Beziehungen ohne BDSM

      Beziehungen ohne BDSM

      Seit meiner Pubertät hab ich mich über die Leidenschaft gewundert, die meine Freunde in intimen Beziehungen erleben. Mit 20 hab ich meinen ersten Freund kennengelernt, der heute mein Mann ist, und mich in ihn verliebt. Ein paar Monate haben wir neben Liebe nicht viel anderes gemacht. Aber soooooo die Extase, wie ich sie aus den Erzählungen meiner Freunde kannte, war da nicht. Ich hab gedacht, ich sei einfach weniger erregbar. Dass ich die höchsten Gefühle auf der sexuellen Ebene nicht erleben kann. Dass Sexuelles mir grundsätzlich nicht mehr bedeutet als: Macht Spaß und fühlt sich schön an. Seit einigen Jahren weiß ich, dass ich durchaus sexuelle Extase empfinden kann: Im BDSM-Kontext. Ich glaube, ich mache durch BDSM Erfahrungen, die sich meinen Freunden auf anderen Wegen eröffnen.

      Viele BDSMler brauchen anscheinend einen Partner, der die eigene Neigung passend ergänzt, um einen glücklichen Beziehungsalltag erleben zu können. Das ist bei mir nicht so. Ich hab z.B. keinen Grund, mich meinem Mann gegenüber weniger feinfühlig zu verhalten als gegenüber dem Engel. Über das, was in mir vorgeht, halte ich beide auf dem Laufenden. Um mich offen mitzuteilen und sensibel zuzuhören, brauche ich kein BDSM. Herr Irrlicht auch nicht. Was er möchte und was nicht, sagt er mir deutlich und er erwartet, dass ich seine Bedürfnisse ernstnehme und mich entsprechend verhalte. Das kommt meiner Neigung entgegen, hat aber für mich nichts mit DS zu tun. Ihm gegenüber verhalte ich mich genauso. Für mich gehört das zu einer lebendigen Beziehung. Es ist mir ein Rätsel, wie man es schaffen kann, jahrzehntelang glücklich zusammen zu sein, ohne klar zu kommunizieren und sich gegenseitig in jeder Hinsicht ernstzunehmen. Egal ob mit oder ohne BDSM.
      Die Freude über den Alltag mit meinem Mann wiegt seit vielen Jahren das in sexueller Hinsicht fehlende i-Tüpfelchen der Extase mindestens auf. Ich bin krass dankbar dafür, dass ich mit diesem Mann eine erfüllende Beziehung leben kann, obwohl er meine Neigung nicht ergänzt. Könnte ich nur mit DS lieben, müsste ich das so annehmen, mit allen Konsequenzen. Das würde ich als naturgegebene Begrenzung meiner Möglichkeiten ansehen. Einen Vorteil würde ich darin nicht sehen.

      Ich glaube, es gibt BDSMler, die bei Nicht-BDSMlern noch nie was von krasser Verliebtheit, intensiven Beziehungen oder extatischem Sex mitbekommen haben. In welchen Kreisen muss man verkehren, um von so etwas nichts mitzubekommen? Was sind das für Menschen, mit denen man sich umgibt, wenn die alle tatsächlich noch nie sexuelle Extase erlebt haben, oder noch nie derbe verliebt waren? Wie muss ein Umfeld aus Nicht-BDSMlern ticken, wenn es darin keine einzige langjährige, intensive, innige Beziehung gibt, oder wenn darin noch niemand eine Phase verheerenden Liebeskummers erlebt hat?
      Ich brauche pulsierendes Leben um mich. Leute, die wissen, wie es sich anfühlt, wenn ein Herz massiv pocht oder blutet. Menschen mit generell lauwarmen Gefühlen wären wahrscheinlich nicht meine Freunde geworden, oder nicht so langfristig geblieben.
      Selbst wenn man persönlich keine richtig glücklich verbandelten Menschen oder leidenschaftlich Liebenden kennt... Müsste nicht ein Blick in die Literatur, ein Eintauchen in die Musik, in die bildenden Künste und manche Nachrichten reichen, um zu erkennen, dass es alle Sorten menschlicher Zuneigung auch ohne BDSM-Komponente geben kann - bis hin zur Extase und auch bis hin zur potentiell vernichtenden Abhängigkeit vom Partner?

