Passend zu eurem Nachmittagskaffe oder -tee an diesem Sonntag, der seinem Namen alle Ehre macht, gibt es hier nun
Platz 3 des Geschichtenwettbewerbs.
Unfassbar knapp ist diese Geschichte nur hinter Platz 2 gelandet und hat absolut zurecht einen Platz auf dem Treppchen ergattert.
Platz 3 des Geschichtenwettbewerbs.
Unfassbar knapp ist diese Geschichte nur hinter Platz 2 gelandet und hat absolut zurecht einen Platz auf dem Treppchen ergattert.
Geschrieben wurde sie von
@dreamscometrue
und trägt den Titel
"Francine im Regen".
Herzlichen Glückwunsch an @dreamscometrue und allen anderen viel Spaß beim Lesen wünscht euch die gesamte Jury.
Francine im Regen
Musik Inspiration: „Agnes Obel – The Curse“
Francine tanzte. Tanzte barfuß im Regen, zu einer Melodie, die nur sie hörte. Das weiße Sommerkleid pitschnass, anliegend, durchsichtig. Die rosa Brustspitzen lockten. Ich wollte ihr das Kleid herunterreißen. Was hinderte mich? Nichts. Doch! Dieser Augenblick, der mich den Alltag vergessen ließ. Sie war jung, wild und frei. Alles was ich nicht mehr war und doch war sie hier. Hier bei mir und hüpfte mit einer Ausgelassenheit, die nur der Jugend innewohnte, durch die Dünen, während ich mir die nassen, grauen Haare aus dem Gesicht strich. Dieses Gefühl in meiner Brust, es passte nicht. Gerade als ich sie zur Raison bringen wollte, lachte sie ausgelassen:
„Monsieur, wie schön es hier ist! Das Meer, das Standhaus, dann noch ein ganzes Wochenende mit dir alleine, selbst der Regen ... Ich bin glücklich!“
Ihr Gesicht strahlte mit einer Unschuld, die mich schon vor Monaten, einer Lawine gleich, in ihren Bann gezogen hatte und mich seitdem nicht mehr losließ. Wäre es anders, hätte ich unsere Arrangement beendet, denn sie war ein Wirbelwind in meiner kontrollierten Welt. Das Schicksal hatte mir mit ihr einen Ball zugeworfen, mit dem ich nicht gerechnet hatte.
„Francine, komm her!“
Folgsam blieb sie vor mir stehen, sah mich mit ihren stürmisch-blauen Augen an, bekämpfte ihr jugendliches Ungestüm und machte sich dadurch umso begehrenswerter.
„Du hast mich verzaubert, meine kleine Sirene“, sagte ich mit rauer Stimme. „Wäre ich auf hoher See, würdest du mich mit deinem Gesang in den Abgrund ziehen?“
Ich drehte mich zum Atlantik, eine Windböe trug das Salz an meine Lippen. Die weiße Gischt in der brechenden Brandung – wild und ungestüm, wie Francine. Sie lächelte. Ich wusste es, obwohl ich es nicht sah, hörte es an ihrer Stimme.
„Natürlich, Monsieur.“ Sie nahm meine Hand, löste die verkrampften Finger. Mein Blick wollt der Naturgewalt nicht weichen, der Verführung widerstehen. Ihr Atem streifte mein Ohr, flüsterte mir zu: „Hinab bis zum Meeresgrund, mein Gebieter. Dort betten wir uns nieder, ins weiche Algenbett, lassen uns sanft von der Strömung wiegen. Sehen ins Licht, das an die Oberfläche lockt, hinweg vom unendlichen Blau. Hören den Gesang der Schweinswale, sehen die Delphine tanzen.“
Ich schloss die Augen. Ein Fehler, denn ich konnte nicht entliehen, sah das Gesagte deutlich vor mir.
„Schluß!“, rief ich, nicht sicher, wem die Ermahnung galt. Wütend drehte ich mich zu ihr, zur Zauberin, packte ihr Oberarme, sodass sie erschrocken aufkeuchte, presste meine Finger in das weiche Fleisch, wusste, dass sich die zarte Haut lieblich färben würde. Francine, wusste es auch. Sie stöhnte, bog sich dem Schmerz entgegen, bot mir ihren schutzlosen Hals dar. Bevor ich der Aufforderung nachkommen konnte, riss ich ihr endlich das Kleid vom Körper.
„Monsieur!“, protestierte sie gespielt.
Nackt, wie sie war, war es, als ob selbst der Himmel ein Einsehen hatte, dass der Regen ihr nicht mehr gerecht wurde. Ein warme Brise kündigte die Sonnenstrahlen an. Ihr blasser Hals lockte, bis ich nicht mehr widerstehen konnte und hinein biss, sie markierte.
„Wem gehörst du?“
„Dir, Monsieur.“
Ihr ergebener Blick, machte mich rasend, obwohl ich ihn verlangte. Es war zu perfekt! Ich wollte sie zerstören und mich gleichzeitig in ihr vergraben, deshalb war meine Stimme harsch:
„Geh ins Haus und erwarte mich, wie es dir zusteht!“
Ein zaghaftes Nicken, begleitet von einem Lächeln, war ihre Antwort.
„Ich habe nichts gehört, das hat ein Nachspiel“, drohte ich.
Sie kicherte, lief davon und rief mir über ihre Schulter hinweg zu: „Ich weiß, Monsieur, ich weiß!“
Ich schüttelte den Kopf. „Was soll ich bloß mit dir anstellen, Francine?“, fragte ich das Nichts und meinte damit nicht die Bestrafung, die in absehbarer Zeit folgen würde. Sie hörte mich nicht mehr, war schon beim Strandhaus, drehte sich um und winkte frech.
Entgegen meiner Art, empfand ich eine kindliche Übermut, deshalb war es nicht verwunderlich, als ich die Hand hob. Dabei fiel mir auf, dass ich noch immer die Überreste ihres Kleides in der Hand hielt. Wind kam auf und ich bemerkte, wie sich der nasse, schwere Stoff bewegte. Wie konnte das sein? Ich ließ los und sah ungläubig dabei zu, wie das Kleid, einer weißen Taube gleich, davonflog, dem Atlantik entgegen. War es Einbildung oder hörte ich Francine lachen? Ich drehte mich zu ihr. Trotz der Entfernung, sah ich ihre Augen unnatürlich blau aufblitzen, bevor sie im Haus verschwand. Ich drehte mich wieder zum blauen Horizont. Nichts. Was war geschehen? Hatte ich mir das alles eingebildet?