Die Mängel der Monogamie

      Die Mängel der Monogamie

      Vorbemerkung: Ich möchte mit der Überschrift monogam lebende Menschen ausdrücklich nicht angreifen. Ich hab selbst jahrzehntelang monogam gelebt. Allerdings auch immer mit dem Gefühl, dass an diesem Konzept etwas nicht stimmt.

      Ich bin ein Freund klarer Worte. Ich bringe die Dinge gerne auf den Punkt. Das mag manchen zu undifferenziert erscheinen, hilft aber bei einer stringenten Argumentation, beim Verdeutlichen des eigentlich Wichtigen. Ich würde mich freuen, wenn meine Argumentation dem ein oder anderen monogam lebenden Menschen helfen würde, das eigene Unwohlsein mit der Lebenssituation besser zu verstehen. Ich freue mich auf eine sachliche Diskussion ohne gegenseitige Angriffe.

      Die Auseinandersetzung mit Monogamie ist nun eigentlich kein ausgesprochenes BDSM-Thema. Ich habe hier allerdings schon so viele Threads gelesen, in denen es um die mögliche Abkehr von der reinen Monogamie ging ( z.B. um eine BDSM-Spielbeziehung zu ermöglichen), dass ich denke, das Thema sollte hier einen Platz finden.
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      Eine Headline aus dem Tagesspiegel: "Warum fällt uns Treue so schwer? 'Wer einmal fremdgeht, ist nicht direkt ein schlechter Mensch.'" Sie illustriert wie in einem Brennglas, was alles schiefläuft bei der Betrachtung von Lebensmodellen.

      Treue. Ein extrem mit Moral aufgeladener Begriff. Ein Wert, der - scheinbar - nicht hinterfragbar ist. Diese Aufladung hat eine klare Aufgabe. Sie soll dabei helfen, dass monogam lebende Menschen einen Konstruktionsfehler des Konzeptes übersehen: Monogamie beschränkt Freiheit. Und dagegen begehrt Mensch ganz automatisch auf. ("Treue fällt so schwer.")

      Konstitutiv für Monogamie ist das gegenseitige Versprechen "ich beschränke meine Freiheit." Motivation dafür ist Verlustangst. Das Versprechen des anderen besänftigt diese. Auf Kosten der eigenen Freiheit.

      Und damit ist der Kern des Scheiterns der monogamen Beziehung schon angelegt. (Was dann bei den meisten zu serieller Monogamie führt. Ausnahmen bestätigen die Regel. ;) )
      Genau dieser Webfehler der Monogamie führt zu den Partner verletzenden Handlungen. Betrügen, Fremdgehen sind Ausdruck des Freiheitsbegehrens.

      Mensch hat ein Bedürfnis in Bezug auf einen anderen Menschen außerhalb der Beziehung. Da gibt es aber dieses gegenseitige Versprechen. Und eben und vor allem die Verlustangst. Und deshalb fängt Mensch an, zu lügen und zu verschweigen. Und bricht Vertrauen. Verletzt. Und ist mit sich selbst nicht mehr im Reinen. Wird Mensch erwischt, wird er in schlechtesten Fall zum Paria, zum "schlechten Menschen", wird verachtet, diffamiert, ausgeschlossen.

      Wie kann es anders gehen? Zentral in dem ganzen Konstrukt der Monogamie ist die Verlustangst. Ohne sie braucht es das gegenseitige Versprechen nicht. Die überbordende Romantik in Verbindung mit Monogamie hat vor allem die Aufgabe, von diesem zentralen Motiv abzulenken.

      Wie kann man also auf dieses scheitern müssende Versprechen verzichten? In dem man sich mit der Verlustangst beschäftigt. Das geht aber nur, wenn man darüber offen spricht. Und sie sich zuvor erstmal selbst eingesteht. Eingesteht, ohne sie hinter Äußerungen wie "Ich will einfach nicht teilen" zu verstecken.

