Die Geschichte der O

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      Als Teenager/junger Mann sind mir zwei literarische Phantasien in lebhafter Erinnerung, von denen ich mich „getroffen“ gefühlt habe, und die ich auch nicht so ohne weiteres verarbeiten konnte. Getroffen deshalb auch durchaus in dem Sinne, dass ich mich davon gleichermaßen berührt wie verletzt gefühlt habe, weil sie etwas angesprochen haben, dass ich nicht verstehen konnte. Das eine war eine Szene aus einem Softporno, in der der Burgherr dem schönen Frl. geboten hat, sich auszuziehen und daraufhin ihre Kleider genommen und kurzerhand ins Kaminfeuer geworfen hat. Dieses Symbol der selbstverständlichen Inbesitznahme finde ich bis heute noch sehr ansprechend, damals hat sie mich verwirrt und erregt zugleich.
      Das zweite - ungleich tiefer in der Wirkung - war die Geschichte der O. Ich gebe zu, dass ich über die Ablehnung des Buches und die teilweise sehr lapidaren Urteile erstaunt bin und dass ich sie auch etwas schmerzhaft finde, weil ich es so liebe. Ich dachte, es gibt eine weltweites Einverständnis darüber, dass es zu den größten Werken der erotischen Literatur gehört. Jetzt habt ihr mich ja diesbezüglich aus meinen Träumen gerissen.
      Was ich ganz sachlich nicht verstehen kann, ist die Aussage, das Beschriebene würde gegen ihren Willen geschehen. @D.Dieklein hat das ja auch mit Zitaten schon widerlegt, und so habe ich es auch nie empfunden.
      Ich möchte auch noch ein Zitat anfügen, dass einen für mich wichtigen Aspekt betont, nämlich die Traumverlorenheit und Weltabgelöstheit der ganzen Erzählung. Bereits auf der ersten Seite fällt der Satz:
      „Eine andere Version des gleichen Anfangs war brutaler und simpler“, gefolgt von einer Variante der Schilderung ihrer Auslieferung nach Roissy. Dieser Satz, der nicht ausdrücklich sagt, es sei eine Phantasie, aber die Erzählung in einen unwirklichen Rahmen setzt, ist ein großartiger Kunstgriff von Pauline Reage, sich nicht von ihrer Geschichte zu distanzieren und sie dennoch als Fiktion zu kennzeichnen.
      Insgesamt finde ich ihre Sprache phänomenal: Klare, präzise Sätze, dennoch sehr sinnlich und atmosphärisch, ungeheuer dicht und fesselnd.
      Die Grundstimmung der Stille und Melancholie und die Einsamkeit und Verlassenheit, in die sie zum Teil geworfen wird, ist allerdings bedrückend, und es gehört auch nicht zu den Abschnitten, die ich besonders mag. Aber es ist eben keine Gefälligkeitsliteratur, die nur den Teil beschreibt, der nett und gut und geil und leicht verdaulich ist. Sie erzählt das ganze Spannungsfeld, dass O durchlaufen muss und will.
      Schwach finde ich hingegen die Zeichnung der Herren, die mir beide nicht gefallen. Rene ist eigentlich sehr blaß und erscheint seinerseits fast willenlos und ferngesteuert. Sir Stephen ist etwas grobgeschnitzt, und er hat überhaupt kein charakterliches Spannungsfeld, das ihn interessant macht. Wahrscheinlich ging es ihr eben einfach um O. Die Herren erscheinen eher als Erfüllungsgehilfen ihrer Wandlung zur O. Soweit ich weiss, hat sich die Autorin ja auch (wenigstens unter ihrem Pseudonym) mit ihrer Figur identifiziert.
      Für mich ist es ein wundervolles, sehr sinnliches und streckenweise saumäßig geiles Buch, aus dem ich übrigens auch gerne vorgelesen habe, insbesondere wenn die Zuhörerin sich auch im Dunkeln und in Ketten befand, und auch diese Momente habe ich in sehr süßer Erinnerung.
      Wahrscheinlich habe ich insgesamt einen etwas verklärten Blick auf die O, weil sie mich mein komplettes Sadomaso-Leben (so hieß BDSM damals, als das Buch massig aufgelegt und verfilmt wurde) begleitet hat. Aber alles in allem kann ich nur sagen: Ich liebe die Geschichte der O, und mit der Autorin wäre ich verdammt gerne mal Abendessen gegangen, und ganz sicher mit weichen Knien.
      Die Verfilmung von Just Jaekin aus den 70ern ist übrigens auch ein schönes Stückchen, finde ich, wenn man auf 70er steht. Wundervolle Gegenlichtaufnahmen mit vollkommen übertriebenem Weichzeichner, klebrige Geigenpopmusik und geschmeidige Fönfrisuren. Aber auch ein paar wirklich aufregende Szenen.
      Damals fand ich den Film allerdings empörend, weil er meiner Meinung nach den literarischen Wert des Buches beleidigt hat. Da bin ich zum Glück drüber weg!
      It's a sad and beautiful world.
      Ich wundere mich wie @DeepSanguin über die weitgehende Ablehnung.

