Anonyme Frage: Sind BDSM Neigungen erblich?

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      La Juli schrieb:

      Und wo ist dein wissenschaftlicher Beweis dafür?
      Die sexuelle Orientierung wird durch Gene und Veranlagung weitergegeben bzw. entsteht durch diese. Warum sollte das bei BDSM anders sein?
      Zuerst wird wissenschaftlich nichts "bewiesen" es wird "belegt".
      Ein eindeutiger Beleg ist noch nicht dargelegt worden, jedoch sind bisher deutliche Tendenzen in einigen Forschungen als Ergebnis verwertbar.

      Ein Beleg dafür sind die Zwillings- und Adoptionsstudien, bei einem Vergleich der Big5 Persönlichkeitsmerkmale wurden, wenn überhaupt, hohe Korrelationen bei eineiigen Zwillingen in der Intelligenz belegt, bei anderen Persönlichkeitsmerkmalen sind maximale Werte von 0,54 erreicht worden, was gerade einem mittleren Zusammenhang gleich kommt.
      Eineiige Zwillinge haben zwar untereinander einen 100% genetischen Verwandtschaftsgrad, jedoch zu den Eltern nur noch 50%, zweieiige Zwillingen haben hingegen wie leibliche Geschwister zueinander nur noch einen genetischen Verwandtschaftsgrad von 50%. Geht man nun zu den leiblichen Geschwistern, so korrelieren die Persönlichkeitsmerkmale mit max. 0,24, was sehr niedrig ist.

      Grundsätzlich bekommen wir alle eine Art Werkzeugkasten bei der Geburt zur Verfügung gestellt, jedoch ist nie klar, was daraus Verwendung findet.
      So tragen wir alle durchaus auch die Grundlagen für viele schreckliche Dinge in uns, die wir jedoch niemals anfassen werden z.B. wegen unserer Ethik und Moral. Die Werte, die wir in frühen Jahren lernen, haben ihre Grundlage nicht in den Genen, sondern in den Umwelteinflüssen und wenn man die Kiste der Vererbung öffnet, muss dazu auch immer neben dem genetischen auch der hormonelle, neuronale und psychologische Aspekt immer mit in den Ring geworfen werden. Das Prinzip des Ceteris Paribus funktioniert bei so etwas komplexem wie dem Menschen und dessen Persönlichkeitsvarianzen einfach nicht, wäre auch zu einfach.

      Bis zum Ende der Vorschulzeit erwerben Kinder ein ziemlich umfangreiches Bild eines Geschlechterstereotyps, was sich erst später wieder etwas aufweicht, da kann man sich gut vorstellen, welchen Einfluss Verhaltensformen von extern auf Kinder hat.

      Bei uns in der Familie gibt es sonst niemanden, dem eine Neigung zugesprochen werden könnte, daher wäre die Genetik als alleinigen Neigungsgeber hier auch ausgeschlossen, erst viele Ereignisse in meinem Umfeld ergaben dann des Puzzels letzten Stein, damit dies ans Licht treten konnte und das hat viel mehr mit meiner Umwelt als mit meinen Genen zu tun.
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      Wir können nur spekulieren, keine der Annahmen ist wissenschaftlich verifizierbar und im Grunde tangiert diese unbeantwortete Frage uns alle in unserem Treiben ja auch nicht wirklich.

      Oder doch?

      Mich beschäftigte diese Ursachenforschung schon, irgendwie immer ein wenig. Diffus zwar, aber tief in mir doch stets auch gegenwärtig. Schließlich gab es genug Momente, in denen ich keine innere Verbindung zu meinen Kindheitserlebnissen hergestellt haben wollte. Ich hätte für mich gern ausgeschlossen, dass Traumata aber auch weniger Drastisches in meinem frühen Erleben dafür verantwortlich sein sollen.
      Dass meine Neigung, die ich seit langem für mich als - mitunter verquer für die Masse (das kratzt mich nur nicht) - aber mir wohltuend eigentümliche Sexualität angenommen hatte, dadurch den Stempel des Krankhaften oder zumindest Widernatürlichen bekommen könnte, schmeckte mir gar nicht.

      Für mich spricht dagegen, dass Menschen mit den unterschiedlichsten Hintergründen, Persönlichkeiten, diametralen Vergangenheiten, eine bestimmte Neigung teilen. Und trotzdem dies immer nur eine grobe Einteilung bleiben kann und auch muss, bin ich überzeugt davon, dass wir uns im tiefsten Kern unserer jeweiligen Sehnsucht alle irgendwo treffen. So unterschiedlich wir dann im Ausagieren unserer Lust, in unseren speziellen Vorlieben und Tabus und noch in vielen anderem sind, gibt es einen - manchmal auch nur klitzekleinen - gemeinsamen Nenner.

      Aber so sehr ich mich auch bemühe, ich sehe keine augenscheinlichen Gemeinsamkeiten hinsichtlich unserer Sozialisation und somit auch keinen noch so dünnen roten Faden, der sich durch die Viten aller einer bestimmten Neigung zieht.

      Eher glaube ich an die Notwendigkeit einer Disposition in uns, aus der sich dann durch mannigfaltige externe Einflüsse, die latente Neigung in uns manifestiert und erkannt wird oder weiter vor sich hin schlummert. Für mich auch die Erklärung dafür, dass man in der eigenen Familie nicht immer auf jemanden stoßen wird, der als Genträger ausgemacht werden kann. Schon gar nicht, wenn man gesamtgesellschaftliche Faktoren der letzten Jahrzehnte und deren Auswirkung auf die persönliche Entfaltung innerhalb dieser mit einbezieht. Die "Dunkelziffer" liegt meinem Empfinden nach weitaus höher als angenommen.

      All diese Überlegungen stelle ich seit geraumer Zeit kaum mehr an. Denn in meinem Mikrokosmos hat sich meine These für mich bereits bewahrheitet. Meine Tochter weiß seit einigen Monaten um ihre submissive Neigung. Schön ist das!

      Deveda schrieb:

      [...]

      Dass meine Neigung, die ich seit langem für mich als - mitunter verquer für die Masse (das kratzt mich nur nicht) - aber mir wohltuend eigentümliche Sexualität angenommen hatte, dadurch den Stempel des Krankhaften oder zumindest Widernatürlichen bekommen könnte, schmeckte mir gar nicht.

      Für mich spricht dagegen, dass Menschen mit den unterschiedlichsten Hintergründen, Persönlichkeiten, diametralen Vergangenheiten, eine bestimmte Neigung teilen. Und trotzdem dies immer nur eine grobe Einteilung bleiben kann und auch muss, bin ich überzeugt davon, dass wir uns im tiefsten Kern unserer jeweiligen Sehnsucht alle irgendwo treffen. So unterschiedlich wir dann im Ausagieren unserer Lust, in unseren speziellen Vorlieben und Tabus und noch in vielen anderem sind, gibt es einen - manchmal auch nur klitzekleinen - gemeinsamen Nenner.


      [...]

      Die "Dunkelziffer" liegt meinem Empfinden nach weitaus höher als angenommen.
      Ich denke, dass das ein guter Punkt ist, denn ich bin ebenfalls davon überzeugt, dass deutlich mehr Menschen eine solche Neigung verspüren, als sie zugeben wollen oder können. Ganz einfach, weil sie sich womöglich noch nicht damit auseinandergesetzt haben. Bis zu einem gewissen Punkt ist es eine Schwelle, die man überschreiten muss - zumeist aufgrund eines einschneidenden Ereignisses (so war es zumindest bei mir).

      Mich würde selbst interessieren, ob diese Neigung (wobei ich es eher als Sehnsucht bezeichnen würde) womöglich vererbt ist. Fakt ist, dass Sexualität eine private Angelegenheit ist. Niemand weiß, was in den Betten von Freunden oder der Familie vor sich geht - und bis zu einem gewissen Punkt ist das vlt auch gut so. Es ist wichtig offen zu kommunizieren aber ich mische mich in andere Angelegenheiten nicht ein und verlange dies, bis zu einem gewissen Punkt, auch selbst. Solange es keinen selbstzerstörerischen Tendenzen aufweist.