      Frl. Irrlicht schrieb:

      Ich glaube, es gibt BDSMler, die bei Nicht-BDSMlern noch nie was von krasser Verliebtheit, intensiven Beziehungen oder extatischem Sex mitbekommen haben. In welchen Kreisen muss man verkehren, um von so etwas nichts mitzubekommen? Was sind das für Menschen, mit denen man sich umgibt, wenn die alle tatsächlich noch nie sexuelle Extase erlebt haben, oder noch nie derbe verliebt waren? Wie muss ein Umfeld aus Nicht-BDSMlern ticken, wenn es darin keine einzige langjährige, intensive, innige Beziehung gibt, oder wenn darin noch niemand eine Phase verheerenden Liebeskummers erlebt hat?
      Ich habe nachgedacht, :gruebel: .
      Und nein... ich habe im Vor-BDSM-Freundes- und Bekanntenkreis (der mein alltäglicher realer Freundes- und Bekanntenkreis ist) tatsächlich nie etwas von krasser Verliebtheit, intensiven Beziehungen oder extatischem Sex mitbekommen.
      Denn in den Kreisen, in denen ich mich bewege, wird so etwas nicht erzählt. Gerade das mit dem Sex!
      Das ist schlicht und einfach kein Thema. Man bewahrt irgendwie immer die Contenance. Auch unter Freunden.
      Die meisten habe ich schon als Paar kennengelernt. Manche trennen sich und bekommen einen neuen Partner. Aber in der Öffentlichkeit wird auch dann nicht einmal Händchen gehalten oder geküßt.
      Keine Ahnung, warum.
      Verheerenden Liebeskummer? Auch noch nie mitbekommen. Gibt es auch nicht nach außen hin. Wut, ja, wenn ein Partner den anderen betrügt. Aber so richtig schlimmen Kummer? Nein.
      Ich erinnere mich da nur sehr vage an den einer Tante, als ich Kind war...

      Das sind iü ganz normale Kreise. Mittelschicht. Durchschnitt der Bevölkerung, würde ich sagen. Von Handwerkern bis Akademikern mit Doktortitel alles dabei.
      Ich habe mir nie Gedanken darüber gemacht.
      Ist das denn wirklich normal, so etwas direkt real mitzubekommen? Halten nicht die meisten das eher nach außen hin geheim? :gruebel:
      "Wir streben mehr danach, Schmerz zu vermeiden als Freude zu gewinnen" Sigmund Freud
      Na ja, ich bitte um Nachsicht für die mit "lauwarmen Gefühlen". Nicht jede(r) ist willens oder in der Lage sich zu offenbaren.

      Aber vielen Dank für diese Gedanken, die ich als Wandlerin zwischen den Welten im Wesentlichen unterschreibe. Auch wenn ich immer wieder die vermeintliche Grenze zwischen BDSM und Nicht-BDSM überwunden wissen wollte. Es gibt sie meiner Meinung nach nicht. Wir schaffen sie uns, und bauen sogar von dieser Seite her fleissig daran mit.
      Ich behaupte, dass wir hier wie da dieselben sind. Dass unsere Beziehungen hier wie da aus denselben Gründen wachsen oder scheitern.
      "Verheerenden Liebeskummer" z.B. kenne ich von da wie auch nun hier. Das hat aber eben mit mir zu tun, und nicht mit einer meiner Neigungen.
      Ich kenne verheerenden Liebeskummer und ekstatischen Sex auch von Nicht-BDSMlern. Ich glaube, diesbezüglich gibt es keinen Unterschied.

      Von verheerenden Liebeskummer habe ich öfter gehört, ekstatischer Sex weniger. Allerdings reden Nicht-BDSMler auch tendenziell weit weniger offen über Sex im allgemeinen, sodass sie Statistik aus der eigenen Pauderrunde starkt verzerrt ist.

