Als Teenager/junger Mann sind mir zwei literarische Phantasien in lebhafter Erinnerung, von denen ich mich „getroffen“ gefühlt habe, und die ich auch nicht so ohne weiteres verarbeiten konnte. Getroffen deshalb auch durchaus in dem Sinne, dass ich mich davon gleichermaßen berührt wie verletzt gefühlt habe, weil sie etwas angesprochen haben, dass ich nicht verstehen konnte. Das eine war eine Szene aus einem Softporno, in der der Burgherr dem schönen Frl. geboten hat, sich auszuziehen und daraufhin ihre Kleider genommen und kurzerhand ins Kaminfeuer geworfen hat. Dieses Symbol der selbstverständlichen Inbesitznahme finde ich bis heute noch sehr ansprechend, damals hat sie mich verwirrt und erregt zugleich.
Das zweite - ungleich tiefer in der Wirkung - war die Geschichte der O. Ich gebe zu, dass ich über die Ablehnung des Buches und die teilweise sehr lapidaren Urteile erstaunt bin und dass ich sie auch etwas schmerzhaft finde, weil ich es so liebe. Ich dachte, es gibt eine weltweites Einverständnis darüber, dass es zu den größten Werken der erotischen Literatur gehört. Jetzt habt ihr mich ja diesbezüglich aus meinen Träumen gerissen.
Was ich ganz sachlich nicht verstehen kann, ist die Aussage, das Beschriebene würde gegen ihren Willen geschehen. @D.Dieklein hat das ja auch mit Zitaten schon widerlegt, und so habe ich es auch nie empfunden.
Ich möchte auch noch ein Zitat anfügen, dass einen für mich wichtigen Aspekt betont, nämlich die Traumverlorenheit und Weltabgelöstheit der ganzen Erzählung. Bereits auf der ersten Seite fällt der Satz:
„Eine andere Version des gleichen Anfangs war brutaler und simpler“, gefolgt von einer Variante der Schilderung ihrer Auslieferung nach Roissy. Dieser Satz, der nicht ausdrücklich sagt, es sei eine Phantasie, aber die Erzählung in einen unwirklichen Rahmen setzt, ist ein großartiger Kunstgriff von Pauline Reage, sich nicht von ihrer Geschichte zu distanzieren und sie dennoch als Fiktion zu kennzeichnen.
Insgesamt finde ich ihre Sprache phänomenal: Klare, präzise Sätze, dennoch sehr sinnlich und atmosphärisch, ungeheuer dicht und fesselnd.
Die Grundstimmung der Stille und Melancholie und die Einsamkeit und Verlassenheit, in die sie zum Teil geworfen wird, ist allerdings bedrückend, und es gehört auch nicht zu den Abschnitten, die ich besonders mag. Aber es ist eben keine Gefälligkeitsliteratur, die nur den Teil beschreibt, der nett und gut und geil und leicht verdaulich ist. Sie erzählt das ganze Spannungsfeld, dass O durchlaufen muss und will.
Schwach finde ich hingegen die Zeichnung der Herren, die mir beide nicht gefallen. Rene ist eigentlich sehr blaß und erscheint seinerseits fast willenlos und ferngesteuert. Sir Stephen ist etwas grobgeschnitzt, und er hat überhaupt kein charakterliches Spannungsfeld, das ihn interessant macht. Wahrscheinlich ging es ihr eben einfach um O. Die Herren erscheinen eher als Erfüllungsgehilfen ihrer Wandlung zur O. Soweit ich weiss, hat sich die Autorin ja auch (wenigstens unter ihrem Pseudonym) mit ihrer Figur identifiziert.
Für mich ist es ein wundervolles, sehr sinnliches und streckenweise saumäßig geiles Buch, aus dem ich übrigens auch gerne vorgelesen habe, insbesondere wenn die Zuhörerin sich auch im Dunkeln und in Ketten befand, und auch diese Momente habe ich in sehr süßer Erinnerung.
Wahrscheinlich habe ich insgesamt einen etwas verklärten Blick auf die O, weil sie mich mein komplettes Sadomaso-Leben (so hieß BDSM damals, als das Buch massig aufgelegt und verfilmt wurde) begleitet hat. Aber alles in allem kann ich nur sagen: Ich liebe die Geschichte der O, und mit der Autorin wäre ich verdammt gerne mal Abendessen gegangen, und ganz sicher mit weichen Knien.
