Vergewaltigt und doch wieder Spaß am BDSM

      Ich möchte mich zuerst bei alle Beteiligten bedanken fürs Teilen eure schreckliche Erfahrungen.

      Einige Situationen kommen mir leider sehr bekannt vor. Als Man ist es zwar schwierig Hilfe zu leisten, meistens bleibt es bei 'ich halte die Augen und Ohren offen'. Für mich ergaben sich auch andere Möglichkeiten. So bin ich immer noch 24h abrufbar vom Frauenhaus für Transport- und Umzugsdiensten (hab ein grosses Auto), oder bin der 'Prügelknabe' bei Selbstverteidigungskurse für Frauen.

      Wenn dann die Erlebnisse raussprudeln (ein Gespräch, oder sogar ein zusammenhängende Geschichte kann man das in der Verarbeitungsphase wirklich nicht nennen), und die Spuren dazu noch deutlich vorhanden sind, lauft es einem kalt den Rücken runter...

      Eine Sache beschäftigt mir schon seit gut 8 Jahren.
      Eine Mitarbeiterin von mir hat sich über ein Mitarbeiter quasi beschwert, er wäre etwas mehr in ihre Nähe als sein Job zuliess und fühlte sich in seine Nähe unwohl. Da der Mitarbeiter selber in der Ferien war, konnte ich ihm damit nicht direkt konfrontieren. Aber der erste Tag nach seine Ferien habe ich mich mal auf der Arbeitsplatz der Mitarbeiterin bequem gemacht, und beobachtet wie das so ablauft.
      Bei sein erster 'Besuch' war es ihm schon peinlich, vom Chef erwischt zu werden, konnte sich aber herausreden. Beim zweiten Besuch (nach etwa 15 Minuten) machte er sich schnell wieder vom Acker. Beim dritten Mal habe ich ihm mit ins Büro genommen, und ihm erklärt dass ich 5 Minuten brauche für sein Arbeitszeugnis und Gehaltscheck. Er kriegt die gleiche 5 Minuten um seinen Spind auszuräumen...

      Jetzt mein 'Problem'.
      Die Mitarbeiterin wollte keine Anzeige machen, es ist ja nichts passiert. Ich wollte eine Anzeige machen, aber die Polizei sagte auch dass nichts passiert sei.
      Meine Überlegung ist nun, wer wohl das nächste Opfer von der Typ wird. So ohne Strafe wird der nicht damit aufhören, sondern eher sich steigern...
      Mit andere Wörter, jedesmal wenn ich hier in der Nähe von solche Vorfälle höre, verdenke ich ihm davon. Und frage mich ob ich da nicht anders hätte reagieren müssen...

      Frostqualle schrieb:

      Wenn ihr den Mut habt zu teilen, dann möchte ich wenigstens den Mut haben das zu lesen

      Das ist eine wunderbare Aussage...
      Leider habe ich nicht den Mut zu teilen und mir ist an vielen Stellen bewusst, dass genau dadurch diese Erlebnisse immer noch ihren Schrecken bewahren können.
      Und dennoch schaffe ich es nicht, mich zu öffnen ;(
      Das Erlebte hat mich immer und immer wieder im Griff...

      Daher: Ganz großen Respekt an alle, die sich hier mitteilen können. Ich bewundere euch sehr. Und @MissBehaving es kommt tatsächlich nicht darauf an, was passiert ist, sondern was das in der Person ausgelöst hat. Das Leid im Anschluss ist doch das was wirklich schlimm ist.
      Ich wünsche mir so sehr, dass ich es irgendwann auch einmal schaffe diesen Horror von mir abzuschütteln.
      Es tut mir aber auch schon sehr gut zu sehen, dass ich nicht allein bin, die Gewalterfahrungen machen musste.

      Danke daher an alle, die den Mut haben zu teilen :blumen:

      @DomDiDom du hättest nicht besser reagieren können. Natürlich geht der Typ jetzt straffrei aus, aber ich kann auch die Frau gut verstehen, es erfordert unfassbar viel Kraft und Mut, einen solchen Menschen anzuzeigen bzw. dann das weitere Procedere zu überstehen. An die Fragen des gegnerischen Anwalts mag ich hierbei gar nicht denken.
      Daher ist es schon großartig von dir gewesen, so konsequent zu handeln und die Frau direkt zu schützen. Chapeau dafür, auch das schafft noch lange nicht jeder Chef
      Ich bin das beste Beispiel " wie toll" Frau sich fühlt, selbst wenn sie es zur Anzeige bringt. Mein Verfahren wegen Vergewaltigung in der Ehe wurde OHNE mich einmal zu befragen und obwohl er es vor anderen zugegeben hat, eingestellt.

      ICH kann jede Frau verstehen, die sagt, ich möchte das nicht anzeigen!
      @Vic verstehen kann ich beide Seiten. Denn von einer guten Freundin weiß ich, dass es selbst für sie als Polizistin jedesmal schwer ist mit dem Wissen die Frauen gehen zu lassen: in 6-8 Wochen gibt's das obligatorische Schreiben, Verfahren wurde eingestellt....
      @MissBehaving

      Missbrauch ist immer Missbrauch

      Klar findet man immer jemanden, der schlimmer dran ist, aber das nimmt einem so leicht die Berechtigung, zu sehen, wie zerstörerisch das ist, was man erlebt hat.... Deswegen mag ich den Satz oben. Denn er nimmt das Vergleichen raus.
      Das, was du erlebt hast, war schlimm. Punkt.
      Ich finde es sehr gut und mutig, dass du geschrieben hast, was du erlebt hast und was es mit dir gemacht hat.

      Krabbe68 schrieb:

      Denn hier ist es das selbst Gewünschte
      und vor allem das Kontrollierbare.


      @Krabbe

      Das ist ein sehr schöner Satz, den du geschrieben hast. Ich frage mich schon noch oft, ob ich auf BDSM stehe, weil für mich Sexualität von Anfang an an Gewalt gekoppelt worden ist. Aber das war unkontrollierbare Gewalt, gegen die ich mich in keiner Art und Weise wehren konnte.
      Das Kontrollierbare gibt mir Sicherheit... und das andere wird so langsam weniger wichtig. An schlechten Tagen habe ich schon noch Angst, mich wieder in eine Opferrolle zu begeben, aber meistens denke ich inzwischen, dass ich halt so bin wie ich bin, egal, woher es kommt.

      DomDiDom schrieb:

      Und frage mich ob ich da nicht anders hätte reagieren müssen...

      Deine Reaktion war vorbildlich. Du hättest gar nichts anderes machen können. Wie du selber sagst, solange nichts passiert ist, macht die Polizei auch nichts. Leider. Und am Ende wundern sich alle, warum niemand was getan hat ... Du im Gegensatz hast das getan, was in deiner Macht stand. Respekt! Da kann sich manch anderer Chef ne Scheibe von abschneiden.

      @Ludaa, @Inka und alle anderen
      Danke, für eure Worte. Bereue es nicht, darüber geschrieben zu haben.
      Ich werde bei so vielen verdammt großartigen Denkansätzen, wie ihr hier sie alle schreibt, noch ne Sperre für den Gefällt-mir-Button bekommen :D

      @DomDiDom Oft muss man damit leben, dass der Handlungsspielraum sehr eng ist; für Dich als Dominanten möglicherweise sehr frustrierend. Ich danke Dir aber für Deinen Einsatz, der außergewöhnlich ist.

      @Ludaa Wer sagt denn, dass Du hier die Hosen runter lassen MUSST? Wenn es Dir hilft, wenn Du es willst ... dann ja. Sonst nicht. Du bist die einzige, die das zu entscheiden hat und musst Dich nicht schlecht fühlen, weil Du eine andere Form findest, Dich mitzuteilen. Hauptsache, Du frisst es nicht total in Dich rein. Hast Du denn niemanden, dem Du Dich anvertrauen möchtest?

      Was das Desinteresse der Staatsgewalt hinsichtlich solcher Vorgänge angeht, da kann ich aus eigener Erfahrung nur zustimmen. Bei mir wollte mal ein nackter Mann in meine Wohnung einbrechen. Ich hab die Polizei angerufen und stand mit dem Baseballschläger da, hab gezittert wie Espenlaub. Polizei war zwar schnell da (bevor der Einbrecher Erfolg hatte), ich bin in Tränen ausgebrochen und wurde gefragt, warum ich denn jetzt so einen Aufstand mache, es sei doch nichts passiert. Anzeige natürlich zwecklos ... sowas läuft unter "na, da drücken wir doch mal ein Auge zu". Zurück blieb bei mir primär eine Sauwut und die Erkenntnis, dass ich so einem A...loch das nächste Mal gleich die Kniescheiben breche.
      @DomDiDom Respekt! Sehr gut gemacht!

      @Ludaa manchmal brauchtes Zeit über solche Sachen zu schreiben. Mit der Zeit bekommt man diese Kraft. Wie lange es dauert ist völlig unterschiedlich und das ist auch in Ordnung.
      Bei mir war die Kraft das Ergebnis von ganz, ganz viel Hilfe von außen.
      Ich hoffe du wird irgendwann so weit sein.
      Was ich zum Thema Anzeige sagen möchte, mir ist die Entscheidung abgenommen worden, weil mich ein ganz lieber Taxi Fahrer direkt zur Polizei gebracht hat.
      Aber BITTE geht immer zur Polizei!
      Schlechte Ausnahmen gibt es immer. Wenn ihr euch nicht wohl fühlt, dass kommt entweder zu einem anderen Zeitpunkt wieder (wenn die Schicht gewechselt hat) oder geht zu einer anderen Wache.
      Polizisten sind auch nur Menschen und können also einen schlechten Tag haben.
      @DomDiDom

      ich kann mich den anderen nur anschließen . Danke das du dich eingesetzt hast. Respekt!
      Für dich vielleicht nicht all zu zufriedenstellend, weil die Kollegin ihn nicht angezeigt hat, Aber
      durch dieses resolute Tat bist du ein Vorbild...und jeder der dich kennt kann sich dir anvertrauen

