Die Schwierigkeit mit der Dominanz?

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      Die Schwierigkeit mit der Dominanz?

      Im Grunde kenne ich mich auf der devoten Seite viel besser aus und trotzdem viel mir in einigen Gesprächen etwas auf, an das ich viel zu selten denke, nämlich an den dominanten Part in dieser Beziehungsform. Wir sprechen so oft von der Hingabe, dem Geschenk, dass Dom gemacht wird aber gibt sich nicht auch der dominante Part hin?

      Muss er nicht genauso vertrauen können um seine Erziehung durch Eltern und Gesellschaft, ja eigentlich um Grundsätze dieser Gesellschaft über Bord werfen zu können und sich dem hinzugeben was ihn/sie glücklich macht?

      Geht nicht auch der dominante Part über seine eigenen inneren Grenzen?

      Ich muß ehrlich sagen, dass stelle ich mir unheimlich schwierig vor. Wie ist das für euch diesen Schritt über gesellschaftliche und anerzogene Grenzen zu gehen?

      Sollte es so eine Frage schon geben, dann bitte löschen.
      Zur Hingabe als "Geschenk" gibt es einen schönen Thread, schau mal : Das Geschenk

      Ansonsten, für mich ist alles, absolut alles ein Geben und Nehmen in allen Bereichen, Aktion und Reaktion, gemeinsames Interagieren auf allen Ebenen des Seins, sich gegenseitig Ergänzen und Vervollständigen.

      Es gibt für mich nichts, was tatsächlich einseitig verläuft, auch nicht in einem asymmetrischen Beziehungsgefüge.
      Grenzen werden von und auf beiden Seiten erreicht und überschritten, bestenfalls gemeinsam, aber auch nacheinander als Aktion und Reaktion, ob im eigenen Innersten, innerhalb der Beziehung oder nach Aussen.

      Ich sehe hier keine grösseren Schwierigkeiten in einer der Neigungsrichtungen.
      Habe ich deine Frage evtl missverstanden?


      Wir haben zwei Leben. Das zweite beginnt, wenn du erkennst, dass du nur eins hast.
      ~ Mario de Andrade :coffee:
      @greta85, danke für den Thread...

      Wenn ich dich richtig verstehe, dann ist es tatsächlich genau das, was ich an BDSM so schön finde und was mir so viel gibt. Nicht, dass ich mich hingebe oder etwas gebe - das ist der erotische Kick daran, aber nicht das Wichtigste für mich.

      Richtig glücklich macht mich, gezeigt zu bekommen, wie viel mir der dominante Part zutraut. Dass ich eben trotz zierlichem Körper nicht kaputt geh, wenn man mich haut, und dass ich mental stark und reflektiert genug bin, Spiel von Ernst zu unterscheiden bzw. den grundlegenden Respekt zu erkennen, während er demütigende Dinge mit mir ausleben darf. Das ist ein riesiges Kompliment für mich, das schönste, das ich mir vorstellen kann. BDSM mit mir ausleben kann er nur darum, weil er es mir zutraut, stark und ehrlich genug zu sein, dass ich all das "wirklich will" und es sonst sofort sagen würde, wenn nicht. Und ich freu mich, dass ich diese Vertrauenswürdigkeit ausstrahle, dass Männer mit diesen Regeln und Korrektheiten in meiner Gegenwart brechen dürfen, sich vor mir zu outen und dass sie sich trauen, "trotzdem" eine schwächere Frau zu schlagen und das auch noch erregend zu finden :) denn das ist doch sicher nicht leicht, besonders für den (männlichen) Top...

      Und diese andere Seite, die du ansprichst, interessiert mich darum sehr. Ich genieße die seltenen Momente, in denen sie sich darüber mal äußern und mir zu verstehen geben, welcher Schritt das für sie ist und wie gern sie ihn mit mir zusammen gehen :)

      Freudenschwalbe schrieb:

      Richtig glücklich macht mich, gezeigt zu bekommen, wie viel mir der dominante Part zutraut. Dass ich eben trotz zierlichem Körper nicht kaputt geh, wenn man mich haut, und dass ich mental stark und reflektiert genug bin, Spiel von Ernst zu unterscheiden bzw. den grundlegenden Respekt zu erkennen, während er demütigende Dinge mit mir ausleben darf. Das ist ein riesiges Kompliment für mich, das schönste, das ich mir vorstellen kann. BDSM mit mir ausleben kann er nur darum, weil er es mir zutraut, stark und ehrlich genug zu sein, dass ich all das "wirklich will" und es sonst sofort sagen würde, wenn nicht. Und ich freu mich, dass ich diese Vertrauenswürdigkeit ausstrahle, dass Männer mit diesen Regeln und Korrektheiten in meiner Gegenwart brechen dürfen, sich vor mir zu outen und dass sie sich trauen, "trotzdem" eine schwächere Frau zu schlagen und das auch noch erregend zu finden :) denn das ist doch sicher nicht leicht, besonders für den (männlichen) Top...
      Du hast es geschafft etwas zu formulieren, was ich auf Dom-Seite als Empfangende (also diejenige, die Dominanz empfängt) als wunderbar empfinde, aber nie in Worte hätte kleiden können. Aber genau DAS trifft es für mich und mein Gefühl auf den Punkt. Und ich weiß, dass mein Herr es ebenso empfindet.

      Das ist auch für mich der gebende Aspekt von Dominanz. Nicht die Führung an und für sich, nicht die Schmerzen an und für sich und auch nicht die Erniedrigung an und für sich, sondern genau DAS - dieses Vertrauen und Zutrauen in mich als Menschen und damit auch in ihn als meinen Herrn - als dem Ganzen übergeordnet und in wechselseitiger Verbindung zweier gebender Individuen.

      Ich rede im Übrigen immer ungern vom Geben und Nehmen, sondern bezeichne Beziehungspartner/Spielpartner Lebens- sowie Sexualpartner immer gern als Gebende; und zwar Beide.
      Geben und Nehmen hat für mich immer einen ungesunden, asymmetrischen Dynamikbeigeschmack.
      “Everything has been figured out, except how to live.” (Jean-Paul Sartre)

      greta85 schrieb:

      Wir sprechen so oft von der Hingabe, dem Geschenk, dass Dom gemacht wird aber gibt sich nicht auch der dominante Part hin?
      Aus meiner Sicht bringe ich meiner Sub, genauso Hingabe entgegen, wie Sie mir. Ich persönlich habe meinen Subs, sogar mitunter mehr vertraut als ich mir selbst. Ihnen mehr zugetraut, als ich mir zugetraut habe.
      Im besten Fall, hat Sub auch mir vertraut und durch dieses Vertrauen meiner Sub in mich, konnte ich meine Grenzen überschreiten. Grenzen die mir durch Erziehung und die Gesellschaft vorgegeben sind/waren. Die aber gegen das Ausleben meines/unseres BDSM sprechen.
      Und auch heute noch ist es für mich jedesmal wieder schwer.
      Eine Frau zu schlagen, die ich liebe, auch wenn wir beide es mögen und gerne haben.
      Konsequent zu sein und den "bösen" Dom zu spielen, auch wenn ich es nicht will.
      Die Schuldgefühle für meine "perversen" Neigungen, in Selbst-Akzeptanz umzuwandeln.

      Es ist wie in jeder Beziehung ein ständiges Wachsen, ein sich näher kommen, sich vertrauter werden, unterstützen und ich als Dom habe genauso meinen Teil dazu beizutragen. Im Gegenzug erhalte ich auch meinen sicheren Raum mich mit ihr zu entfalten, mir ihr und an ihr zu wachsen. Sowie an der Beziehung von uns.
      In unserer hektischen Welt muss man gelegentlich innehalten,
      um sich in aller Ruhe etwas Unanständiges auszudenken.
      :coffee:
      B. Traven

      greta85 schrieb:

      (....)

      Muss er nicht genauso vertrauen können um seine Erziehung durch Eltern und Gesellschaft, ja eigentlich um Grundsätze dieser Gesellschaft über Bord werfen zu können und sich dem hinzugeben was ihn/sie glücklich macht?

      Geht nicht auch der dominante Part über seine eigenen inneren Grenzen?

      Ich muß ehrlich sagen, dass stelle ich mir unheimlich schwierig vor. Wie ist das für euch diesen Schritt über gesellschaftliche und anerzogene Grenzen zu gehen?

      (....)


      Ich finde, Du sprichst hier ganz wichtige, wesentliche Punkte an. Ich kenne dieses Gefühl selber.
      Man hat seinen moralischen Kompass. BDSM tritt stärker in das Leben, und man erlebt, die eigentlichen Grenzen, die jetzt gelten, sind die Grenzen und Tabus der Sub. Und diese liegen bzw. lagen zunächst weit über dem, was ich so ohne weiteres umgesetzt hätte.

      Dazu kamen dann die eingeübten Verhaltensweisen und Regeln der Vanillawelt, die für sich genommen gut gemeint und im entsprechenden Kontext auch sinnvoll sind: Man entscheidet gleichberechtigt, tut sich nicht weh, ist allgemein als Mann „lieb“. Überspitzt formuliert. Das steckt einfach erst einmal tief in einem drin.

      Ich nehme mir Zeit. Eskaliere nach und nach. Bin mir meiner Macht und meinen Möglichkeiten bewusst. Genieße jetzt Dinge, bei denen ich mich noch vor ein paar Monaten schwer getan habe. Ja, wo es trotz „Wollen“ zunächst physisch nicht funktioniert hatte. Positive Rückmeldung ist dabei, wie meine Sub es annimmt, aufsaugt, braucht. Es sie schon mal zum fliegen bringt, es andererseits auch mir Freude bereitet, sie einfach für mich „benutzen“ zu können. Weil es gut ist und gewollt ist, von uns beiden.

      Kommunikation vorher, während, und nachher. Ohne es kaputtzuquatschen. Und das dabei wachsende Vertrauen, so „richtig“ zu sein. Das hilft mir diese Grenzen und Sperren zu überwinden.

      Freudenschwalbe schrieb:

      Und ich freu mich, dass ich diese Vertrauenswürdigkeit ausstrahle, dass Männer mit diesen Regeln und Korrektheiten in meiner Gegenwart brechen dürfen, sich vor mir zu outen und dass sie sich trauen, "trotzdem" eine schwächere Frau zu schlagen und das auch noch erregend zu finden denn das ist doch sicher nicht leicht, besonders für den (männlichen) Top...
      Ich kann natürlich nur für mich sprechen und bin im Ausleben meiner Neigungen sicher kein repräsentativer Dom im Sinne des BDSM, weil ich zum Einen auch innerhalb der Beziehung kein 24/7 lebe, zum Anderen je nach Lust auch gern mal die Rollen tausche... Insofern ziehe ich meine Erregung nicht ausschließlich aus der jeweiligen Rolle oder Spielart, sondern einfach aus dem erleben der Situation und auch der Lust meiner Partnerin.

      Eine schwächere Frau zu schlagen ist für mich auch kein "Tabubruch", den ich mich erst zu überwinden trauen müsste, denn in dieser Welt existieren für mich keine "gesellschaftlichen" Regeln, sondern nur die der Anwesenden.
      Ich weiß daher, wenn es dazu kommt, will sie es auch.

      Das Gefühl der Machtausübung und Kontrolle in Verbindung mit Sexualität macht dabei für mich einen Teil des Reizes aus.
      Die Faszination des Besonderen liegt für mich jedoch darin, das die scheinbar unvereinbare Kombination aus Liebe und Gewalt in unserer Gemeinsamkeit doch einen Weg findet.

      Für mich beweist sie mir ihre Vertrauenswürdigkeit nicht dadurch, dass sie mich mit gesellschaftlichen Regeln brechen lässt, sondern sie lässt mich meine eigene Vertrauenswürdigkeit erfahren,
      indem sie mir freiwillig diese Macht über sich gibt, in dem Vertrauen, dass ich ihre Grenzen nicht überschreite.

      Dieses Gefühl in Verbindung mit meiner dominanten Seite kenne ich im Job nicht, denn da ist es erzwungen und eben "nur" der Position geschuldet.