The Danish Girl oder Vom Anders-sein

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      The Danish Girl oder Vom Anders-sein

      Seit zehn Tagen im Kino, gestern hab ich ihn gesehen - "The Danish Girl", den Film nach der Lebensgeschichte von Lili Elbe, die sich als eine der ersten geschlechtsangleichenden Operationen unterzog. Elbes Geschichte ist abenteuerlich. Der Film kommt dem sehr nahe.

      Obwohl sich der Film vordergründig auf die Transgender-Problematik bezieht, hatte ich sehr schnell das Gefühl: Das Thema ist viel viel weiter gefasst und hat unabhängig davon eine ungeheure Aktualität. Weil es nämlich im weitesten Sinne ums Anders-sein geht. Ein Anders-sein, das nicht richtig greifbar ist, das schmerzt, weil es zerstört, das Toleranz verlangt und doch oft selbst keine Toleranz zeigen kann. Das Kraft braucht und Kraft hervorbringt. Kraft, das Anders-sein auszuhalten, und Kraft, es zu tolerieren. Ein Kreislauf.

      Ich saß also im Kino und musste die ganze Zeit daran denken, dass es auch vielen BDSMlern so geht wie Lili. Sie haben das Gefühl, innerlich jemand anderes zu sein, als sie es nach außen zeigen (können). Sie erleben Intoleranz, Unverständnis, fühlen sich nicht akzeptiert oder wie der berühmt-berüchtigte bunte Hund. In einem Moment zweifeln sie an sich, im anderen sind sie absolut überzeugt. Und mit der Zeit (des inneren Outings) wird es immer schwerer, in den alten maskenhaften Zustand für die Außenwelt (und manchmal sogar für enge Vertraute, den Partner etc.) zurückzukehren.

      Hab nur ich das so empfunden oder gibt es unter euch jemanden, der ähnliche Gedanken hatte, als er im Kino saß?

      All jenen unter uns, die nicht mehr wissen, wie sie ihr Anders-sein dem Partner oder engen Freunden erklären sollen, denen die Argumente ausgegangen sind, die manchmal schon verzweifeln wollen und sich fragen 'Bin ich wirklich so oder bilde ich mir das nur ein?' kann ich nur empfehlen: Schaut euch diesen Film an. Er gibt viele Impulse für neue zielführende Gespräche :)
      Liebe @Vicky

      Danke für deinen tollen Bericht über den Film. Und auch Deine Gedanken dazu. Ja auch ich habe diese Erfahrung vor vielen Jahren müssen. Sich erklären zu müssen und auf Ablehnung zu stoßen, jetzt nicht im Sinne von Geschlecht, Sexualität o.ä. sondern im Bereich meiner Behinderung. Äußerlich nicht auf Anhieb zu sehen aber dennoch in Bereichen meines Jobs sehr eingeschränkt. Es war oft die Hölle...

      Liebe Grüße

      Miss C
      Mich hat dieser Film auch besonders deshalb so berührt, weil ich die Diskussionen ums Anders-sein seit über einem Jahr mit meinem Partner führe. Wir haben uns diesen Film gestern zusammen angeschaut. Die Idee dazu kam nicht von mir. Wir hatten beide Interesse daran - Regisseur Tom Hooper steht einfach für gutes Kino. Er hat auch den sehr einfühlsamen "The King's Speech" gemacht.

      Wie auch immer - als ich dann hinterher meinte, mit BDSM wäre es ähnlich, man könne das nicht einfach abstellen, es wäre da, vielleicht nicht logisch oder nachvollziehbar erklärbar, aber eben da, hat uns das beide irgendwie ... erschreckt? Nein, das ist nicht das richtige Wort, aber schon seeehr nachdenklich gestimmt.
      Danke für den schönen Bericht .
      Ich werde ihn mir auf jeden Fall noch ansehen.
      Nie gezählte Tage liegen hinter dir,
      in denen der Moment, so oft,
      so wichtig für dich war.
      Es ist doch dein Traum,
      mit dem du diesen Weg gegangen bist,
      deine Gefühle, die dich haben glauben lassen
      und deine Sehnsucht, die dich noch immer
      nicht zu Ruhe kommen lässt.
      Es ist noch immer dein Weg,
      der zu dir gehört.
      Fang dir deine Träume - Staubkind.
      Hallo Vicky,

      ich hab den Film gesehen, mir hat er auch sehr gut gefallen. Die Gedanken, die du schilderst, kamen mir während dem Film auch.

      Ich finde es auch manchmal schwer, mich im Alltag zurechtzufinden und trotzdem nicht so viel preiszugeben. Denn eigentlich sagt man sich doch "Ich bin wer oder was ich bin und das ist okay so", aber dann stellt man sich im nächsten Moment die Frage, wenn es okay ist, warum darf ich es dann nicht zeigen? Schon irgendwie eine Zwickmühle -- auch für das Selbstbewusstsein. Und dann lässt man doch ausversehen mal einen bdsm-lastigen Kommentar fallen und schon steht man in Generalverdacht und um sich und seinen Partner zu schützen muss man im schlimmsten Fall lügen und sich verleugnen. Insofern fand ich Lili wirklich mutig in ihrem Verhalten.

      Also ja, gewisse Parallelen zum Film sind vorhanden, wobei ich für mich persönlich schon noch Unterschiede gesehen habe. ;)

      Trotzdem, der Film wirklich zu empfehlen! Auch "The King's Speech" ist einfach genial gemacht! :)

      Vicky schrieb:

      All jenen unter uns, die nicht mehr wissen, wie sie ihr Anders-sein dem Partner oder engen Freunden erklären sollen, denen die Argumente ausgegangen sind, die manchmal schon verzweifeln wollen und sich fragen 'Bin ich wirklich so oder bilde ich mir das nur ein?'
      Lieben Dank für deinen Kommentar, @Vicky :)
      Ich kann für mich allerdings aus tiefster Überzeugung sagen, dass ich zwar quasi schon immer von meinem anders-Sein wusste, das aber nie als störend empfand. Und ich spürte auch nie ein tiefes Verlangen, mich irgendjemandem deswegen zu offenbaren. "Es" gehört(e) zu mir, zu meiner Persönlichkeit. Und damit bin ich absolut im Reinen ... Und ja - ich kokettiere mit dem bdsm-Thema dann und wann, aber ich gehe nicht damit hausieren.
      Ich finde niemand sollte Angst haben so zu sein wie er ist.
      Leider ist es aber in der Regel anders.
      Ich erinnere mich als mein Obkel sich als schwul geoutet hat, was haben die Leute geredet.
      Mir war das egal - war ja immer noch er - oder besser war noch mehr er.

      Ich frage mich wo beginnt anders sein und wo endet es?
      Also bin ich anders weil ich im Bett devot bin?
      Bin ich anders weil ich einfach so bin wie ich bin?

      Eigentlich nicht.

      Mhm...

      Aber ich wurde in der Schule gemobbt, also war ich wohl doch anders...
      Ich war gut übergewichtig- da lästern die Menschen ....
      Also wohl auch anders.

      Heikles, zum denkenden anregendes, wichtiges und interessantes Thema.
      ...
      „Der leere Wunsch, die Zeit zwischen dem Begehren und dem Erwerben des Begehrten vernichten zu können, ist Sehnsucht.“

      Immanuel Kant