      Shades of Grey konnte ich nicht (fertig-)lesen, weil ich die Sprache so nervig fand, und die Charaktere nicht im Geringsten inspirierend. Die Geschichte der O dagegen wartet aus meiner Sicht mit einer angenehmen Sprache auf. Ich glaube, es hat nicht umsonst den französischen Literaturpreis "Deux Magots" erhalten. Außerdem hat es mein Oberstübchen teils ordentlich zum Rattern gebracht. Für meinen Lesegeschmack darf es gern düster und surreal zugehen. ^^ Realistisches BDSM kann ich selber. :D
      Oh, toll, dass dieser Thread jetzt auftauchte. ^^

      Ich habe Die Geschichte der O. gerade erst gelesen, weil mich die Hintergründe interessierten, warum manche Menschen das zur Grundlage ihres BDSMs machen möchten.
      Ich hatte kurz vorher einen Bericht über den Missbrauch von Mädchen durch Loverboys gelesen und das wurde beim Lesen der O. sehr präsent.
      Mir hat sich der Eindruck aufgedrängt, dass O. alles aus Liebe tut. Sie ist dermaßen fixiert darauf, geliebt werden zu wollen, dass man sie umso einfacher manipulieren kann. Wie bei den Loverboys geht sie für die Liebe bis in die Prostitution.
      Ich fand das sehr traurig, vor allem weil mir die Liebe auf der Herrenseite fehlte.
      Er sagte, er würde sie leiben, aber es blieb das Gefühl, er sagt das, damit sie tut, was er will.

      Auch wurde mir bewusst, wie sehr O. sich selbst aufgibt, nur noch durch ihre Herrn lebt.
      Deswegen weiß ich jetzt, dass ich nur Sub bin und nie eine O. werden will, denn so ein Aufgeben meines ganzen Selbsts käme für mich nicht in Frage.
      Ich habe mir eine ganze Weile die Frage gestellt, warum mich die fehlende Einvernehmlichkeit in weiten Teilen so stört.
      Ich habe schließlich schon ein Haufen BDSM-Romane gelesen, wo die Protagonistinnen sehr viel weniger einvernehmlich ins Handeln eingebunden sind und das hat mich beim Schmökern kein bisschen gestört.
      Nur habe ich halt auch noch von keinem gehört, der einen Mia Kingsley-Roman leben will, während ich erst letztens jemanden getroffen habe, der nach O. leben will. Und da stellen sich mir sämtliche Haare auf.

      Was mich ebenfalls gestört hat, war die etwas plumpe Erotik, die so furchtbar unerotisch auf mich wirkte.
      Die Herren trugen purpurne Strumpfhosen mit Loch, so dass der Schwengel nackt herum baumelte? Das wirkte auf mich weder erotisch noch, wie bei O. wohl beabsichtigt, demütigend, sondern nur ziemlich lächerlich.
      Aber ich finde ja auch die andeutungsweise Sicht von kunstvoll verhüllten Körpern sehr viel erotischer als hochgebundene Röcke mit der jederzeit freien Sicht auf die Vulva.