Die Verfilmung von Just Jaekin aus den 70ern ist übrigens auch ein schönes Stückchen, finde ich, wenn man auf 70er steht. Wundervolle Gegenlichtaufnahmen mit vollkommen übertriebenem Weichzeichner, klebrige Geigenpopmusik und geschmeidige Fönfrisuren. Aber auch ein paar wirklich aufregende Szenen.
Damals fand ich den Film allerdings empörend, weil er meiner Meinung nach den literarischen Wert des Buches beleidigt hat. Da bin ich zum Glück drüber weg!
Das zweite - ungleich tiefer in der Wirkung - war die Geschichte der O. Ich gebe zu, dass ich über die Ablehnung des Buches und die teilweise sehr lapidaren Urteile erstaunt bin und dass ich sie auch etwas schmerzhaft finde, weil ich es so liebe. Ich dachte, es gibt eine weltweites Einverständnis darüber, dass es zu den größten Werken der erotischen Literatur gehört. Jetzt habt ihr mich ja diesbezüglich aus meinen Träumen gerissen.
Was ich ganz sachlich nicht verstehen kann, ist die Aussage, das Beschriebene würde gegen ihren Willen geschehen. @D.Dieklein hat das ja auch mit Zitaten schon widerlegt, und so habe ich es auch nie empfunden.
Ich möchte auch noch ein Zitat anfügen, dass einen für mich wichtigen Aspekt betont, nämlich die Traumverlorenheit und Weltabgelöstheit der ganzen Erzählung. Bereits auf der ersten Seite fällt der Satz:
„Eine andere Version des gleichen Anfangs war brutaler und simpler“, gefolgt von einer Variante der Schilderung ihrer Auslieferung nach Roissy. Dieser Satz, der nicht ausdrücklich sagt, es sei eine Phantasie, aber die Erzählung in einen unwirklichen Rahmen setzt, ist ein großartiger Kunstgriff von Pauline Reage, sich nicht von ihrer Geschichte zu distanzieren und sie dennoch als Fiktion zu kennzeichnen.
Insgesamt finde ich ihre Sprache phänomenal: Klare, präzise Sätze, dennoch sehr sinnlich und atmosphärisch, ungeheuer dicht und fesselnd.
Die Grundstimmung der Stille und Melancholie und die Einsamkeit und Verlassenheit, in die sie zum Teil geworfen wird, ist allerdings bedrückend, und es gehört auch nicht zu den Abschnitten, die ich besonders mag. Aber es ist eben keine Gefälligkeitsliteratur, die nur den Teil beschreibt, der nett und gut und geil und leicht verdaulich ist. Sie erzählt das ganze Spannungsfeld, dass O durchlaufen muss und will.
Schwach finde ich hingegen die Zeichnung der Herren, die mir beide nicht gefallen. Rene ist eigentlich sehr blaß und erscheint seinerseits fast willenlos und ferngesteuert. Sir Stephen ist etwas grobgeschnitzt, und er hat überhaupt kein charakterliches Spannungsfeld, das ihn interessant macht. Wahrscheinlich ging es ihr eben einfach um O. Die Herren erscheinen eher als Erfüllungsgehilfen ihrer Wandlung zur O. Soweit ich weiss, hat sich die Autorin ja auch (wenigstens unter ihrem Pseudonym) mit ihrer Figur identifiziert.
Für mich ist es ein wundervolles, sehr sinnliches und streckenweise saumäßig geiles Buch, aus dem ich übrigens auch gerne vorgelesen habe, insbesondere wenn die Zuhörerin sich auch im Dunkeln und in Ketten befand, und auch diese Momente habe ich in sehr süßer Erinnerung.
Wahrscheinlich habe ich insgesamt einen etwas verklärten Blick auf die O, weil sie mich mein komplettes Sadomaso-Leben (so hieß BDSM damals, als das Buch massig aufgelegt und verfilmt wurde) begleitet hat. Aber alles in allem kann ich nur sagen: Ich liebe die Geschichte der O, und mit der Autorin wäre ich verdammt gerne mal Abendessen gegangen, und ganz sicher mit weichen Knien.
Die Verfilmung von Just Jaekin aus den 70ern ist übrigens auch ein schönes Stückchen, finde ich, wenn man auf 70er steht. Wundervolle Gegenlichtaufnahmen mit vollkommen übertriebenem Weichzeichner, klebrige Geigenpopmusik und geschmeidige Fönfrisuren. Aber auch ein paar wirklich aufregende Szenen.
Damals fand ich den Film allerdings empörend, weil er meiner Meinung nach den literarischen Wert des Buches beleidigt hat. Da bin ich zum Glück drüber weg!
It's a sad and beautiful world.