      @Ludaa

      irgend wann wenn du für dich selbst merkst, du hast es verarbeitet, du kannst darüber sprechen, dann mach es. Die Zeit arbeitet für dich...die Zeit lässt manches verblassen...die Zeit heilt irgend wann alle Wunden!
      Die ersten Schritte sind die schwierigsten...sie sind sehr wackelig...aber je mehr man geht um so sicherer werden sie
      Weil ich es gar nicht aus der direkte Umgebung kenne, kann ich mir auch beim besten Willen nicht vorstellen, wie es in der Zeitspanne vor der Entscheidung 'Anzeige' aussieht. Die meiste Situationen kenne ich aus der Phase wo aktiv was dagegen unternommen worden ist (abholen, Umzug, Schulung).

      Angua schrieb:

      Schlechte Ausnahmen gibt es immer. Wenn ihr euch nicht wohl fühlt, dass kommt entweder zu einem anderen Zeitpunkt wieder (wenn die Schicht gewechselt hat) oder geht zu einer anderen Wache.

      Oder nimmt ein Vertrauensperson (wer auch immer ihr in solch ein Situation noch vertrauen könnte) mit. Es ist denn kein 1 gegen 1-Gespräch, und sollte es beim diensthabende Polizist nicht funktionieren, sorgt es dafür dass es aufgeschoben statt aufgehoben wird.

      Angua schrieb:

      Aber BITTE geht immer zur Polizei!

      Kann ich so nur unterschreiben!

      @Elenore
      Dass sie es nicht zur Anzeige gebracht hat, hat mich weder verletzt noch sonst was. Das war ihre Entscheidung, und die respektiere ich. Mir ging es eher um ihm, und wie ich als 'Otto Normalverbraucher' ihm am besten eine Dauerlektion verpassen konnte. Das Arbeitszeugnis war schon mal hilfreich...

      @Frostqualle
      Im täglichem Leben bin ich alles andere als Dominant. Da fällt mein 'Ausrasten' oder beim Spiel das dominante Verhalten eher auf, ohne mich gross Mühe geben zu müssen :D .
      'Wer ständig schreit, wird nicht gehört', ist eins meiner Lebensmottos.
      Für die meisten Frauen ist der Gang zur Polizei eine weitere Erniedrigung. Sie müssen da oft vor Männern das erzählen, was sie gerade erlebt haben. Keine Anzeige zu machen ist aber schlimmer. Ist ein Schweigen und ein in sich rein fressen. Die Dunkelziffer ist verdammt hoch. Jede Anzeige ist ein Schritt gegen den Vergewaltiger und deshalb kann ich nur dazu raten. damit hilft man auch anderen.
      Seit es diesen Thread gibt, denke ich immer wieder darüber nach, wo väterliche Sorge anfängt und wo sie eben auch aufhört und wo dann etwas Undefinierbares oder Unsagbares beginnt.

      Als ich den Bericht von Missy gelesen hatte, da hatte ich das Gefühl, dass ich das jetzt endlich mal jemandem erzählen muss. Und dann habe ich meinem Mann davon erzählt. Da sind wir so lang verheiratet, und ich konnte es ihm bis dahin einfach nicht erzählen. ;( Dann konnte ich auch endlich mal darüber weinen.

      Ich war wohl so um die 10 Jahre alt. Zu dem Zeitpunkt fingen meine Brüste an zu wachsen. Mein Vater befühlte sie ab und zu. Er meinte zu mir, er wollte einfach nur mal schauen, ob alles in Ordnung sei. Da war so ein fester Ring, es tat weh, wenn man zudrückte. Sehr unangenehm. Er meinte dann immer, es wäre alles ok.
      Mir war das unglaublich peinlich. Es fühlte sich einfach nicht richtig an. Es fühlte sich schlecht an. Ich fühlte mich so hilflos.
      Ich wollte das nicht, aber das konnte ich ihm doch nicht sagen. Schließlich war das doch mein Papa.

      Auch jemand anderem konnte ich das nicht erzählen. Es gab niemanden, dem ich mich hätte anvertrauen wollen.
      Wem sollte ich das denn sagen? Meiner Mutter vielleicht? Aber ich wusste bzw. ich ahnte, dass meine Mutter mich nicht ernst nehmen würde.
      Sie würde das nicht verstehen. Ich fürchtete, da käme so ein Spruch von ihr: Ach stell dich nicht so an, ist doch alles in Ordnung und sei froh, dass sich dein Vater um dich sorgt.

      Ab diesem Zeitpunkt mochte ich mich dann insgesamt auch ungern anfassen lassen.

      Danke fürs Erzählen dürfen
      Rosalie
      @Rosalie
      Scheiße! Sorry, aber das war das erste, was mir dazu einfiel. Danke, dass du es geschrieben hast, und ich hoffe, dass es dir damit auch gut geht, so wie mir. Es tut gut, es endlich mal loszuwerden.

      Es ist wirklich schlimm, wie oft sexuelle Übergriffe geschehen. Ich mag mir gar nicht vorstellen, wie hoch die Dunkelziffer ist.