      Fazit: ich bin wohl nicht die Zielgruppe
      Und wenn du lange in einen Abgrund blickst, blickt der Abgrund auch in dich hinein
      Friedrich Nietzsche
      @Amarena bei der Geschichte der O muss man wohl sehr differenzieren....

      Der Roman stammt aus dem Jahr 1954. Der Sprachgebrauch ("herumbaumelnder Schwengel...") war wohl damals etwas anders und auch unter Erotik verstand man wohl etwas anderes als heutzutage. Außerdem kommt ja noch die Übersetzung aus dem Französischen hinzu.

      Man muss wohl auch Abstriche machen, was die Einvernehmlichkeit angeht, verglichen mit heute. Schließlich durften Frauen damals (zumindest in Deutschland) ohne Erlaubnis des Ehemannes noch nicht einmal arbeiten gehen.


      Der Film stammt dann aus dem Jahr 1975, also grob 20 Jahre später und schildert lediglich einen Bruchteil der Geschichte aus den Büchern.


      Ich denke, diejenigen, die heutzutage nach den "Regeln der O" leben, meinen damit dieses "Niemals die Beine verschränken", "immer auf dem nackten Po sitzen", "niemals den Mund ganz schließen", "immer den Blick gesenkt halten" etc. etc. etc. sowie die Kleiderordnung (Kleid der O, Rock der O, etc.)

      Insbesondere die Fremdbenutzung, die bei der Geschichte der O ja zwangsläufig inbegriffen ist "Jeder Mann, der die Bedeutung dieses Ringes kennt, darf mit ihr absolut alles tun, was ihm beliebt") ist heutzutage nicht zwangsläufig inbegriffen.

      Der Roman von damals beschreibt die mehr oder weniger freiwillige Unterwerfung einer erfolgreichen und selbstbewussten Modefotografin und ihre Rückkehr und Besinnung auf den "ihr zustehenden Platz unter der Führung des Mannes"

      Von daher sollte man das alles vielleicht etwas differenzierter betrachten. Ich denke man sollte weder Roman noch Film 1:1 auf die heutige Zeit übertragen.
      It´s the blackness of the night
      teaches us how to see the light

      Shayleigh schrieb:

      Der Roman stammt aus dem Jahr 1954.

      Shayleigh schrieb:

      Der Film stammt dann aus dem Jahr 1975

      Wenn jemand alt genug ist, mag er/sie mich berichtigen, aber ich denke, das die O damals in etwa so ein popkulturelles Phänomen wie "Shades of Grey" war. Da sowas damals noch nicht so häufig passierte, hat sich das eben ins allgemeine kultirelle Wissen eingebrannt und geniesst dadurch ben diese Sonderstellung bei BDSMlern
      Ich so: "Warum nehmt Ihr mich nie ernst?!!" ;( Forum so: "Hihi. Der war gut!" :rofl:

      Shayleigh schrieb:

      @Amarena bei der Geschichte der O muss man wohl sehr differenzieren....

      Der Roman stammt aus dem Jahr 1954. Der Sprachgebrauch ("herumbaumelnder Schwengel...") war wohl damals etwas anders und auch unter Erotik verstand man wohl etwas anderes als heutzutage. Außerdem kommt ja noch die Übersetzung aus dem Französischen hinzu.
      Entschuldigung
      Der Ausdruck ist von mir. Das Buch schreibt das anders. Es ging mir nicht um den tatsächlich Ausdruck, sondern um das Bild.

      Bei O. ist das mit der Einvernehmlichkeit nicht so gravierend. Sie sagt ja auch nie nein.
      Es geht mir mehr um Jaqueline, so gleube ich, hießt sie.
      Rene, O.s Liebe, ist plötzlich von ihr fasziniert und will sie nach Roissy schicken und zwar "ob sie will oder nicht".
      Da fehlt es mir schon sehr an Einvernehmlichkeit.