      Hin und wieder habe ich bei Vanilla-Paaren auch schon von ekstatischem Sex gehört ohne, dass jemand darüber geredet hat.
      Wenn man Liebeskummer hat, dann kommt da ja kein Neid auf. Auch "Leistungsvergleiche" sind da eher unpassend. Und man ist alleine in dem Moment und will vielleicht sogar Hilfe. Vermutlich hört man darum mehr von Liebeskummer als vom ekstatischen Sex-Glück. Die vom Kummer geplagte Person hat schon verloren, der Rest verliert nichts dabei, sich um die Person zu kümmern, im Gegenteil.

      Was jemand als ekstatisch für sich definiert, kann je recht unterschiedlich sein. Niemand lernt von den Eltern oder aus der Schule, was "normale" Ekstase wäre. Und was guter Sex ist, definieren auch nur die, die gerade Sex haben, für sich. Vielleicht ist das auch nicht das Schlechteste. Wenn zwei (oder mehr) zufrieden mit ihrem Liebesleben sind, was brächte es ihnen zu wissen, dass z.B. 70% der gleichaltrigen heterosexuellen Paare, besseren Sex zu haben und ekstatischer zu sein? Oder wäre Ekstase noch so toll, wenn man wüsste, das 80% aller Leute genauso ekstatisch sind - auch diese stinklangweiligen Leute aus der Nachbarschaft?
      Ich persönlich unterhalte mich gerne mit Leuten vom Stammtisch über sexuelle Erfahrungen. Aber auch das ist eher BDSM-"technisch", um Verbesserungspotenzial zu finden, Ideen zu bekommen, was man dann zu zweit ausprobieren kann. Ich vermeide den Ekstase-Vergleich, freue mich aber durchaus, wenn jemand mit seinen Erlebnissen zufrieden ist. Wenn Frau und ich mit unserem Sex glücklich sind, brauche ich nicht mehr zu wissen.
      Mit einer verliebten Frau kann man alles tun, was sie will.
      (Gustav Klimt)

      Feuerpferd schrieb:

      Ich habe nachgedacht, .
      Das probier ich auch mal. Seits net bös, wenns schiefgeht :P

      Also rein subjektiv: Alleine schon dadurch, dass ich hier in diesem Forum gelandet bin, mich austausche, viel chatte nehmen die Themenbereiche Sex, Partnerschaft, Beziehung etc. ja viel mehr meiner Zeit "weg", was den Eindruck erwecken könnte, dass wäre mir wichtiger, als Leuten, die diese Zeit eher mit Netflix oder Spotify verbringen.

      Ohne BDSM wär das bei mir auch so. Alles andere könnte ich bei Bedarf im Freundeskreis besprechen, weil man da soetwa auf dem selben Erfahrungslevel ist.

      Aber dadurch hat sich meine Persönlichkeit doch nicht geändert. Eifersucht, Liebeskummer etc. das kenn ich nun auch von früher und innige Beziehungen und guten Sex haben viele Menschen. Man spricht halt nur seltener drüber, weils a) ja sowieso ein sehr intimes Thema ist und b) das Bedürfnis meist nur da ist, wenn irgendwelche Probleme auftauchen und man sich Rat holen will und dann macht man das weniger in der Gruppe als in Einzelgesprächen mit wirklich vertrauten Menschen.

      Wer Stammtische, Bdsm-Partys oder Treffen besucht und dann noch oft in entsprechenden Foren unterwegs ist, hat da einen anderen Zugang, das Thema ist einfach präsenter als bei den meisten Leuten. :yes:


      Noch ein Gedanke:

      auch rein subjektiv: Die Beziehung als Sub/Dom(se) funktioniert ja auch anders als eine "normale" Partnerschaft, da zumindest im sexuellen Bereich ja immer etwas im Verhalten mitschwingt. Auch wenn es natürlich MEIN Ding ist, wenn ich bei meiner Chefin bin, bin ich immer in der Rolle, als Sub zu gefallen und nach Lust und Laune ausgelifert, immer irgendwie ein sexuelles Objekt.

      Bei meinen normalen Beziehungen war es eher so, dass man grosse Teile des Alltags geteilt hat und dann abends eben miteinander ins Bett gegangen ist (verkürzt :D )
      Ich so: "Warum nehmt Ihr mich nie ernst?!!" ;( Forum so: "Hihi. Der war gut!" :rofl:
      Danke euch fürs Mitdenken! :blumen:

      @Lokipetta, ich kenne und schätze Menschen, deren Gefühlswelt mehr einem stillen See entspricht als dem brandenden Meer. Eine Freundschaft kann ich nur mit jemanden aufbauen und langfristig lebendig halten, der mir ähnlicher ist. Eine Wertung sehe ich darin nicht. Es wär schrecklich, wenn die Welt nicht auch mit Individuen bevölkert wäre, die in jeder Lebenslage ruhig und besonnen bleiben. Ich wollte niemanden abwerten, und wenn es so rüberkam, entschuldige ich mich dafür.

      Vielleicht wird anders deutlicher, was ich meine: Manche entdecken erst durch BDSM, dass es in Sachen Gefühle/Liebe/Sex nicht nur hübsche ruhige Seen gibt, sondern auch einen Ozean, tiefer als jeder See. Wellen, die höher tragen, aber auch zerstörerischer wirken können als alles, das man bisher kannte. Wenn jemand von dieser Erfahrung auf alle anderen Menschen schließt, und denkt, BDSM sei generell der einzige Weg, diesen Ozean zu entdecken... hm, das finde ich total seltsam, und ich frage mich, wie es dazu kommt. Wie es sein kann, dass man von der Bandbreite und Tiefe menschlicher Gefühle außerhalb des BDSM-Kontexts noch nichts mitbekommen hat.
      In @Feuerpferds Beitrag steckt vielleicht eine erste Antwort: Man bewegt sich wohl ausschließlich in Kreisen, in denen vieles nach außen hin und sogar unter Freunden geheimgehalten wird. Und anscheinend nehmen manche an, dass es etwas, über das in ihrer Welt nicht gesprochen wird, generell nicht gibt. Nicht in ihrem Umfeld und auch sonst nirgendwo. Das finde ich kurzsichtig und die möglichen Folgen heikel: Das, was ich als nicht existent betrachte, kann ich nicht respektieren und wertschätzen.

      Frl. Irrlicht schrieb:

      In @Feuerpferds Beitrag steckt vielleicht eine erste Antwort: Man bewegt sich wohl ausschließlich in Kreisen, in denen vieles nach außen hin und sogar unter Freunden geheimgehalten wird.

      Geheim halten? ?(

      Ich gehe jetzt einfach mal von mir aus: Mein Freundeskreis ist nicht riesengroß, aber dafür sind es wirklich gute Freunde. Sehr vertraute Freundschaften, die alle schon viele Jahre bestehen. Im Grunde kann ich mit jedem dieser lieben Menschen über alles reden. Ich kann - muss ich aber nicht. Ich rede mit ihnen über das, worüber ich mit ihnen reden will. Und Sex gehört ganz einfach nicht dazu - und das war auch nicht anders, als ich mit BDSM noch nichts am Hut hatte. Es ist etwas sehr Intimes, was zwischen meinem Partner und mir stattfindet. Das gehört uns. Ich habe gar nicht das Bedürfnis, meinen Freunden davon zu erzählen, was ich doch wieder für geilen Sex hatte und in welchen Sphären ich da manchmal schwebe. Mit geheim halten oder verschweigen hat das überhaupt nichts zu tun. Das Bedürfnis ist bei mir einfach nicht vorhanden. Und davon abgesehen fände mein Partner/Herr es ganz sicher auch nicht toll, wenn ich meinen Freunden, die ihn womöglich auch noch kennen, Details aus unserem Sexleben erzählen würde. Das würde ihm nicht gefallen - und mir umgekehrt auch nicht. Weil es eben etwas zwischen uns ist. Eine kleine Welt, in der nur wir zwei uns bewegen.

      Ich beziehe das alles jetzt nur auf Sex. Mit Verliebtheit, Liebeskummer u. ä. sieht das schon anders aus. Sowas kommt durchaus zur Sprache, z. B. wenn man ein offenes Ohr, Rat oder auch mal tröstende Worte braucht.

      Umgekehrt ist das bei meinen Freunden übrigens genauso. Aber mit Geheimhaltung hat das nun wirklich nichts zu tun.
      Liebe ist nicht alles, aber ohne Liebe ist alles nichts.
      Danke, @Zofe, für die Anmerkung. Geheimhalten war wohl wirklich das falsche Wort. Es sollte vielleicht heißen, dass etwas nicht zur Sprache kommt. Aus welchen Gründen auch immer. Dass man mit seinen Freunden nur das bespricht, was man mit ihnen besprechen will halte ich für selbstverständlich. :blumen:

      Edit: Ich kann nachvollziehen, dass nicht jeder sich seinen Freunden gegenüber so öffnen will, wie ich das von meinen Freundschaften gewöhnt bin. Darum geht es hier doch gar nicht. Und auch ich erzähle nichts weiter, was zwischen mir und meinen Partnern bleiben soll. Das ist für mich eine Selbstverständlichkeit, und für meine Freunde auch.

      Frl. Irrlicht schrieb:

      Edit: Ich kann nachvollziehen, dass nicht jeder sich seinen Freunden gegenüber so öffnen will, wie ich das von meinen Freundschaften gewöhnt bin.
      Bei mir geht es nicht ums Wollen (ich will zu gerne), sondern ums Können.
      Es ginge nicht. Solche Freunde im Nicht-BDSM-Kreis, denen ich wirklich alles erzählen kann, habe ich nicht. Liegt aber vielleicht auch am Alter, :pardon: :old: .
      "Wir streben mehr danach, Schmerz zu vermeiden als Freude zu gewinnen" Sigmund Freud
      Das hast du im Thread zum Thema Outing vor Freunden schon so schön offen beschrieben, @Feuerpferd. :blumen:
      Ich weiß nicht, ob es am Alter liegt und glaube eher, es ist eine kulturelle Sache. Leidenschaftlichkeit und Offenheit gehören nicht unbedingt zu den Kardinaltugenden. :D

      Vertrackt wird es, wenn menschliche Regungen negiert werden. Ich finde es wichtig, dass BDSMler extatischem Sex, euphorischer Verliebtheit, tiefer Liebe und desaströsem Liebeskummer außerhalb des BDSM-Kontexts nicht grundsätzlich die Existenz absprechen. Auch nicht, wenn man davon im eigenen, BDSM-freien-Umfeld noch nie was mitbekommen hat. Verstehst du, was ich meine, @Feuerpferd? @Zofe?
      Ich habe "niemals" in meinem Leben mit irgendwem über Sex geredet. Ich wollte auch nie was über den Sex der anderen wissen. War überhaupt nie in meinem Kopf.

      Vielleicht auch, weil ich weit über 10 Jahre gar keinen Sex hatte.
      Zu der Zeit wusste ich noch nicht mals das es noch was anderes gibt als Blümchensex. Ja, ich hab sozusagen auf einer Insel gelebt.

      Und wenn man nichts über Leidenschaft, andere Sexorientierungen etc. weiss, kann man auch nicht drüber sprechen.

      Das änderte sich erst als ich meine Neigung entdeckte, meine ersten Schritte im BDSM machte und in dieses Forum kam. Das ist erst ein paar Jahre her.

      Ja, ich habe auch erst vor einem Jahr etwas über Tantra erfahren ...wusste ich vorher auch nicht was das ist. Heute eine weitere Leidenschaft von mir ....ein Thema das sehr viel mit Leidenschaft, Lust, Erotik und Extase zu tun hat.

      Also auch BDSMler können durchaus in Lage sein, auch in andere sexuellen Thematiken zu Hause zu sein, es ausleben und integrieren.

      Heute könnte ich mit jedem über Sex reden, will ich aber nicht und wenn, dann nur mit mir auf gleicher Ebene befindlichen Personen.
      Ich komme scheinbar aus einem ähnlichen Umfeld wie @Feuerpferd .
      Aufgewachsen auf einem kleinen Dorf, in dem es 3 verschiedene Kirchen gibt, und innerhalb eines streng christlichen Glaubenskreis.
      Sex ist in diesem Kreis ausschließlich zur Vermehrung gedacht, vor der Ehe sowieso verboten und drüber reden tut auch keiner. Aufgeklärt wurde ich durch Schule, Dr. Sommer und learning-by-doing. :D

