BDSM und Menschenwürde

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      Félin hat diesen Thread eröffnet, damit das Ursprungsthema nicht OT wird und man dieses entstandene Thema trotzdem weiter diskutieren kann. Das bedeutet aber nicht, dass hier nun alles reinpasst. Falls ihr ein anderes Thema aufgreifen möchtet, eröffnet bitte einen passenden Thread. Wenn persönliche Dinge geklärt werden müssen, wäre vielleicht eine PN der bessere Weg. Missverständnisse lassen sich so viel einfacher aus dem Weg räumen.


      Kommt ab hier wieder zum Thema "BDSM und Menschenwürde" zurück.


      Mod3
      @Dina Also für ein "helles Köpfchen" wie mich nochmal langsam erklärt... Ich gebe meine Menschenrechte in diesem Fall nicht ab, ich hebe sie kurzfristig oder auch langfristig (je nach Beziehung auf). Also z.B. bis zur Benutzung eines Safeworts oder zur Beendung einer 24/7 Beziehung... Damit hat theoretisch Dom doch ein Problem, wenn man ohne Safewort spielt, und es beim Spiel öfter vorkommt, dass Sub im Spiel sagt "Ich will nicht mehr". Weil es theoretisch so ausgelegt werden könnte, als sei das "Ich will nicht mehr" ein verbindliches Ende war? *gerade etwas verwirrt ist....
      @Sanctuare: Das mit der genauen juristischen Qualifikation im Kontrast zur Umgangssprache kann natürlich gut verwirren. "abgeben" kann man diese rechte nicht, jedoch über ihre Ausübung verfügen und somit in deren Verletzung Einwilligen. Wenn man dann Rechte gegen Dom herleiten will, so muss man sich diese Einwilligung rechtshindernd entgegen halten lassen, d.h. das Reacht besteht, ist verletzt, Ansprüche aus der Rechtsverletzung sind jedoch nicht mehr durchsetzbar. So zumindest im Zivilrechtlichen Bereich, strafrechtlich ist die Terminologie anders, aber das Prinzip ähnlich. "Abgeben" im Sinne eines endgültigen Rechtsverzichts kann man in Deutschland manche Rechte durchaus auch, auf andere, wie die Persönlichkeitsrechte, wiederum nicht. Daraus resultiert auch, dass die Einwilligung jederzeit zurückgenommen werden kann und daher die höhere Rechtssicherheit bei spielen mit Safeword. Von daher ist "abgeben" streng genommen das falsche Wort, im Zusammenhang mit der Haustür jedoch sehr schön anschaulich.
      So wie ich als Laie das verstanden habe, kann man durchaus seine Rechte vorrübergehend "abgeben" so wie du beim Arzt vor einer OP diesemd as Recht einräumst deinen Körper für die medizinische Maßnahme zu verletzen sonst würde der Arzt durch den Eingriff schwere Körperverletzung begehen.

      Das Problem beim BDSM ist, dass die Beweislage schwer zu klären ist - theoretisch reicht eine mündliche Vereinbarung, aber im Zweifel kannst du nicht beweisen, dass du die Erlaubnis hattest Sub zu "benutzen". Theoretisch müsste man eine schriftliche Vereinbarung treffen, dass für die Dauer von Sessions etc. diese und jene Dinge getan werden dürfen etwa auspeitschen. Ein Sklavinnenvertrag ist zwar juristisch ungültig könnte aber als beweismittel dienen, das Sub in diverse Handlungen eingewilligt hatte
      ...und dann behauptet Sub, dass sie gewaltsam gezwungen wurde, diesen Vertrag zu unterschreiben.

      Ich dachte bisher eigentlich, dass im BDSM alles nur im gegenseitigen Einvernehmen stattfindet. Aber wenn ich mir einige Threads hier so ansehe...

      Wenn wirklich VORHER alles besprochen wird, dann sollte man sich doch um sowas wie "Menschenrechtsverletzung" gar keine Gedanken machen müssen. Oder sehe ich das falsch?

      Sanctuare schrieb:

      Evtl sollten wir vorher mal definieren was wir unter Menschenwürde verstehen.
      Kant sagte dazu es wäre die "Anerkennung der prinzipiellen Gleichheit aller Menschen". Wenn man das als Definition nimmt, gibt man seine Menschenwürde wärend eines Spiels ab, da ist einer der "Herrscher" und einer der "Beherrschte".
      Nun ja bei Kant geht es in erster Linie darum, dass jeder Mensch Zweck und niemals Mittel sein soll.
      Daher ist die Gleichheit eben auch prinzipiell zu verstehen.
      Es geht nicht darum, dass die Beherrschten (zu seinen Zeiten waren das die meisten Menschen) keine Würde mehr hätten, sondern dass sie ebenso wie die Herrschenden Zweck sein sollen, nicht Mittel.

      Auf BDSM übertragen bedeutet das also, dass Sub subs Würde behält, solange sub sich nicht als reines Mittel sieht sondern als Menschen mit eigenen Vorstellungen und Wünschen. Dann gibt sub auch im kantischen Sinn die eigene Würde nicht auf.
      Und es ist durchaus möglich, dass Sub in einer BDSM-Beziehung, auch in einer DS-Beziehung, noch als Zweck gesehen wird, und nicht als reines Werkzeug für Doms Befriedigung.

      Ich würde ja sogar sagen, dass Sub selbst die Gleichheit nicht zwangsweise aufgibt.
      Über das Thema habe ich neulich mit meinem Dom gesprochen, und wir waren uns da einig (und ähnlich Ansätze kenne ich auch sonst), dass zwar er im Allgemeinen die Führung hat, aber meine Interessen und mein Wohl dadurch nicht weniger wichtig sind, als seine.