      Ja, vielleicht sehe ich das zu eng.
      Aber es ist doch ein bisschen komisch zu sagen: ich will wie O leben
      und dann sucht man sich ein paar Dinge aus, die einem gefallen, zB das Halsband und lässt alles andere weg. Wenn man die Hälfte weg lässt, ist es doch nicht mehr nach O.
      Wie bei einem Rezept: Chili con carne ohne Chili und ohne Fleisch ist einfach nur Gemüseeintopf
      Und wenn du lange in einen Abgrund blickst, blickt der Abgrund auch in dich hinein
      Friedrich Nietzsche

      Amarena schrieb:

      Chili con carne ohne Chili und ohne Fleisch ist einfach nur Gemüseeintopf
      :D Na, sorry, des is Chili sin Carne und genauso lecker :D :pardon:

      Verstehe was Du meinst, aber das Buch is ja nu nich die Bibel und alle müssen nach der wahren Lehre leben :pardon: , es ist ja schon sowas wie ein Klassiker und sowas wird halt auch immer wieder uminterpretiert.
      Ich so: "Warum nehmt Ihr mich nie ernst?!!" ;( Forum so: "Hihi. Der war gut!" :rofl:
      Also, für mich har die O doch sehr viele Facetten, da sind doch einige sehr typisch nachempfunden worden, eben auch die Ringe als Zeichen einer sub, dafür muss man dann ja nicht gleich von Prostitution sprechen. Es spielt alles in gehobener edler Gesellschaft, heutzutage ein edler Begleitservice in Gestalt einer sehr gepflegten und gebildeten Frau...
      Dass O zuletzt einfach verkauft wird, ist eher ein schlimmer Stilbruch!
      Der heutige Begleitservice ist dagegen auch ein geachtetes Gewerbe, ähnlich einer japanischen Geisha!

      Norbert schrieb:

      dafür muss man dann ja nicht gleich von Prostitution sprechen.
      Stammt nicht von mir, das macht das Buch. Dort wird der Begriff auf fast jeder zweiten Seite verwendet.


      Norbert schrieb:

      Es spielt alles in gehobener edler Gesellschaft, heutzutage ein edler Begleitservice in Gestalt einer sehr gepflegten und gebildeten Frau...
      Sie darf nicht sprechen, wer will da bemerken, dass es eine gebildete Frau ist?
      Und das ist kein Begleitservice, da wird eine Sub in einem mit Männern gefüllten Schloss von einem zum anderen herumgereicht (oder auch mehrere gleichzeitig).
      Eine Geihsa wurde ausgebildet um Herrn jenseits des Sex mit Kultur zu erfreuen.
      O. wurde ausgebildet um die Herren jenseits der Kultur mit Sex und Geschlagen werden zu erfreuen, die Parallelen erschließen sich mir nicht.
      Und wenn du lange in einen Abgrund blickst, blickt der Abgrund auch in dich hinein
      Friedrich Nietzsche
      Ich glaube, da ist ein grosser Interpretationsspielraum...


      Es gibt ja durchaus Frauen/Paare die sich daran orientieren
      Ich fände es spannend zu erfahren,was sie dazu bewegt, dies zu tun... welche Ziele, Hauptaussagen oder vielleicht auch Rituale sie für sich aus welcher Anicht /Einstellung heraus übernehmen oder priorisieren?

      Es ist doch richtig, dass DU /IHR @Rose of Roissy diesen Weg beschreitet oder hab ich das aus deinen Posts fehl interpretiert?

      Und wärst Du bereit die Literatur zu "Visionalisieren" , inwieweit sie deine gelebte Lust definitiv bestimmt oder so auch Euer Bdsm beeinflusst oder prägt?

      Ich hoffe, ich bin jetzt nicht zu keck unterwegs mit meinen Fragen?

