Die Mängel der Monogamie

      Regardo schrieb:

      Habt ihr mal darüber gesprochen oder waren diese Gedanken über eine mögliche Beziehungsöffnung - so mein Eindruck nach deiner Schilderung - nur in deinem Kopf? Wenn letzteres, warum und könnte es vielleicht die Konsequenz des Treueversprechens gewesen sein? Wenn letzeres, könnte es vielleicht die Heilung der Beziehungswunde be- bzw. verhindert haben?
      Wir haben darüber gesprochen. Ich habe meinen Ex-Partner in einem auslaufenden polyamoren Modell kennengelernt, aus dem er mitgenommen hat, dass er wahrscheinlich eigentlich nur mit einer Person intim sein möchte.
      Mein Ex-Partner hat in Erwägung gezogen, dass ich mir eine weitere Person hätte suchen können. Im Endeffekt wäre es wahrscheinlich auf das Modell Beziehungs-WG hinausgelaufen. Es hat sich für mich emotional nicht richtig angefühlt, Dinge, die für mich in einer Beziehung essentiell sind, mit einer anderen Person zu kompensieren, ohne mehr Zeit in Beziehungsarbeit zu investieren und unsere Probleme zu besprechen.

      Ich freue mich, dass ihr euren Weg gefunden habt und Polyamorie euch glücklicher macht. Aber wie gesagt sind alle Beziehungen individuell. Ich kann mir vorstellen, dass Polyamorie in einer anderen Konstellation für mich stimmig sein könnte. Ich finde es auch interessant, hier von glücklich polyamoren Konstellationen zu lesen. Aber es kommt eben auf die Menschen an.

      Falls jemand auch meinen Post als moralisch tendentiös gelesen hat: meine Aussage ist eigentlich nur, dass ich in meinem Dating bisher niemanden kennengelernt habe, mit dem mir ein Mehrpersonen-Beziehungsmodell erstrebenswert schien. Weil ich bei den entsprechenden Personen nicht gesehen habe, wie meine Beziehungswünsche da Platz gefunden hätten. Aber auch eine monogagme Beziehung bin ich bisher nicht wieder eingegangen. Also von daher sagt das gar nicht so viel aus. Nur vielleicht, dass es generell nicht so leicht ist, eine Person zu finden, wo sich Gefühlen auf beiden Seiten entwickeln und man einen gemeinsamen Beziehungsversuch wagt (ob nun monogam oder offen oder polyamor).
      @Currer Belle Endlich kann ich antworten. Danke für deine offene Schilderung. Dann hatte ich wohl den falschen Eindruck. Und es hat mit deinem Ex-Partner einfach nicht gepasst. Mittlerweile bin ich auch der Ansicht, dass es besser ist, solche Beziehungen nicht doch immer qieder zu versuchen.

      Ich wünsche dir, dass du einen passenden Partner findest. Es ist wirklich nicht so leicht. Aber manchmal ist dann plötzlich doch ganz leicht und passiert wie von selbst. Viel Glück dabei.

      Regardo schrieb:

      @Tininow Ich denke, eines der zentralen Probleme der Monogamie ist, dass dieses Treueversprechen für den Rest des Lebens, also für einen u.U. sehr langen Zukunftszeitraum gegeben wird: "Bis dass der Tod uns scheidet". Im besten Willen, deshalb wirklich nicht zu verurteilen. Aber ohne dabei zu beachten, dass uns in dieser langen und unbekannten Zukunft permanente Veränderung blüht. Leben ist nichts statisches. Das verunsichert uns. Wir brauchen Sicherheiten. Oder meinen zumindest, sie zu brauchen. Und ich denke, dieses Treueversprechen ist ein Versuch, Sicherheit zu schaffen. Wie gesagt, wirklich nicht zu verurteilen. Aber aus meiner Sicht ein mit einer großen Wahrscheinlichkeit scheiternder Versuch, wie ja auch die Scheidungsstatistiken zeigen. Es gibt natürlich auch individuelle Faktoren, die zu Lug und Betrug führen. Aber es hilft nicht, davor die Augen zu verschließen, dass es "konstruktionsbedingte" Ursachen gibt, die zu diesem Problem führen.


      Moment mal. An der Stelle hast du aber einen großen Denkfehler. Du bringst hier irgendwie Dinge durcheinander.

      Wie kommst du darauf, Monogamie mit einem Eheversprechen auf Lebenszeit unwiderruflich in einen Topf zu schmeißen.

      Es gibt Poly - Ehen und es gibt monogame Beziehungen ohne Ehe. Es gibt Beziehungen, in denen man ehrlich miteinander ist und Ehen, in denen man es nicht ist.
      Da hat das eine mit dem anderen nicht zwangsläufig etwas zu tun.

      Monogamie und Ehe können Hand in Hand gehen, muss aber nicht.

      Ein Treuegelübte auf Lebenszeit funktioniert durchaus nicht immer, alles ist endlich. Es gibt aber durchaus Ehen, wo es funktioniert. Und nur weil man die Ehe einvernehmlich mit dem Partner öffnet, ist man ja nicht untreu. Eher im Gegenteil, man ist ehrlich miteinander.
      "Aber wenn du mich zähmst, werden wir einander brauchen. Du wirst für mich einzig sein, in der Welt. Ich werde für dich einzig sein in der Welt..."
      Der Kleine Prinz ~ Antoine de Saint-Exupéry ~

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      @Tininow Okay, ich habe mich da unklar bzw. missverständlich ausgedrückt. Natürlich sind Monogamie und Ehe nicht das gleiche. Aber die Schnittmengen des Auftretens sind doch immer noch gewaltig. Da direkt von großem Denkfehler und durcheinander bringen zu sprechen, ist nach meinem Empfinden etwas overdone. Aber was soll's.

      Im übrigen, ich habe selbst ja in langjährigen monogamen, wie sagt man so schön "eheähnlichen" Beziehungen gelebt, war aber nie verheiratet. Du kannst davon ausgehen, dass das nicht rein zufällig war, sondern dass mir der Unterschied immer sehr bewusst war.

      Mir war aber auch immer bewusst, dass die Ehe tief in unsere Gesellschaft und unser kollektives Bewusstsein eingegraben ist und davon, ob bewusst oder unbewusst, ob mehr oder weniger, auch die nichtehelichen monogamen Beziehungen geprägt sind.

      So meinte ich das mit "Bis dass der Tod uns scheidet". Ich adressiere dabei im übrigen nicht das Versprechen, füreinander da zu sein. Das ist, wie ich finde, ein sehr schönes Versprechen. Ich sehe nur nicht, dass dieses Versprechen unauflöslich mit dem der Treue im Sinne sexueller und amouröser Ausschließlichkeit verbunden ist oder sein sollte.
      Also wenn wir jetzt wirklich über religiöse Themen und das Eheversprechen diskutieren wollen, dann könnte man ja auch fragen, ob die Ehe von vielen wegen der Monogamie geschlossen wird oder ob es daran liegt, dass die Familie besser abgesichert ist, wenn einem etwas passiert und Frau/Mann und Kinder zurückbleiben?

      Aber mal ehrlich, wird das nicht zu sehr OT?

      Ich sehe weder in dem einen, noch in dem anderen Lebensstil einen Mangel, die Fremdgeher (und damit meine ich auch tatsächlich nur jene) hat man überall. Dazu muss man sich nur einmal in der Com umsehen, wie oft dort steht: vergeben (Partner weiß nicht Bescheid). :pardon:

      Aber, vielleicht nennt man sich auch polyamor/polygam (das macht ja nochmals einen Unterschied), um nicht als Fremdgeher angesehen zu werden? :gruebel:

      Wie man es dreht und wendet, wenn man möchte, kann man an jedem Lebensstil etwas kritisieren, ihn zerreden und schlecht machen.

      Wichtig ist, dass alle Beteiligten glücklich in ihrem Konstrukt sind, wie auch immer dieses aussieht. :yes:

      Regardo schrieb:

      So meinte ich das mit "Bis dass der Tod uns scheidet". ... Ich sehe nur nicht, dass dieses Versprechen unauflöslich mit dem der Treue im Sinne sexueller und amouröser Ausschließlichkeit verbunden ist oder sein sollte.
      Sexuelle und amouröse Ausschließlichkeit kommt im Wortlaut eigentlich nicht vor, höchstens implizit. Das Versprechen selbst scheint also durchaus anpassbar auf polyamouröse Modelle.
      Ich glaube, wenn du es einfach unser kulturelles Ehemodell nennen würdest, wäre es klarer.

      Eigentlich ist Monogamie - Polyamorie auch kein echtes Gegensatzpaar. Die Gegensatzpaare wären:

      Monogamie - Polygamie

      Polyamorie - Monoamorie (gibt es halt als Wort nicht, soweit ich weiß)

      Wenn man polyamore Beziehungen in rechtlich bindenden Strukturen (= Ehe/Lebenspartnerschaft) abbilden möchte, steht man wohl vor einer Herausforderung wegen der Vielzahl möglicher Modelle und komplexen Verflechtungen. Was wir unter Polygamie verstehen (eine Person heiratet mehrere Personen anderen Geschlechts) bleibt halt ein in sich geschlossenes Modell, das entspricht aber nicht dem Grundgedanken der Polyamorie.

      Regardo schrieb:

      ...Konstitutiv für Monogamie ist das gegenseitige Versprechen "ich beschränke meine Freiheit." Motivation dafür ist Verlustangst. Das Versprechen des anderen besänftigt diese. Auf Kosten der eigenen Freiheit.
      ...

      Mensch hat ein Bedürfnis in Bezug auf einen anderen Menschen außerhalb der Beziehung. Da gibt es aber dieses gegenseitige Versprechen. Und eben und vor allem die Verlustangst. Und deshalb fängt Mensch an, zu lügen und zu verschweigen. Und bricht Vertrauen. Verletzt. Und ist mit sich selbst nicht mehr im Reinen. Wird Mensch erwischt, wird er in schlechtesten Fall zum Paria, zum "schlechten Menschen", wird verachtet, diffamiert, ausgeschlossen.

      Wie kann es anders gehen? Zentral in dem ganzen Konstrukt der Monogamie ist die Verlustangst. Ohne sie braucht es das gegenseitige Versprechen nicht. Die überbordende Romantik in Verbindung mit Monogamie hat vor allem die Aufgabe, von diesem zentralen Motiv abzulenken.

      Ein Hindernis dafür ist der zumeist die Verlustangst überdeckende Begriff der Eifersucht. Eifersucht ist ein sehr negativ konnotierter Begriff. Niemand mag eifersüchtige Menschen. Man mag sich auch selbst nicht, wenn man eifersüchtig ist.
      ...
      Sorry, aber Nein, ich beschränke in keinster Weise meine Freiheit, meine "Verlustangst" ist nur dadurch bedingt, dass ich meinen Mann/Herrn nicht verlieren möchte, wobei sich das nahezu (also zu 99%) nur auf das irgendwann ja mal unvermeidliche Ableben bezieht - weshalb er auch die "Ansage" von mir bekam, dass er nicht vor mir zu sterben hat.

      Ich habe exakt Null Bedürfnis nach anderen Personen insbesondere nicht auf emotionaler Nähe, bei denen die Gefühle tiefer gehen als platonische Freundschaft.

      Eifersüchtig bin ich auch absolut gar nicht, genauso wenig wie mein Herr.