      Daher kann ich deinen Einwand (@Deveda) durchaus verstehen. Es ist zutiefst nervig, wenn die eigenen Neigung gesellschaftlich stigmatisiert wird. Wir sind deswegen nicht krank oder pervers - viel eher, haben wir uns damit auseinandergesetzt und für uns Frieden gefunden. So sehe ich es zumindest.

      Was die Problematik der Vererbung angeht. Mir genügt es zu wissen, dass meine zuweilen ausgeprägte Sexualität durchaus vererbt wurde... ich habe als Kind hin und wieder doch einiges mitbekommen, was mich in der Annahme bestärkt. :D
      Also da das Thema umfangreicher wird als ich dachte senfe ich ausführlicher:

      Es ist bis heute nicht klar, wie STARK der genetische Faktor in der Entwicklung eines Kindes ist. Er hat definitiv einige Einflüsse derer wir uns oft gar nicht bewusst sind. Der grundlegende Charakter eines Menschen wird oft stark von Hormonen mitbestimmt und die wiederrum von der genetischen Veranlagung (teilweise)

      ABER und das ist der Punkt, der genetische Faktor greift nur da wirklich wo keine Prägung (etwa durch Erlebnisse, Erziehung, kulturelle Prägung etc.) stattgefunden hat. Jemand der mit viel Testosteron geboren wurde ist genetisch gesehen dazu verdammt, ein aggressiver, kompetitiver Mistkerl zu werden der allen das Leben schwer macht, schnell wütend und gewaltätig ist. ABER das gilt nur, wenn dieser Mensch seinen Impulsen freien lauf lässt und unkontrolliert handelt. Die meisten Menschen haben aber sowas wie Selbstbeherrschung die eben von Erziehung, Kultur etc. verschiedene Dinge beherrscht. und dann schlägt man nicht den Chef zusammen sondern geht einen Sandsack boxen. Oder hat mehr Sex. oder meditiert. oder...

      Ergo genetisch gesehen kann eine sexuelle Neigung schon "in die Wiege" gelegt werden, ABER was daraus wird ist völlig offen. So wie Intelligenz "in die Wiege" gelegt wird aber sich erst in den ersten 6 Jahren wirklich entfaltet und erst mit ca. 20 abgeschlossen ist. Wer also mit 25 noch ein Volltrottel ist wird vermutlich einer bleiben. Wer aber mit 5 ein volltrottel ist kann durchaus ein international erfolgreicher Wissenschafter werden.

      Ich selbst sehe daher den genetischen Faktor als irrelevant an - natürlich kann man gewisse Charakterzüge und damit sexuelle Vorlieben genetisch erben. Das geht durchaus. Aber mit allergrösster Sicherheit wird diese Veranlagung durch spätere Einflüsse überschrieben und die Genetik ist höchstens noch ein leiser Unterton.

      Ich habe da ein Beispiel - ich hatte mal eine Bekannte, die als Kind und Jugendliche eigentlich alle Anzeichen einer angehenden Sub hatte - sie war schüchtern, generell devot, hatte gern starke Führung und vieles mehr was ich nicht ausbauen will. Sie hatte 2 sehr untertänige Eltern und wie ich später erfuhr gingen Beide zur selben Domina aber das mal weggelassen, hatte sie scheinbar genetisch und in der Erziehung eine sehr devote Rolle. Sie hatte früher als ihre Sexualität erwachte auch devote Phantasien.
      Und dann wurde sie vergewaltigt. Heute ist sie selber Domina welche die absolute Kontrolle beim Sex braucht. und so hat ein einzelnes Ereignis ihre genetische Veranlagung, ihre Erziehung, kulturelle Prägung und frühere Sexualität einfach überschrieben und jetzt hat sie ein sehr erfülltes Sexleben mit ihren Subs.

      Ich selbst hingegen habe ebenfalls 2 sehr unterwürfige Eltern, vor allem mein Vater. Und bin trotzdem sehr dominant geworden obwohl ich nicht so erzogen wurde. Und ich hatte schon im Alter von 9 meine ersten BDSM Phantasien mit Bondage, Pranger und Co mit mir in dominanter Rolle. Ja ich war ein Mittelalterfan und bin früh erwacht...meine ersten praktischen BDSM Erfahrungen sammelte ich aber erst mit 16.