      Lg
      Die Eule
      Soweit ich weiß, beruht das Skript fürs Buch auf einzelnen Briefen, die zusammen gefasst wurden. Von daher erklärt sich für mich zum einen daraus und zum anderen auch aus dem Alter der Story, dass es sich bisschen holprig liest. Ich mag das Buch trotzdem sehr gern. Bin gleichzeitig angezogen wie abgestoßen davon. Abgestoßen deshalb, weil ich mich selbst nicht im tiefgreifenden DS wiederfinden kann und ich mir niemals wünschen würde, meinen eigenen Willen aufzugeben.
      Es ist eine erotische Fantasie und in einer Fantasie-Geschichte muss die Einvernehmlichkeit nicht zwingend gegeben sein, denk ich. Das ist sie beispielsweise in Vergewaltigungsfantasien auch nicht.
      Es ist sehr interessant wie viele Meinungen über das entstehen der ,O, existieren.
      Reine Fantasie oder nur eine Vortäuschung?
      Heute wissen wir, dass auch schon vor 100 jähren die Buch-Autoren zum Geld-verdienen, verdammt waren.
      Die Miliarden die heute mit Erotik über das Internet verdient werden, wurden früher mit Büchern, verdient.
      Schon damals galt, je bunter, desto mehr konnte man damit Geld verdienen.
      In ,,bestimmten,, Verleger-Kreisen ist es kein Geheimnis, dass die französische Lektorin und Autorin Anne Cécile Desclos zusammen mit einigen anderen unbekannten Autoren unter dem Pseudonym Pauline Réage den erotischen Roman Geschichte der O., veröffentlichte.

      Trotz allem ist es eine schöne erotische Geschichte, aus der viele interessante, erotische Fantasien entstanden, sind.
      Hallo liebe Eule, @Noctua

      du hast recht, die Geschichte der O ist unsere Inspiration. Ich bin ein wenig um diesen Thread herumgeschlichen, weil die Meinungen mit recht gefasst vorkommen und ich weder missioniert werden möchte, noch jemanden davon von davon überzeugen möchte, dass jener Roman das Nonplusultra ist.
      Manche Antworten haben mich auf eine Weise getriggert, die mir nicht gut tat.
      Aber da du mich so nett um ein Statement gebeten hast, werde ich etwas zum Buch und meiner Sicht darauf, schreiben.

      Disclaimer: das ist meine Sicht der Dinge und alle Zitate sind aus dem Buch "Die Geschichte der O" oder der Serienadaption.
      Das Buch habe ich in der dt. Zweitauflage auf einem Flohmarkt gefunden als ich 19 war. Die Abbildung der knienden Frau in Ketten hatte etwas magisches.
      Es hat mich und meine Sicht auf Ds maßgeblich beeinflusst und es gibt mehr als nur eine Parallele zwischen dem fiktiven Charakter O und mir.
      Das werde ich im öffentlich Bereich nicht weiter ausführen, mehr dazu gern als PN.

      Ich halte die Protagonistin für eine smarte Frau (welche in einer Männderdomäne, der Fotografie) erfolgreich ist und die weiß, was sie möchte.
      Ohne diesen Ehrgeiz, diese Liebe zum Detail (was in den Shootings mit Jacqueline durchkommt), dieses Besondere Auge für den weiblichen Körper in all seiner Schönheit, wäre sie nicht so erfolgreich,
      dass sie sich eine Wohnung im Pariser Zentrum leisten könnte (zu der beide Herren Zutritt haben). Diese Liebe zu Details kommt in vielen "Off-Kommentaren" oder inneren Monologen durch (wie etwa Rene's neue Pantoffeln).
      Stilistisch finde ich das sehr schön gemacht. Auch die verwendete, selten wirklich vulgäre Sprache hat mir immer gut gefallen im Vergleich zu so manch neuerem Buch. Pornografie als Wort kommt zumindest in meiner Auflage kein einziges Mal vor, diesen Einwand im Thread habe ich beispielsweise als unnötig diskreditierend empfunden.

      Sie vertraut René, sie will geliebt werden. Das wurde bereits herausgearbeitet. Dieser Wunsch geliebt zu werden ist eines der stärksten Motive im Buch und auch welche Opfer sie bereit ist,
      dafür zu bringen. Aber mal ehrlich - tun wir das nicht alle? Jede von uns im Rahmen ihrer Möglichkeiten und individuellen Strukturen? Du, liebe @Noctua, trägst die Ringe deiner Partner, schenkst Ihnen
      deine Hingabe, Leib und Seele. Soweit es eben für euch passt. Nichts anderes passiert im Buch. Nur, dass ihre Strukturen, ihr Horizont "extrem" zu sein scheinen (aus damaliger Sicht umso mehr, da der Roman einige Tabuthemen enthält). Sie wird beispielsweise gefragt, ob sie Stephens Zeichen tragen wird (ohne zu wissen welches es sein wird), sie willigt ein.

      René schenkt ihr den Ring, das nach außen sichtbare Zugehörigkeitszeichen zu einer Szene.
      Ich trage meinen Halsreif seit unserer Hochzeit, egal wo, außer es ist medizinisch notwendig, ihn abzulegen.
      Er ist mein nach außen hin sichtbares Zeichen, dass ich mich dieser BDSM Szene zugehörig fühle - und innerhalb jener 4 Buchstaben meine Nische gefunden habe.

      Wer von uns umgibt sich nicht gerne mit schönen Kleidern in einer schönen Umgebung?
      Es steht übrigens, soweit ich mich erinnere, nirgends geschrieben, dass die Röcke immer geschürtzt sein sollen.
      Die Damen in Roissy haben einen "ganz normalen" Tagesablauf mit Haushalt und Ruhezeiten, Zeiten für sich.
      Während jener Ruhezeiten können sie die Röcke geschlossen tragen.
      Zitat: "Tagsüber werden Sie bekleidet sein, doch Sie werden den Rock heben, wenn man es Ihnen befiehlt und jeder kann [...]"

      Wer von den Damen hier trägt nicht gern die Kleidung, die ihr Herr schön findet? Heute sind es vielleicht andere Kleider oder Röcke und Korsetts - ins damalige Setting passten jene raschelnden Seidenkleider eben am Besten. Zitat: "Zwei Frauen hatten die Tür geöffnet, zwei junge und hübsche Frauen, gekleidet wie hübsche Zofen des achtzehnten Jahrhunderts: mit langen, leichten und gebauschten Röcken, die die Füße bedeckten, mit engen Miedern, die den Busen hochschoben und vorne geschnürt oder gehakt waren, und mit Spitzen am Ausschnitt und an den halblangen Ärmeln."

      Ja, ich trage diese Keider gern. Sie formen, legen bloß oder verhüllen, je nach Bedarf.
      Zitat: "Er fügte hinzu, man könne diesen Rock mittels eines einfachen Gürtels so hoch schürzen, wie man wolle, wodurch mühelos zugänglich wurde, was man auf diese Weise entblößte."
      Sie wirken niemals billig oder aufdringlich - trotz ihrer Eindeutigkeit. Wer mich auf dem Bofewo letztes Jahr gesehen hat, weiß, mit welcher Eleganz und Selbstverständlichkeit diese Kleider getragen werden können, ohne zu schreien "nimm mich".

