"Willst du mein Kunstwerk sein?" fragte er und blickte ihr dabei direkt in die Augen, während sie sich beinahe beim Genuß ihres Kaffees bei der Frage verschluckt hätte. "Wie bitte? Ich, dein Kunstwerk? Ich kann aber nicht still sitzen." Belustigt blickte er sie weiter an. "Ich suche ja auch kein Stillleben und außerdem kenne ich Mittel und Wege dich ruhig zu stellen."Sie schluckte...ruhigstellen? Er war also doch ein Verbrecher. Im Gedanken sah sie sich schon da liegen, regungslos ohne sich wehren zu können. So erlebte sie es in ihrem letzten Traum. Ihr Bauch meldete sich und so griff sie erstmal nach ihrem Sandwich... Ich bin hungrig, da bekommt man schon solche Phantasien. Ihr war erst jetzt bewusst, das sie noch gar nicht auf sein Angebot geantwortet hatte. "Und, wie sieht es aus, habe ich ein Modell gefunden?" Wie charmant er doch lächeln konnte. "Ja, warum nicht, solange du mich nicht nackt auf der Leinwand verewigst?" Jetzt musste sie schmunzeln aber er blieb ruhig und das verunsicherte sie schon wieder. "Das werden wir dann schon sehen, was wir als Leinwand für mein Kunstwerk verwenden." Sie fühlte sich, als wenn er sie gerade unsichtbar mit seinen Händen berührte und auszog. Sie sehnte sich danach, seit sie vor einer Woche mit ihm im Supermarkt zufällig zusammenstieß. Er hatte so etwas Vertrautes an sich und auf der anderen Art war er so völlig anders als die Männer, die sie sonst so kannte. Auch wenn sich die Anzahl was Männerbekanntschaften betraf, in Grenzen hielt. Sie kamen beide ins Gespräch und er half ihr ihre Einkäufe zu ihrem Fahrrad zu tragen. Nein, nach Hause wollte sie von ihm nicht gebracht werden. Das dauerte bei ihr immer eine Weile, bis sie jemanden vertraute. Er schien da weniger ängstlich zu sein und steckte ihr seine Nummer zu. Dabei lächelte er sie an und sagte: "Ruf mich an, wenn du Lust auf ein unverbindliches Treffen hast." Diese Worte irretierten sie schon wieder. Wer redet denn so? Niemanden den sie kannte. Aber genau das war es, was sie an ihn reizte und so rief sie ihn an und jetzt saßen sie hier im Cafe und sie sollte schon sein Meister-erm Kunstwerk werden. Irgendwie hatte sie das Gefühl, das er das mit der Leinwand zweideutig meinte, aber sicher war sie sich nicht. Es ärgerte sie, das er sie so verunsichern konnte. Sie war eine selbstbewusste junge Frau, die hin und wieder unbewusst flirtete und der man kein U für ein X vormachen konnte. Aber er hätte ihr wahrscheinlich auch ein X für ein U vormachen können. Sie hatte die Vorstellung, sie hätte einen Scanner mit dem sie alles Verborgene unter seiner Kleidung sehen konnte, einschließlich was in ihm vorgeht. Was für ein Blödsinn, diesmal konnte sie sich schon alleine bei dem Gedanken daran, kaum ein Lachen verkneifen und natürlich hatte er es längst registriert. "Du stellst dir mich aber nicht gerade nackend vor?" Ertappt... Sie fühlte wie ihre Wangen vor Scham erröteten. "Nope, warum sollte ich? Es gibt bestimmt keine Überraschung, die ich nicht schon gesehen habe." entgegnete sie keck und fand sich mehr als mutig, ihm so zu begegnen. Er lachte herzhaft auf und damit war die Stimmung wieder ausgelassen und sie plauderten noch eine Weile über so manches was die Welt betrifft. Sie merkten nicht, wie schnell es dunkel wurde und auf einmal saßen sie alleine im Cafe. "Ich denke ich sollte jetzt gehen." "Bist du dir sicher?" fragte er mit einem gewissen Unterton. Nein, war sie nicht aber sollte sie ihm jetzt sagen "nimm mich mit zu dir?" Es war eindeutig zu früh und darum beließen sie es erst einmal dabei, verabschiedeten sich aber dennoch mit einem Kuss, der bald nach mehr verlangen würde.
~Es ist das Unbekannte was so reizt. Reizt es immer noch, wenn es bekannt ist, dann ist es das Besondere~ Author: Unbekannt