      Grüße

      Dina

      Dina schrieb:

      *Sanctuare hat drin rumgeschnippelt*


      Und es ist durchaus möglich, dass Sub in einer BDSM-Beziehung, auch in einer DS-Beziehung, noch als Zweck gesehen wird, und nicht als reines Werkzeug für Doms Befriedigung.

      Ich würde ja sogar sagen, dass Sub selbst die Gleichheit nicht zwangsweise aufgibt.
      Über das Thema habe ich neulich mit meinem Dom gesprochen, und wir waren uns da einig (und ähnlich Ansätze kenne ich auch sonst), dass zwar er im Allgemeinen die Führung hat, aber meine Interessen und mein Wohl dadurch nicht weniger wichtig sind, als seine.
      Das ist wiederrum Ansichtssache. Wir leben in einer 24/7 (minus Arbeit, minus wir sind unter Fremden.... also eher 10/7) Beziehung. Und da gibt es durchaus Interessenkonflikte, wo meine Interessen vorgehen. Nehmen wir mal das Interesse an sexueller Befriedigung. Da kann Sub 100mal andere Interessen haben, wie zB "ich will schlafen" oder "ich habe Hunger", mein Interesse geht da vor, insofern sehe ich sie da als Werkzeug für "Doms Befriedigung". Wobei das Wohl von Sub, logischerweise wichtig ist, wo man sich aber immer fragen kann aus welchem Grund. Zum Einen spielt das Emotionale sicher eine große Rolle (wenn es der Person die man liebt schlecht geht, dann nimmt man Rücksicht, oder kümmert sich um sie), aber wo liegt da der Unterschied zu der "Erhaltung von Eigentum". Dummes Beispiel: Mein Autochen hat Chiptuning, und ich hab den Drehzahlbegrenzer ausversehen mitgekillt (´bzw. der Freund der getunt hat). Ich weiss, ich kriege mein Auto jetzt ohne Probleme auf 230, aber ich weiss auch, dass ich ab 220 den Motor überdrehe. Ergo, ab 210 verzichte ich aufs weitere Beschleunigen. Also woher weiss Sub, warum ich in der Beziehung aufs weitere "Gasgeben" verzichte? Woher weiss sie, dass ich nicht ihre Gesundheit "überdrehe", weil ich sie liebe, und nicht weil ich mein Eigentum (also meine denkende Gummipuppe) nicht beschädigen will? Theoretisch kann Sub das nur aus meinen Worten sehen, weil alles was ich zu ihrem Wohl unternehme genausogut "Beziehungspflege" sein kann. Aufs Auto bezogen "Ich liebe dich" anstelle von Waschen und Wachsen, "Du siehst krank aus, du solltest unbedingt zum Arzt" anstelle von "Zeit für eine Inspektion, der Motor klingt seltsam", "ich hab dir was Schönes (Kleidung, Süsses, ein Geschenk) gekauft" Anstelle von "neue Zündkerzen spendieren, optisches Tuning betreiben" usw. ? Wenn ich Sub als ein Ding betrachte, und sie behandle wie mein Auto, wird sie sehr schwer den Unterschied merken können. (Ich seh meine Sub mich schon gleich löchern :D )

      Zu dem ersten Post von dir (Sorry irgendwie kriegt meine Deppigkeit es nicht hin, mehr als ein Zitat zu machen): Eben da liegt bei mir irgendwo der Hase im Pfeffer "zeitlich begrenzt". Wenn man ohne Begrenzung "rumspielt" eben 24/7 oder TPE, ist das mit der Begrenzung so ein Ding.

      @Unruly Problematisch sehe ich hierbei den Punkt "Beziehungsschluss". Wenn es zum Rosenkrieg kommt, kann man sich da sehr schnell in einer Position wiederfinden, mit der man nie gerechnet hat, und an die man nie Gedacht hat.

      @DGBs Geist Das heisst jetzt für den Laien, dass die Menschenrechte "abgegeben" werden, mit "Safewortrückgabepflicht". Heisst aber auch, dass man ohne Safewort durchaus ins Schleudern kommen kann, wenn es irgendwann mal in der Beziehung richtig "kracht" und man sie "an die Wand gefahren" hat. (Entschuldige, ich hab es heute mit Autometaphern).
      Ich schrieb "es ist möglich", nicht dass es immer so ist, und dann habe ich von meiner Beziehung zu meinem Mann geschrieben.
      Das ist dann keine Ansichtssache mehr. Möglich ist es, auch wenn du es mit deiner Sub anders machst.

      Einen anderen Menschen als Menschen und nicht als Mittel zu sehen ist nicht mal eine Frage des Machtgefälles innerhalb einer BDSM-Beziehung. Das kriege viele Vanillas ganz wunderbar hin ihren Partner/ihre Partnerin zu instrumentalisieren. Und auch Subs sehen Dom nicht unbedingt als Zweck, sondern gerne mal als Mittel zu Erfüllung ihrer eigenen Bedürfnisse. Das kann man geschickt tarnen.

      Ich kenne das aber eben auch anders in Beziehungen zwischen Dom und Sub.

      Und dann ist da noch die Selbstsicht von Sub auf sich selber.
      Und da kann ich ganz klar sagen, dass ich mich nicht als reines Werkzeug für Doms Interessen sehe.

      Grüße

      Dina
      Stimmt schon @Sanctuare. Wenn eine Beziehung zerbricht, dann kann es übel ausgehen. Sind verletzte Gefühle im Spiel, dann wird leider oft mit unfairen Mitteln gekämpft. Mag gut sein, dass eine BDSM-Beziehung da mehr "Angriffsfläche" bietet. Aber wie will man sich da von vornherein schützen? Viel mehr, als Absprachen zu treffen und auf deren Einhaltung zu vertrauen, kann man doch da kaum.