      Ein Hindernis dafür ist der zumeist die Verlustangst überdeckende Begriff der Eifersucht. Eifersucht ist ein sehr negativ konnotierter Begriff. Niemand mag eifersüchtige Menschen. Man mag sich auch selbst nicht, wenn man eifersüchtig ist.

      Wenn man aber merkt, dass die Eifersucht eigentlich Ausdruck von Angst vor Verlust des begehrten Menschen ist, hat man die Chance, mit sich selbst gnädiger umzugehen. Und es fällt leichter, über diese Gefühle zu sprechen. Auch dem Partnermenschen fällt es leichter zu verstehen. Ein solches Gespräch hat die Chance, dass die Verlustangst und die Eifersucht komplett verschwindet. Und zwar gerade dann, wenn man ohne Tabus über die Dinge spricht, die der andere mit anderen Menschen z.B sexuell tut.

      Selbst in offenen Beziehungen gibt es die Einstellung, davon gar nichts wissen zu wollen. Dabei schafft Transparenz auch in diesen Dingen tiefes Vertrauen. Denn wenn ich weiß, dass mein Partnermensch keine Geheimnisse vor mir hat, kann ich vertrauen. Und dieses Vertrauen lässt Verlustängste einfach verschwinden. Das ist keine Theorie. Ich habe.es selbst so erlebt, zu meinem eigenen und sehr großen Erstaunen.

      Der Monogamie abgeschworen zu haben und offen und vielleicht poly zu leben, heißt übrigens nicht automatisch, nun permanent durch verschiedene Betten zu hüpfen.
      Wichtig ist vor allem, die Freiheit zu haben es zu tun, wenn man es möchte. Verrückterweise eröffnet das für die Beziehung und das sexuelle Erleben eine Tiefe, die wirklich außergewöhnlich ist.

      Regardo schrieb:

      Allerdings auch immer mit dem Gefühl, dass an diesem Konzept etwas nicht stimmt.
      Das Konzept ist völlig in Ordnung, nur eben nicht für jede(n). Insofern solltest du das, wenn es dir tatsächlich ernst damit ist, monogam lebende Menschen nicht irgendwie abzuqualifizieren, besser relativieren. Denn ich fühle mich ganz subjektiv davon angegriffen, dass ich ein Konzept leben soll, das "nicht stimmt".
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      Bedenke den Spaß...
      Aus der Sicht einer Person, die von Herzen gern monogam ist und für sich (!) von diesem Konzept überzeugt ist:

      Nein, Monogamie schränkt meine Freiheit nicht ein, denn wenn ich in einer glücklichen, harmonischen Beziehung lebe, habe ich absolut nicht das Bedürfnis, mit anderen Menschen intim zu werden, Zärtlichkeiten auszutauschen, Sex zu haben usw. Daran habe ich überhaupt kein Interesse. Ich kann mein Herz nur einem Mann zur selben Zeit schenken - und nur mit diesem einen Mann möchte ich all das erleben. Glücklicherweise empfindet mein Her(r)z das genauso und hat nicht das Bedürfnis, anderen Menschen körperlich oder emotional so nah zu sein wie mir.

      Was daran "nicht stimmen" soll, ist mir unklar, wenn es doch genau das ist, was wir beide wollen.

      Irgendwo habe ich mal den Spruch gelesen: Liebe ist, wenn Treue Spaß macht.
      Für mich ist dieser Spruch sehr passend. Es fällt mir nicht schwer, meinem geliebten Mann treu zu sein. Andernfalls könnte ich für mich (und das gilt hier nur für mich) sagen, dass zwischen uns emotional etwas nicht mehr stimmt.

      Ich (als monogam lebende Frau) sehe an Monogamie nichts Schlechtes oder Falsches und glaube nicht daran, dass sie von vornherein zum Scheitern verurteilt ist.
      Liebe ist nicht alles, aber ohne Liebe ist alles nichts.
      Leider ist ja schon der Titel (negativ) wertend. Denn "Mängel" sind laut Duden (Hervorhebung durch mich) "etwas, was an einer Sache nicht so ist, wie es sein sollte, was die Brauchbarkeit beeinträchtigt und von jemandem als unvollkommen, schlecht o. ä. beanstandet wird".

      "Patzer der Polyamorie" (passt nicht ganz, aber um ebenfalls eine Alliteration zu verwenden) wäre genauso (negativ) wertend für den umgekehrten Fall.

      Die enthaltenen Wertungen finde ich in beiden Fällen nicht in Ordnung. Weder ist grundsätzlich in monogamen Beziehungen (mindestens) eine(r) zu wenig noch in Poly-Beziehungen (mindestens) eine(r) zu viel. Es muss doch einfach nur für alle (!) Beteiligten gut sein, wie es ist.
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      Die Monogamie an sich hat meines Erachtens keinen Mangel, denn für viele ist es genau das, was sie brauchen, und was ihnen guttut.

      Ein „Mangel“ liegt dort vor, wo Monogamie zum ausschließlichen Beziehungsmodell durch gesellschaftliche Zwänge und Moral verordnet wird. Wie immer führen Verbote, die gegen das Lebensgefühl gerichtet sind, zum Gefühl der Einschränkung von Freiheit.

      Zum Glück leben wir aktuell in einer Phase der freiheitlichen Grundordnung in der jeder sein Lebensmodell verwirklichen kann.


      Die Dinge sind nie so, wie sie sind. Sie sind immer das, was man aus ihnen macht.
      Jean Anouilh (1910-1987),französischer Dramatiker
      Ein Problem an der Monogamie scheint eher darin zu liegen, dass es gesellschaftlich so als Standard gesetzt ist. Das liegt aber ja nicht an der Monogamie selbst.

      Beispielsweise bin ich als Jugendliche eine monogame Beziehung eingegangen ohne das zu hinterfragen, weil es war ja irgendwie klar, dass es monogam sein soll (Alternativen waren mir gar nicht so bewusst). Dabei liegt mir das gar nicht. Es passt nicht zu mir. Für meinen Freund war es genau richtig, für mich nicht. Und das Problem war - wir sind gar nicht auf die Idee gekommen, das mal anzusprechen am Anfang. Das hat dann im Nachhinein große Probleme verursacht, die nicht hätten sein müssen.
      Heute findet diesbezüglich schon allein in den Medien mehr Aufklärung statt, denke ich/hoffe ich.

      Es gibt halt unterschiedliche Beziehungsmodelle und alle können gut sein, wenn alle Beteiligten damit glücklich sind. Und es gibt viele Menschen, die monogam glücklich sind. Nur halt nicht alle.
      Ich denke, nicht das Konzept von Monogamie hat Mängel, genausowenig das Konzept der Poyamorie.
      Tatsächlich glaube ich, es ist eine Art Neigung im Menschen.
      Vor ein paar Jahren habe ich versucht, aus der Monogamie in die Polyamorie zu wechseln, dass Monogamie nur eine Lebensform ist und dass man sich diese doch sicherlich aussuchen kann, wenn man gesellschaftliche Vorgaben im Kopf überwindet.
      Aber ich schaffte es nicht, in die Polyamorie zu finden, ich kanns einfach nicht.
      Es ist also genauso schlecht, monogam veranlagte Menschen in polyamore Beziehungsformen zu stecken, wie polyamor veranlagte Menschen in monogame Beziehungsformen.
      Und wenn du lange in einen Abgrund blickst, blickt der Abgrund auch in dich hinein
      Friedrich Nietzsche

      Regardo schrieb:

      Konstitutiv für Monogamie ist das gegenseitige Versprechen "ich beschränke meine Freiheit." Motivation dafür ist Verlustangst. Das Versprechen des anderen besänftigt diese. Auf Kosten der eigenen Freiheit.
      Das greift meiner Erachtens zu kurz. Motivation für Monogamie kann Verlustangst sein. Allerdings kenne ich auch Menschen, die die Beziehung aus Verlustangst heraus öffnen, obwohl es ihnen nicht entspricht, weil sie Angst haben, sonst den/ die Partner:in ganz zu verlieren.
      Verlustangst ist menschlich und verständlich, aber eben auch einschränkend. Insofern ist Verlustangst als solche immer ein schwieriges Motiv.

      Allerdings können auch ganz andere Motive eine Rolle spielen, sich für eine monogame Beziehung zu entscheiden.
      Für mich wäre es zum Beispiel schlichtweg überfordernd, wenn ich noch eine weitere Person in mein Beziehungsgeflecht integrieren sollte. All das, was ich mit meinem Partner erleben, entdecken, ihm geben, von ihm erhalten möchte, möchte ich gerade nur mit ihm. Ich empfinde es nicht als Einschränkung, sondern als Freiheit, mich in dieser Intensität und Intimität nur auf genau eine Person beziehen zu müssen. Und Sex ohne diese persönliche Ebene gibt mir nichts. Insofern müsste ich einen deutlichen Mehraufwand leisten, um zu einer weiteren Person ein derart intimes Verhältnis aufzubauen.
      Ich bin aber ohnehin ein Mensch, der den Kreis der Menschen, die ich sehr nah an mich heranlasse, gerne eher klein hält.

      Ich denke, es ist ein großer Unterschied, ob man Exklusivität wählt oder sich zu ihr gezwungen fühlt.


      Es gibt übrigens Studien, die darauf hindeuten, dass sich verschiedene Säugetiere "natürlicherweise" polygam verhalten, da die Paarung mit einem neuen Partner mit erhöhter Dopaminausschüttung, sprich einer größeren Belohnung im Gehirn einhergeht, die der "alte" Partner nicht liefern kann.
      Allerdings geht es dabei rein um den Fortpflanzungstrieb.
      Menschen sind nun glücklicherweise nicht auf reine Fortpflanzung beschränkt, sondern in der Lage, aus den verschiedensten Motiven und Bedürfnissen heraus Sex zu haben. Mit wie vielen sie das nun ausleben möchten, bleibt persönliche Entscheidung, wobei ich weder monogame noch polygame Beziehungen für grundsätzlich besser halte. Ich denke einfach, dass die individuellen Bedürfnisse zu unterschiedlich sind, als dass sich ein Konzept für alle als einzig richtig darstellen könnte.
      "Unsere Sehnsüchte sind unsere Möglichkeiten. "
      Robert Browning
      Ich verstehe den Titel einfach mal als persönliches Statement, also Mängel der Monogamie für Dich, insofern also nicht als generelle Wertung sondern als persönliche.

      Wir hatten ja bereits das Thema in anderem Kontext und umso spannender finde ich, dass ausser mir noch jemand hier das Zeitmanagement und dadurch entstehen Stress in einem polyamoren Konstrukt angesprochen hat.

      Ich würde hier tatsächlich auch noch fein unterscheiden zwischen polyamor und Öffnen einer Beziehung, letzteres kann rein auf sexueller Ebene geschehen, ersteres inkludiert für mich tiefe Liebe zu mehr als einer Person.

      Ich gehe mit Primrose konform, dass auch die Zustimmung zum Öffnen durchaus aus Verlustangst geschehen kann aber genauso natürlich aus dem Willen dem Partner Freiraum oder unabhängige Entwicklungsmöglichkeit zu geben.

      Generell glaube ich, dass sich Polyamorie entwickeln muss, anders als ein „simples“ Öffnen einer Beziehung. Polyamorie setzt für mich ganz viel Beziehungsarbeit, mehr als in einer monogamen Partnerschaft voraus weil hier immer die Bedürfnisse mindestens 3er Menschen abgeglichen werden müssen um eine gute Basis zu haben. Ich bin ehrlich genug für mich zu sagen, dass das für mich emotional zu anstrengend wäre. Ohne überhaupt zu wissen ob ich tatsächlich 2 Menschen gleichermaßen lieben könnte.

      Hat Monogamie jetzt Mängel? Für jemanden dessen gewählte Lebensform Polyamorie ist, sicher. Generell sicher nicht. Vielleicht ist der „gefühlte“ Mangel eher der, dass Polyamorie in unseren Gefilden gesellschaftlich eher skeptisch betrachtet wird.
      I disapprove of what you say, but I will defend to the death your right to say it


      Evelyn Beatrice Hall
      Danke für die vielen Kommentare. Ich kann jetzt nicht sofort auf alle eingehen. Morgen mehr.

      @DerekReign Glaub mir, ich bin mir der Bedeutung jedes der von mir geschriebenen Wörter sehr bewusst.
      Und, ich sag es nochmal, nein, ich will niemanden, der monogam lebt, abwerten. Ich spreche von den Mängeln der Monogamie, nicht von den Mängeln der Menschen, die monogam leben. Das ist für mich ein riesengroßer Unterschied. Leider gehst du auf keines meiner Argumente ein, so läßt sich dann leider auch keine Diskussion führen.

      @Zofe Es freut mich wirklich, dass du eine glückliche Beziehung führst. Und ich habe keinen Grund anzuzweifeln, dass du dich subjektiv nicht in deiner Freiheit eingeschränkt fühlst. Objektiv ist das Treueversprechen aber das Versprechen für die Zukunft, die eigene Freiheit einzuschränken. Und du wirst ja wahrscheinlich auch die gleichen Beobachtungen gemacht haben wie ich, dass sich nämlich viele Menschen nicht an dieses Versprechen halten, dass Unzufriedenheit und Unglücklichsein, betrügen und fremdgehen durchaus weitverbreitet sind. Das habe ich ja nicht erfunden. Und ich würde ergänzen, dass das für mich ein Beleg ist, dass Monogamie zumindest häufig scheitert. Ich stelle da mal eine gewagte These auf, die ich natürlich nicht beweisen kann. Eure glückliche Beziehung wäre auch ohne Treueversprechen glücklich geworden. Einfach, weil ihr gut und respektvoll und ehrlich miteinander umgeht.

      @Diablotin Du blendet m.E. aus, dass Monogamie eben nicht nur vielen gut tut, weil es das ist, was sie brauchen, sondern vielen eben auch nicht gut tut (s.o.). Jetzt könntest du sagen, dann haben sie eben das falsche Lebensmodell gewählt, wg. der gesellschaftlichen Zwänge usw.. Das aber würde für mich zu kurz greifen. Liebe braucht m.E. keine Freiheitsbeschränkung, es kann aber sein, dass sie sie verkraftet.
      Ich hatte früher auch ganz strenge Ansichten von Monogamie - das muss so sein und wer nicht so ist, der passt nicht zu mir und ich nicht zu ihm... Ganz schön egoistisch, nicht wahr?

      Über die Jahre hat sich meine Sicht auf die Dinge geändert.
      Ich lebe immer noch sehr gerne monogam einem Herrn gegenüber (wenn es einen gibt), würde das aber nie von ihm verlangen oder erwarten, weil ich mir einfach denke, dass ich nicht das Recht habe, die Bedürfnisse eines Menschen so zu beschneiden oder zu beschränken. Ich meine, ist es denn wirklich Liebe, wenn ich von einem Menschen etwas verlange, das nicht seiner Natur entspricht?

      Ja, es gibt Menschen, die polyamor oder polygam leben möchten und müssen, um im Leben glücklich zu sein. Es gibt aber auch Menschen, die das nicht brauchen, um glücklich zu sein.

      Es haben wohl beide Konzepte Mängel - gibt es ein perfektes Konzept? Oder wird es nicht erst durch den passenden Partner perfekt?

      Ich könnte mir aber schon vorstellen, dass (gerade wenn man eine Neigung hat, die der Partner nicht teilt) Monogamie oder das Versprechen dazu, zu einem gewissen Leidensdruck beitragen kann und wohl auch wird.

      Monogamie aber für alle Probleme einer Partnerschaft verantwortlich zu machen, ist halt auch zu weit gegriffen.
      Menschen sind verschieden. Es sollte jeder selbst entscheiden, was passt und was nicht, niemand „verurteilt“ Monogamie. Es braucht allerdings sehr viel Kommunikation, wenn man polyamor lebt. Niemand darf dann „auf der Strecke“ bleiben.
      Ich hab mir nicht vorstellen können einen weiteren Menschen außerhalb unserer Ehe zu lieben und ich wäre auch niemals auf die Idee gekommen. Mein Mann hatte die Idee, dass ich mir einen Dom suchen sollte. Hatte unsere Ehe zu der Zeit Mängel? Ich bin der Ansicht, dass sie keine hatte. Mein Dom ist eher eine Ergänzung. Aber die Beziehung zu ihm hat eine ganz andere Qualität, als die Ehe mit meinem Mann. Uns verbinden 44 gemeinsame Jahre: gemeinsame Kinder, gemeinsame Enkel, gemeinsame durchlebte Krisen, wie zum Beispiel schwere Krankheiten usw. Trotzdem sprechen Dom und ich von Liebe, auch weil unsere gemeinsame Zeit sehr intensiv ist. Wir sind im Leben des anderen halt die Nummer zwei und das ist für uns passend. Würde ich mit ihm zusammen leben wollen, wenn es sich irgendwann ergeben sollten? Definitiv nicht. Aber wir tun einander gut. Wir kommunizieren sehr viel, auch zu dritt und ohne Kommunikation würde es vermutlich auch nicht funktionieren. Ich kann @Regardo Gedanken nachvollziehen, teilweise habe ich ähnliche Gedanken.
      Jede/r Mensch muss seinen eigenen Glücksweg finden. Mir tut unser „Weg“ gut, aber ich möchte nicht, daß mein Mann damit nicht klarkommt, dann würde ich die Zweitbeziehung sofort beenden.
      Das sind meine persönlichen Gedanken. Auf die Füße möchte ich niemanden treten damit.
      Du spielst auf mir mit Meisterhand. Sämtliche Saiten berührst du auf dem Instrument meiner Seele und bringst ein Lied hervor, das alles bewegt und alles verzaubert!




      Irina Rauthmann, deutsche Aphoristikerin und Lyrikerin
      Ich hab mich vor vielen Jahren schon damit beschäftigt ,was mich denn bewegt, in welcher Beziehungsstruktur ich mich am ehesten Zuhause fühle und in welcher "Dosierung" ich für meine Begleiter am wertvollsten bin ...?

      Damals schrieb ich diese Zeilen .Sie sind immer noch mein Fundament für eine polyamoren Lebensweise ... :yes:

      Denn jeder ,der das Leben liebt und lebt-hat's genau begriffen
      Der Mensch ist stets suchend ,nachdem was wir missen.
      Nie kann es es nur DEN einen Deckel zu dem Topfe geben
      Der Mensch besteht aus vielerlei Facetten,
      Da drauf würd ich meine Seel verwetten

      Geschliffen ,gesäubert,poliert zum Glänzen bringen
      Körper -Geist -Herz in allen Dingen
      Ist ein Verlangen -ein dauerhaftes Bestreben
      Das wäre Selbstbetrug besondersgleichen
      Zu glauben an den Einen und danach zustellen seine Lebensweichen!

      Der Mensch ,der liebt nicht in Schwarz und Weiss
      Es sind vielmehr die Grauzonen,die es machen ja so heiss.
      Denn jeder weiss
      "Wer den Pfennig nicht ehrt- ist des Talers niemals wert !"

      MENGENLEHRE
      Was du an Liebe brauchst
      kann ich allein nicht geben.
      Was ich an Liebe geben kann
      ist für dich allein zuviel.
      (Jörn Pfennig)

      Wer die ^Mengenlehre^hat verstanden,
      der wird wohl auf anderen Wegen wandern
      Denn die ^freie Liebe^ fesselt nicht,sondern bindet
      Schafft Beziehung und verbindet
      Lässt genügend Raum für Freie Entfaltung
      Nicht wertend,einnehmend
      Offen,liebevoll und gebend
      ist ehrlich,wertschätzend ,gönnend in Gestaltung
      im Lieben und Erleben
      nicht nur EINE bezaubert Dich eben!

      In diesem Sinne weiss ich zu danken
      für jeden einzelnen Moment ,den Du mir geschenkt
      achtsam ,aufmerksam,lustvoll ,den Fokus auf mich gelenkt
      hoffend mein lustvolles Wesen bringt Dich so manches Mal noch ins Wanken!

      Das Ziel,das ist doch völlig klar
      ist Glückseligkeit-wie wunderbar!
      Sie finden kann man doch auf unterschiedlichen Wegen
      das find ich nicht vermessen-auch nicht verwegen!

      Denn, WEN man "liebt" ,den gibt frei
      das ist mein Ernst und und hat noch "Freud" dabei!

      Geliebt ,verehrt ,ja auch begehrt
      ist höchstes Gut und grösster Wert
      wie schlimm ,wenn es einem verwährt
      der Ausschliesslichkeitsanspruch-es nicht gewährt!

      So bist Du einzigartig ,wie ein Stern
      erhellst mein Dunkel in nah und fern
      sollst strahlen- funkeln alle Tage
      nicht nur für ^mich^bist du dazu in der Lage
      Solange Du schenkst mir hellen Schein
      will ich versuchen ganz und gar DEIN zu sein
      Dir Alles geben ,was ich vermag
      Sekunden ,Minuten,Stunden -Tag
      mein Geist ,mein Körper und mein Herz
      das ist mein Ernst -das ist kein Scherz!

      P.S.
      Ich komme aus einem erzkatholischen geprägten Elternhaus und brauchte die ein oder andere schicksalhafte Begegnung ,die mir aufzeigte ,warum ich mich in monogamen,aber auch in polygamen Gefilden deplatziert fühle.

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      @Alexis Raven Ja, Monogamie ist als Standard gesetzt. Und das hat viele Gründe. Gesellschaftspolitische. Religiöse. Die wollte ich aber hier nicht diskutieren, sondern das Konzept von innen heraus in Frage stellen. Dass das so selten passiert, trotz allen damit verbundenen Problemen, hat aber natürlich damit zu tun, dass das Mantra der Monogamie uns alle überflutet, z.B. in Form unendlich vieler Hollywood-Filmchen.

      @Amarena JedeR sollte und kann auch nur für sich selbst entscheiden. Eine vernunftsbasierte Entscheidung kann aber nur fällen, wer sich mit den Pros und Cons auseinander gesetzt hat.

      @Primrose Verlustangst als Motivation zur Öffnung einer Beziehung ist sicherlich ein interessanter Aspekt, den ich so noch nicht bedacht habe. Ich denke aber, dass die von mir beschriebene Variante deutlich häufiger auftritt.

      Dein und auch von @Hera genanntes Motiv der Überforderung kann ich sehr gut nachvollziehen. Das hab ich auch selbst schon erlebt, sehe es aber als Herausforderung an, der ich mich gerne stelle.

      Eine generelle Bewertung der Beziehungsformen - besser oder schlechter - ist eigentlich nicht mein Ding. Ich sehe aber eben die Probleme und unerfreulichen Folgen des Treueversprechens der Monogamie. Und ich sehe die von mir beschriebenen Möglichkeiten der Weiterentwicklung.

      Regardo schrieb:

      Eine generelle Bewertung der Beziehungsformen - besser oder schlechter - ist eigentlich nicht mein Ding. Ich sehe aber eben die Probleme und unerfreulichen Folgen des Treueversprechens der Monogamie. Und ich sehe die von mir beschriebenen Möglichkeiten der Weiterentwicklung.
      Eigentlich - danach kommt immer ein Aber. Auch bei dir.

      Ich muss mich nicht weiterentwickeln, jedenfalls nicht in diesem Punkt. Allein die Andeutung, dass poly... eine WEITERentwicklung wäre, heißt ja der aktuelle Stand ist nicht gut genug. Denn sonst bräuchte man ihn nicht weiterentwickeln.

      Wenn du beide Varianten einfach nebeneinander stellen würdest, wäre das doch völlig ausreichend und dann auch nicht mehr wertend.

      Denn nur weil viele Menschen Fremdgehen/Betrügen und Lügen heißt es ja nicht, dass die Beziehungsform generell nichts taugt.
      Es heißt genau zwei Dinge:
      1. Beziehungsform passt nicht = Monogamie generell passt nicht
      2. oder der gewählte Partner passt nicht = Monogamie wäre ok, aber mit einer anderen Person

      Was die Person dann daraus macht, nämlich den Partner zu belügen und betrügen, hat doch nichts mit der Beziehungsform zu tun sondern mit der Persönlichkeit des einzelnen Menschen.
      Nämlich nicht den schwierigeren Weg zu wählen: Gespräche, Offenheit, Problemlösungsversuche, ein Eingeständnis, dass es so nicht geht.
      Sondern den leichten: Lügen, Betrügen, aus dem gemachten Nest nach was anderem gucken...

      Und um noch etwas zu provozieren: ich kann den Spieß ja auch umdrehen.

      Monogamie ist die weiterentwickelte Beziehungsform. Denn dafür habe ich gelernt, mich selber auch zurückzunehmen und Kompromisse einzugehen. Wieviel Kompromiss man eingehen möchte, ist ja auch individuell.
      Während ich bei Polygamie mir einfach für jeden Bereich meines Lebens die passende Person raussuche.
      Mit A habe ich Sex
      mit B mach ich BDSM
      mit C teile ich Hobby 1
      mit D wohne ich zusammen
      mit E...

      und wen ich davon liebe, ist wieder eine andere Sache.

      Sorum ist das jetzt nicht mehr so in deinem Sinn oder?
      "wenn wir einmal irrtümlich verschiedener Meinung sind, haben wir uns besonders lieb"
      Ich muss mich nicht weiterentwickeln, jedenfalls nicht in diesem Punkt. Allein die Andeutung, dass poly... eine WEITERentwicklung wäre, heißt ja der aktuelle Stand ist nicht gut genug. Denn sonst bräuchte man ihn nicht weiterentwickeln.
      Deshalb hat der Threadersteller vermutlich auch geschrieben, dass er darin Weiterentwicklung sieht, nicht man oder alle.

      Man kann den Text wenn man denn möchte sicher als Angriff auf die Monogamie sehen, andererseits kann man den Text auch als persönliches Resümee des Erstellers sehen bei der Auseinandersetzung mit verschiedenen Lebensmodellen.

      Ich finde es durchaus interessant sich gedanklich einem solchen Lebensmodell mal anzunähern obwohl ich weiß, dass es mich emotional total überfordern würde und ich für mich da keine Weiterentwicklung sehen würde.

      Die Dinge mal aus dem Blickwinkel von Verlustangst oder Freiheit geben zu beleuchten finde ich nicht grundverkehrt. Gerade auch unter dem Aspekt eine Beziehung zu öffnen eben auch aus Verlustangst.

      Welche Beziehungsform man wählt und aus welchen Gründen hängt ja an ganz vielen individuellen Dingen.

      Aber hey, Beziehungsmodelle sind so bunt wie BDSM und werten muss man keines davon, Du hast Dich ja auch mit Wertung nicht zurückgehalten ;) . Es muss schlichtweg für die Beteiligten passen.
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      Evelyn Beatrice Hall

      Hera schrieb:

      Ich würde hier tatsächlich auch noch fein unterscheiden zwischen polyamor und Öffnen einer Beziehung, letzteres kann rein auf sexueller Ebene geschehen, ersteres inkludiert für mich tiefe Liebe zu mehr als einer Person.
      :thumbsup: das sehe ich auch so....

      Grundsätzlich ist ja der Mensch nicht monogam....so von Natur aus. Es kann natürlich monogam leben.......ich denke die Monogamie ist mehr eine Prägung / Moral, die uns durch Kirche/ Gesellschaft usw. "auferlegt" wurde........

      In anderen Ländern ist das ja durchaus anders.........
      An den Kreuzungen des Lebens stehen leider keine Wegweiser.