      Kann man denn Roissy nicht auch als plüschig-barocken Tempel der Lust sehen anstatt ihn als Freudenhaus zu verdammen?
      Alle dort sind es freiwillig (ja, sie wurden von ihrem Geliebten dorthin gebracht, aber sie wurden nicht dazu gezwungen - zumindest ich nehme diesen spachlichen Unterschied durchaus wahr).
      Zitat: "Wie glauben Sie denn, daß die Mädchen nach Roissy kommen? Sobald Sie sie einmal dorthin gebracht haben, geht das ganze Sie nichts mehr an und außerdem, wenn sie weg will, kann sie ja weg." / "
      Es stehe ihr allerdings frei, ihn nicht mehr zu lieben und ihn auf der Stelle zu verlassen."
      Die freiliegenden "Schwengel" sollen der Fokussierung dienen, man hat den Blick ohnehin gesenkt. Albern finde ich das nicht - aber es ist auch nichts, das wir so praktizieren.
      Aber es gibt Rituale, die wir für uns als umsetzbar befunden haben, z.B. (nicht vollständig):
      • Schlafe ich angebunden (und meistens Nackt)
      • bekomme meine Striemen regelmäßig erneuert (im DD Bereich spricht man wohl von Maintenance-Spanking)
      • Halte ich meinen Blick ggü meines Herrn gesenkt
      • Entscheidet er über meine Kleidung und über das (nicht-)Vorhandensein von Unterwäsche
      • Verwaltet er unsere Finanzen
      • Hat er das Recht, jederzeit meine sexuellen Dienste zu verlangen
      • Entscheidet er über meine Orgasmen
      • Liegt der Haushalt bei mir
      • Darf mich (auch mit Frauen) teilen und vorführen und es ist seine Entscheidung, dies zu tun oder zu lassen
      • Wir haben uns bewusst gegen ein Safeword entschieden
      René führt sie ein, doch ich finde, sie entwickelt sich schneller und besser als die recht blasse Figur ihre Freundes. Eines Tages betritt Stephen die Bühne, der -mir- erfahrener und in seinen Aktionen gefetigter erscheint.
      Er sagt, er liebt sie nicht, verlange jedoch Gehorsam. So what? Ist das wirklich so ungewöhnlich in der Szene? Eine Spielbeziehung ohne Liebe, aber mit Verbundenheit?
      Stephen empfinde ich als herausfordernd, extremer in seinen Wünschen (aber nichts im Vergleich zu dem, was manche Doms von heute so von sich geben, z.b. K9) und konsequenter.
      Bei ihm sind Strafen Strafen und kein Vergnügen. Sie geht mit, hält den Rahmen und erträgt, was sie eben bereit ist zu ertragen.

      Es mag durchaus als Selbstaufgabe anscheinen, doch was, wenn sie einfach nur die Männer in ihrem Leben hat, die sie zur besten Version ihrer selbst führten und sie endlich sein kann, wie sie tief im inneren ist?
      Nicht umsonst wird im Roman häufiger davon gesprochen, dass O lüstern sei.

      Ich habe diese Tendenz zur Selbstaufgabe ebenfalls in mir, vielleicht triggern mich manche Beiträge deshalb.
      Wenn ich Liebe und in einem Korsett aus Regeln und Riten leben darf, dann fühle ich mich "ganz".
      Sobald ich jene Kleider trage, strahle ich von Innen heraus und bin ganz bei mir.
      Ich werde ruhig, schweige und bin im Moment.
      Und wenn ich dann mit gehobenem Rock ausgepeitscht werde zum Gefallen meines Herrn oder als Konsequenz meiner Handlung, dann bin ich angekommen.
      Wer meine Geschichten hier gelesen hat, weiß, welche Emotionen ich mit diesem Setting verbunden habe.
      Und ja, würde mein Mann es wollen, trüge ich ein permanentes Zeichen (Tatto, Branding).

      Roissy ist meine Zuflucht, wenn mich der Alltag fordert
      Es ist meine Inspiration und mein Ventil.
      Es ist mein Tempel der Lust und der Qual.
      Es ist in meinem Kopf und meinem Herzen.
      Dieser magische und auf eine sehr spezielle Weise zutiefst romantische Ort der Hingabe.

      Und ich bin dankbar, dass das Schickal mich damals auf genau diesen Flohmarkt führte.
      Denn ohne diesen Wink, wäre ich eine andere und mein Privatleben hätte sich sicher anders entwickelt.
      Mit Bondage habe ich "herumprobiert" da war ich kaum 16, mit 19 entdeckte ich "mein Zuhause".
      Ich hoffe, hier niemanden negativ angesprochen zu haben und euch einen kleinen (positiven) Einblick in meine Denkstrukturen gegeben zu haben.

      Die Geschichte der O ist ein Liebesbrief. Ein Geschenk und ein Traum.
      "Lebe meinen Traum, wenn du es dich traust" (aus der Serie).

      Eure
      Rose
      Wer den Drachen weckt, darf das Feuer nicht fürchten.