      Trotzdem kenne ich das alles, zumindest aus eigener Erfahrung. Den heftigen Liebeskummer bekommt man tatsächlich eher von Anderen zu hören als den extatischen Sex... wobei, "hören" kann man den durchaus manchmal... :whistling:

      Ich würde, wenn ich nur mich als Beispiel betrachte, nicht sagen, dass der Sex in meiner BDSM-Beziehung besser ist. Den besten Sex hatte ich mit einem dominanten Mann, der vehement abstreitet, etwas mit BDSM am Hut zu haben.
      Und auch, was die Tiefe der Beziehung angeht, hatte ich Ähnliches auch schon ohne BDSM.
      Mit dem BDSM-Hintergrund ging es bei meiner aktuellen Beziehung allerdings schneller, und ich reflektiere mehr, hinterfrage mich, uns, und wir reden viel mehr über alles.

      Für mich ist es nicht wichtig, ob BDSM mit hineinspielt oder nicht - die Tiefe und Extase kann man durchaus auch als Vanilla erreichen; es dauert nur vielleicht etwas länger. :D
      Wir haben alle irgendeinen Knacks - der Unterschied ist: bei manchen ist er diagnostiziert... :monster:

      Lilly13 schrieb:

      Aufgewachsen auf einem kleinen Dorf, in dem es 3 verschiedene Kirchen gibt, und innerhalb eines streng christlichen Glaubenskreis.
      Das bin ich zB nicht.
      Keine Kirche, kein Glaube, auf dem Dorf lebe ich zwar auch, aber war nie im Dorfleben eingebunden.
      Themen waren und sind im Grunde nur Small Talk-Themen.
      Richtig ernste Themen werden vermieden.
      Das wurde von mir auch nie hinterfragt.
      Ins Grübeln kam ich im Grunde erst, als mein Vater starb und ich mich dann zu BDSM bekannte.
      "Wir streben mehr danach, Schmerz zu vermeiden als Freude zu gewinnen" Sigmund Freud

      Feuerpferd schrieb:

      Ich habe immer gewusst, dass es das alles gibt.
      So ein starker Satz. <3
      Woher wusstest du es, wenn du so etwas in deinem Umfeld nie mitbekommen hast? Vielleicht aus der Literatur, oder...?

      Lilly13 schrieb:

      Mit dem BDSM-Hintergrund ging es bei meiner aktuellen Beziehung allerdings schneller, und ich reflektiere mehr, hinterfrage mich, uns, und wir reden viel mehr über alles.
      Danke, @Lilly13, für deinen Kommentar! Mich würde interessieren, warum ihr jetzt viel mehr über alles redet. Und warum reflektierst du jetzt mehr? Ähnliche Erfahrungen beschreiben viele BDSMler. Ich kann mich da nur schwer reindenken. Mir ist schon bewusst, dass viele Paare ohne BDSM-Hintergrund wenig Wert auf eine lebendige und wertschätzende Kommunikation legen. Aber warum können manche BDSMler eine solche anscheinend nur im Kontext von BDSM pflegen? Ein offener, gelingender Austausch ist ja nichts BDSM-Spezifisches. Es gibt außerdem auch BDSMler, die Kommunikationsprobleme haben und nicht offen mit ihrem Partner / ihrer Partnerin reden. :pardon:

      Bitte nicht falsch verstehen: Ich habe Respekt vor Paaren, für deren Beziehung BDSM die Rettung war, oder die erleben, dass BDSM ihrem Miteinander eine ganz neue Tiefe schenkt. Mir bedeutet insbesondere DS selbst sehr viel und es prägt mein Leben.

      Mittlerweile glaube ich, dass es mehr polyamore und polygame BDSMler gibt, die in einer glücklichen Beziehung ohne BDSM leben, als es hier im Forum manchmal den Anschein hat.

      Frl. Irrlicht schrieb:

      Woher wusstest du es, wenn du so etwas in deinem Umfeld nie mitbekommen hast? Vielleicht aus der Literatur, oder...?
      Gute Frage... :gruebel:
      Weil ich einfach ein sehr emotionaler Mensch bin, :pardon: .
      Weil ich mich immer danach gesehnt habe, meine Emotionen zeigen zu dürfen, ohne dafür verdammt zu werden (ich wurde als Kind deswegen ständig zurechtgewiesen, so daß ich sie schließlich nur noch im gesellschaftlich erlaubten Maße zeigte).
      Und ja, auch, weil ich durch Medien mitbekommen habe, dass es Menschen gibt, die ähnlich ticken wie ich und ihre Emotionen auch leben.
      "Wir streben mehr danach, Schmerz zu vermeiden als Freude zu gewinnen" Sigmund Freud

      Frl. Irrlicht schrieb:

      Mich würde interessieren, warum ihr jetzt viel mehr über alles redet. Und warum reflektierst du jetzt mehr? Ähnliche Erfahrungen beschreiben viele BDSMler. Ich kann mich da nur schwer reindenken. Mir ist schon bewusst, dass viele Paare ohne BDSM-Hintergrund wenig Wert auf eine lebendige und wertschätzende Kommunikation legen. Aber warum können manche BDSMler eine solche anscheinend nur im Kontext von BDSM pflegen? Ein offener, gelingender Austausch ist ja nichts BDSM-Spezifisches. Es gibt außerdem auch BDSMler, die Kommunikationsprobleme haben und nicht offen mit ihrem Partner / ihrer Partnerin reden.
      Genau darüber mache ich mir auch seit geraumer Zeit Gedanken.

      Ist das nicht eine Henne-Ei-Frage?

      Z.B.: Eine Ehe scheitert vor allem an der Unfähigkeit beider Partner lösungsorientiert zu kommunizieren. Streit, Schweigen. Trennung. Einer der Partner beginnt eine BDSM-Beziehung. Kann BDSM die Lösung sein? Was, wenn beide Partner wieder die gleiche Kommunikationsproblematik mitbringen? Was, wenn einer in der Hinsicht positiven Input einbringt und der andere das dankbar aufgreifen kann. Was war dann die Lösung? BDSM? Oder dass einer kommunikationsfähiger ist? Durch BDSM-Erfahrung?

      Z.B.: Ein Paar ist unzufrieden mit der Entwicklung ihrer Beziehung, besonders in sexueller Hinsicht. Beide machen sich einen Kopf, informieren sich, diskutieren, stoßen auf BDSM (oder umgekehrt), beginnen zu experimentieren, reflektieren gemeinsam, werden immer zufriedener.
      Wie hat das angefangen? Mit BDSM? Mit dem Willen, die Beziehung zu verbessern? Lässt sich das überhaupt trennen?
      Und könnte es nicht auch so sein, dass etwas anderes sie ähnlich erfüllt hätte, z. B. eine gemeinsame Weltreise per Rad? Aber sie kamen halt auf BDSM. Umgekehrt kommen viele auch nicht auf BDSM als Lösung und fahren gut damit.

      Und ist es nicht eine Form der Selbstbeschränkung, wenn sie BDSM als Lösung ihrer Paarprobleme annehmen, und nicht die wunderbare Fähigkeit, mutig ihre Persönlichkeiten weiter zu entwickeln,und das auch noch gemeinsam?
      Ich denke auch nicht, dass BDSM-Beziehungen per se besser sind. Es kommt meiner Meinung nach in erster Linie auf das Kommunikations- und Konfliktverhalten der Beteiligten an. Darauf, wie reflektiert man ist.

      Evtl. entsteht der Eindruck, weil hier im Forum viele Menschen sehr reflektiert sind. Und hier, in der relativen Anonymität eines Forums, ist es vielleicht auch einfacher, sehr intime Dinge (ob in Bezug auf Sex, aber auch aufs Empfinden/die Emotionen/whatever...) preiszugeben und eine Seite von sich zu zeigen, die man sonst vielleicht eher nicht zeigt.

      Ich würde gerne etwas darüber schreiben, wie meine beste Freundin (Vanilla) und ich (leider gar nicht Vanilla und kann damit auch nicht wirklich etwas anfangen) über Gefühle und sexuelle/Beziehungs- Dinge reden, aber ich kriegs heute Abend bei Zustand nach Dienst nicht mehr zusammen....
      „and because you want it, too.“
      „I do“, I whisper. „Never… then … never while“. „I know.“ he says

      Elisabeth McNeill

      Frl. