Dominanzseminar

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      Dominanzseminar

      Ein Bekannter von mir ist ein wahres Multitalent. Ich nenne ihn Felix, denn dieser Name bedeutet: der Glückliche. Außerdem will Felix inkognito bleiben.

      Schon als Schüler und Student war Felix ein Filou. Bei "Jugend forscht" erfand er lauter Dinge, auf die nie jemand gekommen wäre ... die allerdings auch niemand gebrauchen konnte. Tja, so ein verkanntes Genie hats bekanntlich schwer. Das Auto wollte anfangs ja auch keiner haben.

      Somit begann er seine berufliche Laufbahn als Staubsaugervertreter. Bald schon stellte er fest, dass er nicht der Einzige ist. Deshalb sattelte er um ... als dynamischer, aber ebenso erfolgloser Radiergummivertreter. Seine Produktnovität bewarb er mit dem volksnahen Werbeslogan: Leute, nehmt Gummis! Zu Beginn bekam er noch haufenweise Einladungen für seine Verkaufsvorführungen - hauptsächlich von diversen Clubs - doch dann versiegten die Kundenaufträge.

      Doch wärend er sich noch nach dem Warum fragte, nahm schon eine neue Geschäftsidee Gestalt in seinem Kopf an. Die in den SM- Clubs gewonnenen Eindrücke sagten ihm ganz deutlich, da ist ein Bedarf. Und schon war sie geboren, die Idee für Dominanzseminare.
      Wie oft hatte er sie gehört, diese alkoholseligen, verschwommenen Männerfantasien über willenlose Sklavinnen. Und ebenso oft wurde die Frage an ihn herangetragen: Wie fang ichs an, wie?

      Nun, Felix kannte jetzt die Antwort und er war bereit, sie bereitwillig mit anderen zu teilen - natürlich nur gegen eine angemessene Bezahlung. Auch seine DoSchuzuMeideSaMa (Dominanz- Schulung zum Meister des Sadomasochismus) bewarb er mit einem eingängigen Werbetext: Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen!
      Ein Gesellenabschluß war nicht vorgesehen, bei Felix gibt es keine halben Sachen.

      Der Andrang war groß. Felix war gut vorbereitet. Ein vertretergeschultes: Chakka, wir schaffen das! würde für seine angehenden Meister kaum ausreichen.
      Als erstes hängte er die Reproduktion eines alten Kupferstichs vor seinen Schülern auf. (Radierungen konnte er seit seinem letzten Berufswechsel nicht mehr leiden) Irritiert starrten die Meisterschüler auf das ausgestellte Kaiserportrait. Felix bestand darauf, diese wilhelminische Siegerpose einzuüben. Er erklärte, wer so auftritt, der überzeugt. Arroganz ist lediglich übersteigertes Selbstbewußtsein. Also wurde stehend und sitzend geübt. Parademäßig schritt Felix die Reihen seiner Schüler ab und verbesserte hie und da ihre Haltung.

      Als Nächstes warf er die Frage in den Raum: Wer war schon Soldat? Zum Glück befand sich kein Zivi unter den Anwesenden. Alle hatten brav ihren Wehrdienst geleistet. Das ersparte Felix längere Erläuterungen. Er meinte, dann wißt ihr ja noch, wie man mit Untergebenen redet. Das Einfordern von Disziplin und Gehorsam beruht auf der Ignoranz, im Recht zu sein. Das ist nichts anderes, als die Suggestion von Willensstärke.
      Felix ließ seine Schüler Paarweise voreinander Aufstellung nehmen und üben. In unangenehmer Erinnerung malträtierten nun verbale Kasernenhofstilblüten Felix Ohren.
      "Stehen Sie gefälligst gerade, Sie Würstchen!"
      "Was glauben Sie, wo Sie hier sind?"
      "Diskutieren Sie nicht!"
      Felix beendete die Übung durch ein aus voller Kehle gebrülltes "Ruhe!" , um das Geschrei zu übertönen.

      Felix fühlte sich befleißigt zu verkünden, dass er lauter Naturtalente in diesem Lehrgang habe. Deshalb gab er ihnen nur noch einige Tips mit auf den Weg, etwa über Bekleidung und etwaige Utensilien. Dann beglückwünschte er die frischgebackenen Meister, dass sie nun bereit wären für die Welt der Sklavinnen und gab ihnen den Rat, die neuen Medien ausgiebig zu nutzen.

      Dass Felix Idee zündet und sein Geschäft floriert, hätte ich nie gedacht. Jede Woche hält er mindestens drei Lehrgänge ab.

      Was mich hingegen nicht wundert, dass seit Felix Dominanzseminaren das Internet nur so von Schauspielern und Ignoranten wimmelt. So ... jetzt wißt ihr, wo die ganzen Fakes herkommen!

      Satire copyright by Robin :this: