Panikattacke während einer Session

      Panikattacke während einer Session

      Ich wurde gestern gefragt wie ich da reagieren würde. Das Thema dürfte aber nicht nur die Fragestellerin interessieren sondern durchaus auch andere Mitglieder.

      Da ich mich vorher mit der Person auseinandersetze mit der ich spiele und zudem auch beim Spiel auf sie und ihre Reaktionen achte, ist das bisher nie vorgekommen. Mir fehlt also trotz einer wohl nicht kleinen Zahl an Spielpartnerinnen und durchaus auch sehr intensive Spiele die wohl über das übliche Maß hinaus gehen (z.B. Rape- und intensive Mindgames) jegliche Erfahrung mit solchen Attacken.

      Aus dem Bauch heraus sollte geschaut werden wie die Person reagiert. Zuerst würde ich versuchen Nähe zu geben, wahrscheinlich wird das helfen, wenn nicht sollte man es aber lassen. Danach einfach ein offene Ohr haben und drüber reden (bzw zuhören), wenn sie eben dazu in der Lage ist und es ihr gut tut. Vielleicht auch den Ort wechseln der nun mit dieser Attacke verbunden wird (z.B. Spielzimmer) und einkuscheln, etwas zu trinken geben oder was auch immer. Ich denke solche Attacken sind sehr individuell und daher sollte man darauf achten wie der andere reagiert und nicht einen festen Ablauf im Kopf haben bei dem man wie ein einem ersten Hilfe Kurs die Punkte abarbeiten, die Psyche ist eben weitaus komplexer als die meisten unsere Körperfunktionen.

      Wir haben hier aber einige sachkundige Mitglieder, diese können sicher viel besser Ratschläge und Tipps in dieser Sache geben.
      "Es ist gleich willkürlich, ob man den Leuten sagt: ihr sollt nicht frei, oder: ihr sollt und müsst gerade auf diese und keine andere Weise frei sein." Joseph von Eichendorff
      Kommt auf die reaktion an, die unser in solchen situationen anspringender hirnteil (amygdala) ausspuckt:
      fight? Dann deeskalieren (raum geben, beruhigend sprechen, rückzug, schokolade) manchen Menschen hilft es, sie körperlich zu begrenzen, weil das ankämpfen gegen etwas physisches hilft das psychische ankämpfen umzuleiten.
      Flight? Reaktion zu lassen, aber im auge behalten, signalisieren das eine rückkehr jederzeit erwünscht ist, ansonsten ruhe...und schokolade. Bei Rückkehr nähe geben und reden.
      Freeze? Vorsicht körperliche Nähe anbieten, bei abwehr rückzug und zeit geben (oh und schokolade!), warten bis derjenige von sich aus wieder klar wird, dann reden.

      Das man den panikauslöser augenblicklich aus dem wahrnehmungsbereich schafft ist klar.

      So arbeite ich mit -warum auch immer- ausflippenden Menschen.... wichtig ist speziell das kognitive aufarbeiten direkt im Anschluss (auch wenn man denjenigen dafür mental treten muss) um kein trauma festzusetzen.


      Wichtig ist jede handlung vorher mit worten anzukündigen und verbindlich zu sein, sonst kann sich das ganze aufschaukeln.
      Ich glaube auch, dass das ein sehr breites Feld ist. Dinge an die man denken könnte:

      Weiß die Person, dass es eine Panik Attacke ist, hat sie das schon einmal erlebt? Dann kann sie vielleicht schon vorher sagen, auf was sie aufpassen muss und was ihr in solchen Situationen hilft, und kann vielleicht auch erkennen wenn sich etwas aufbaut - also zu einem Zeitpunkt, wo man noch abbiegen kann.

      Wenn die Person nicht weiß dass es eine Panik Attacke ist, werden ihr die körperlichen Empfindungen und Reaktionen wahrscheinlich große Angst machen. Da wird vermutlich der erste Gedankte nicht Panik sein, sondern Herzinfarkt oder Kreislaufkollaps oder Atembeschwerden oder sonst etwas Medizinisches. Das wird man dann vermutlich automatisch entsprechend abklären.

      Was man probieren kann:
      Selber ruhig bleiben, auch mit der Stimme.
      Weiß die Person, warum sie so reagiert? Gibt es irgend eine "normale" Erklärung für die Angst und kann man das beseitigen?
      Die Person fragen, wonach sie sich fühlt, was ihr Instinkt sagt - will sie gehen, will sie gehalten werden, will sie den Ort wechseln, will sie Körperkontakt?
      Die Person weiß dass jemand da ist, der im Notfall die Rettung verständigt, sie ist nicht alleine.
      Auf die Atmung und Körperspannungen achten, auch auf die eigenen.
      Die Person muss sich nicht "zusammenreißen". Der Körper verselbstständigt sich, das ist total berechtigt gruselig.
      Weinen oder Zittern ist gesund und normal, der Körper verarbeitet. Dafür muss man sich nicht schämen, das ist was Gutes.
      Nicht versuchen abzulenken, sondern gemeinsam aussitzen, akzeptieren dass das jetzt unangenehm ist aber vorbei geht.
      Nicht in der Situation selbst versuchen, vertiefend zu analysieren, woher das kommt oder was es ausgelöst hat.
      Wenn es eine Panik Attacke im Rahmen eines Flashbacks ist, dann ist das extrem individuell, was gut oder schlecht ist. Es kann helfen, die Person an das hier und jetzt in ihrem Körper zu erinnern. (Was spürt die Person jetzt? Der Tisch ist hart, wie fühlt sich das Holz an, fühlt es sich kalt oder warm an? Etc.)

      Was man von der körperlichen Seite her mitdenken kann:
      Hat die Peson genug getrunken, den Blutzuckerspiegel, ist der Person zu heiß, zu kalt, etc.

      Elsa schrieb:

      Nicht versuchen abzulenken, sondern gemeinsam aussitzen, akzeptieren dass das jetzt unangenehm ist aber vorbei geht.


      Das ist, glaube ich, ein ganz wichtiger Punkt!
      Hängt auch von der Stärke der Attacke und der körperlichen Reaktion ab.
      Lässt die Person, die die Attacke erleidet, aber wohl nicht immer zu.
      "Wir streben mehr danach, Schmerz zu vermeiden als Freude zu gewinnen" Sigmund Freud

      Feuerpferd schrieb:

      Lässt die Person, die die Attacke erleidet, aber wohl nicht immer zu.


      Ja das stimmt - ist auch verständlich und eine reife Leistung, was Menschen in solchen Situationen aushalten. Ich glaube, dann kann man nur bei sich selbst bleiben und daran arbeiten, selbst die Nerven zu behalten, bzw. sich Hilfe dazu holen, wenn man unsicher ist. Wenn die körperliche Reaktion stark ist, oder neu, ist das finde ich sowieso nie ein Fehler.
      Erster und wichtigster Teil: Überhaupt mal erkennen, dass eine Panikattacke vorliegt. Ich falle in eine Art Freeze-Zustand, in dem ich nur noch sehr schlecht nach aussenhin kommunizieren kann. Verbale Erklärungen und Versuche mich selbst zu schützen, kommen dann beim gegenüber schnell angriffig, verletzend und bockig rüber.
      Es ist einfach zu sagen "Wenn mein Partner eine Panikattacke hatte, mache ich...". Schwierig ist es meiner Erfahrung nach eher, von einem intensiven (und schön erlebten) Moment in eine Situation geworfen zu werden, in der der Partner offensichtlich unangemessen reagiert. Auf Nachfragen nicht richtig erklären kann was los ist oder einfach nur abwehrt. Das muss man erstmal schlucken und richtig einordnen können.
      Natürlich ist das bei Jedem anders, aber wenn mir sowas passiert, kann einem mein Gegenüber nur leid tun, denn er muss dann wirklich stark sein um mir zu helfen ohne sich selber runter ziehen zu lassen.
      ich hatte bis jetzt den ein oder anderen Flashback dabei. Mein Herr merkt es an meiner Art, ich versteife mich oder wie bei dem einmal als er mir von oben in die Haare griff und den Kopf hoch habe ich instinktiv die Hände nach oben gerissen und habe versucht wegzukommen.

      Mein Herr packte mich in allen Situationen hielt mich und wollte wissen was los war, wir haben dann geredet ( nicht nur da sondern auch später immer mal wieder) und so langsam sind fast alle Situationen die vorher flaschbacks verursacht haben, weg.

      Wenn ich ne Panikattake habe, muss man mich im ersten Moment in Ruhe lassen, da ich dann versuche mich selber zu beruhigen, danach, wenn ich es behoben habe, fange ich an zu zittern und dann darf er mich gerne im Arm halten, bis ich wieder "runtergekommen" bin.
      Was bei Panikattaken auch helfen kann, ist auf die Atmung zu achten und hier speziell aufs langsame tiefe AUSatmen. Von 10 bis 0 langsam runterzählen kann das unterstützen. Einatmen tut man ja eh von selber.

      Wenn die betreffende Person das selber nicht mehr steuern kann, ist eine beruhigende anleitende Stimme sicher hilfreich dabei.
      Krönchen zurechtrücken ist für Mädchen. Eine Frau baut aus den Scherben eine Discokugel und tanzt ab. :dance:
      Wenn ich Panik bekomme, vergesse ich, dass das BDSM ist und ich ein Safeword habe. Daher lehne ich Safewords für mich ab und beschreibe lieber mein "ich bin kurz vor einer Panikattacke" - Verhalten (ich werd plötzlich sehr still, ich kann keinen Augenkontakt mehr halten). Auserdem kenne ich ein paar potentielle Trigger.
      Das ich das inzwischen so genau weiß, kommt vom Lernprozess aus mehreren schlechten Erfahrungen... Das kann man einfach nicht vorher wissen.
      @Elsa
      Jain. Ich weiß zwar was passiert, aber das warum/wieso/weshalb kann ich oft erst am Tag danach aussortieren. Innerhalb einer Session ist es mir zu Glück erst einmal passiert. Da hab ich es geschafft das Safeword noch rauszubringen, was aber auch nicht sehr deeskalierend war, weil es in der Situation so rüberkam als wäre es eine Trotzreaktion a la "Ne, ich mag grad nicht". Das war für uns Beide (meinen Dom und mich) eine wirklich schwierige Situation.
      Zum Glück haben wir es dennoch gemeistert ^^
      @Pirio: Phu. Ich denke mir, das warum oder wieso ist in der Situation wohl eh eher zweitrangig, solange man sich überhaupt irgendwie verständlich machen kann. Jemand hat mir einmal sehr plastisch erklärt dass sie es selbst gar nicht merkt, wenn sie so dissoziativ wegdriftet und dann auch nicht mehr raus safeworden kann weil sie dadurch so große Angst davor hat, das "Falsche" zu sagen. Das fand ich beim Zuhören schon so extrem heftig - mag mir gar nicht vorstellen, wie sich das anfühlen muss. :/ Ich finde, solche Themen machen es einem wirklich deutlich, dass man nie mit was anderem als Besorgtheit und Fürsorge auf ein Safeword reagieren soll. Darf.
      Ein sehr interessantes Thema. Erstmal ausbuddeln und Staub wegpusten *hust*

      Bis gestern kannte ich es nur, wenn Angst aufkommt in einer Session. Angst ist etwas was man "bearbeiten" kann. Da kann ich mich gut auffangen lassen. Kurz kuscheln, seine Wärme spüren, ihn riechen und merken: es ist alles gut, du bist sicher. Aber Panik hatte ich davor nie. Bis gestern. Urplötzlich bei einer Sache, die schon öfter gemacht wurde. Ich spürte etwas, was sonst okay war doch plötzlich hatte ich nur noch Panik. Wollte seine Hand spüren und erwischte ihn unglücklich am Kopf. Zu der Panik gesellten sich die Gedanken "hab ich ihm weh getan?" und die brachten mich kurz zum Weinen. Und auf Fragen kam wohl nur ein "ich weiß es nicht" oder etwas ähnliches. Mit etwas Abstand kann ich darüber lachen. In dem Moment nicht. Ich wusste nur das ich nichts wusste, dass ich seine Nähe wollte aber auch nicht. Nach einigen Minuten war es auch wieder gut und ich habe ihm zum Glück nicht weh getan. Aber es war überraschend und ich bin froh, dass es dieses Thema hier gibt.

      Wie seid ihr dann in die nächste Session gegangen in dem "der Übeltäter" wieder genutzt wurde?
      Ich habe selbst Panikattacken immer mal wieder. Und hab auch schon Panikattacken bei anderen hautnah mitbekommen.
      Ich habe zwei Arten von Panikattacken.
      1. Bei den ich sag mal "leichten" Panikattacken. Rast mein Puls, meine Brust fühlt sich an als wäre Sie in einem Schraubstock, ich verkrampfe oder werde steif.Während dieser Art von Panikattacken, bin ich weitestgehend geistig da. Ich hab mich mittlerweile soweit im Griff, das Sie nicht lange anhalten. In dem ich mich auf meine Atmung konzentriere und versuche meine Aufmerksamkeit im Hier und Jetzt zu bündeln.
      2. Die zweite Art ist etwas anders. Da schnürt es mir den Hals zu und ich klappe zusammen. Denken ist dann nicht mehr drin. Während ich bei den "Leichten" Panik habe, habe ich da Todesangst. Waren zum Glück nur wenige bis jetzt.
      Bei mir hilft es mir Nähe zu geben und auch ruhig fragen was los ist. Was in mir vorgeht. Mir hilft es das dann auszusprechen und so loszuwerden. Und dann wenn die Attacke vorbei ist, mich nochmal darauf ansprechen. Neige dazu das aus Scham verdrängen zu wollen. Kratzt einfach am Ego wenn der starke McG, :pump: dann heulend in der Ecke sitzt ;( :pillepalle:

      Die Panikattacken die ich bei anderen Menschen mitbekommen habe. Da hab ich denke ich instinktiv passend gehandelt.
      Wobei es dann verflucht schwer ist, von :vani: mit Karacho auf :empathy: umzuschwenken und dann dabei nicht noch selbst eine Panikattacke zu bekommen.
      Mittendrin plötzlich zu merken, da stimmt was nicht. Und Sub kann wegen der Attacke kein Safewort sagen. Das sorgt dann zumindest bei mir für Nervenflattern. =O

      Wie man damit dann genau umgeht hängt von der Person selbst ab.
      Denke das @Elsa hier gut beschrieben hat, was zu tun ist.

      @Snowflake Wir haben den "Übeltäter" dann nicht mehr genutzt. Da die Beziehung dann zu Ende ging kam es auch nie dazu das man überlegt hat "ihn" wieder zu benutzen. Wäre aber an sich aber auch kein Beinbruch gewesen.
      Ich habe auch schon mal eine Panikattacke geschoben , sogar bei einem Wunsch"Übeltäter"
      Kam plötzlich , konnte es nicht wandeln - aber er hat traumhaft reagiert - mich aufgefangen , mich somit auch wieder in einen Modus des weiteren öffnens gebracht -
      Wir haben einige Zeit darauf verzichtet - es aber mit Ankündigung später wieder eingesetzt - behutsam herangeführt und auch von mir gewollt ist es jetzt wieder ganz normal damit zu spielen .

      Und - es war "nur" eine Spreizstange - hat mich aber trotzdem aus der Bahn gerissen .
      Jetzt nicht mehr . :sofa:
      Wir leben alle unter dem selben Himmel , aber nicht mit dem gleichen Horizont
      Ich kenne Panikattacken sehr gut. Ich habe seit meiner Kindheit immer wieder in irgendeiner Form Probleme damit.

      Das Interessante daran: Meine erste Panikattacke hatte ich als Sechsjähriger. Ich musste operiert werden und sollte ( wie in den 80ern bei Kindern noch üblich) mit Lachgas betäubt werden. Dazu hat man mir eine Atemmaske auf das Gesicht gedrückt. Dann bekam ich plötzlich Panik, da das Lachgas auch meine Wahrnehmung veränderte und man musste mich mit mehreren Leuten festhalten, bis ich schließlich einschlief. Das hat mir nen ziemlichen Knacks versetzt.
      Aber heute als Sub stehe ich total auf Masken, Atemkontrolle und Fixierungen jeder Art und kann mich in diesen Situationen komplett fallen lassen. Total Paradox eigentlich. :pillepalle:
      Ich kann heute sogar BDSM gezielt einsetzen um innere Anspannungen zu lösen, die oft Vorboten solcher Attacken sein können. Dann aber eher im SM-Bereich. Das einzige mal, dass ich während einer Session mal einen Anflug einer Angstattacke hatte war unter einer Isolationsmaske. Da konnte ich mich aber noch selber abfangen. Trotzdem spiele ich seit dem mit Sinnesentzug nur noch, wenn es mir methal gut geht. Sicher ist sicher. :yes: