sanft schob sie Pia von ihrem Schoß herunter, holte die drei Blockflöten und die Bücher und fragte die Mädchen, ob sie Lust zum Spielen hätten.

      Glücklicherweise ließen sie sich damit schnell von ihrem Kummer ablenken. Martin hielt in einer Hand eine der dicken Kerzen und in der anderen das aufgestellte Notenbuch. So kam er sich nicht ganz so unnütz vor. „Hüter des Lichts!“ nannte er sich selbst nach dem ersten Lied. Er, der Blockflöten sonst immer belächelt hatte, musste anerkennend zugeben, dass sich das wirklich toll anhörte. Nach einer Weile legte zuerst Pia die Flöte auf die Seite, Alina hielt noch zwei Lieder länger durch und hatte dann auch keine Lust mehr.

      „Mama, liest du uns was vor?“, fragte Pia und holte eines der neuen Bücher, die unter dem Weihnachtsbaum lagen. Es klackerte erneut und ehe Sandra das Buch aufschlagen konnte, war der Strom wieder da und somit natürlich Kevin wichtiger als alles andere. Das Fernsehglück hielt gerade mal 10 Minuten, dann war es wieder vorbei.

      „Also doch Vorlesen“, meinte Sandra schnell, bevor das große Nörgeln begann, und setzte sich auf den Fußboden, mit dem Rücken ans Sofa gelehnt, damit sie im Kerzenschein die Buchstaben erkennen konnte. Als der Strom nach einer Weile wiederkam, hatten die Mädchen keine Lust mehr auf den Film und lauschten lieber der sanften Stimme ihrer Mutter, die ihnen die spannenden Kurzgeschichten vorlas. Wenige Minuten später hallte mehrstimmiges Lachen durch den Raum, der Strom hatte nur ein kurzes Gastspiel gegeben. So ging es den ganzen Abend weiter. Strom weg… Strom für eine Weile da… Strom wieder weg.

      Martin holte später noch kindgerechte Gesellschaftsspiele aus dem Wohnzimmerschrank und so verbrachten alle vier mit viel Gelächter und sehr entspannt einen außergewöhnlichen Heiligabend. Pünktlich zur Bettzeit war der Spuk vorbei und der Strom blieb endgültig da.

      Dieser Heiligabend sollte allen, Erwachsenen und Kindern, noch jahrzehntelang im Gedächtnis bleiben, bei vielen weiteren Treffen an Weihnachten für Gesprächsstoff sorgen und sogar einen Platz in einem Geschichten-Adventskalender bekommen.

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      Wenn euch die Geschichte gefallen hat, dann freut sich die Autorin über eure Likes und Kommentare!
      Bitte liked jedoch nicht diesen Beitrag, da er nicht von der Autorin eingestellt wurde, sondern im Rahmen des Geschichtenadventskalenders.
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      Lang, lang ist es her, über 20 Jahre... ;)
      Ich hoffe, ihr hattet beim Lesen auch so viel Spaß wie wir damals.

      Vielen lieben Dank an @AleaH und @Teufelanna für die gute Zusammenarbeit bei diesem Projekt,
      an die fleißigen Schreiberlinge, die den Kalender mit ihren Ideen gefüllt haben
      und an die Geschichtenfreunde, die mit Likes und Antworten ihre Begeisterung kundgetan haben. :blumen:

      Habt ein paar schöne, erholsame Feiertage, bleibt/werdet gesund und kommt gut ins neue Jahr!
      Auch wenn es widersprüchlich klingt:
      Ihr Ego muss stark genug sein, um seine begrenzte, defensive Haltung und Kontrolle aufgeben zu können.
      Sie brauchen ein starkes Ego, um das Ego transzendieren zu können.

      - John Bradshaw, Das Kind in uns -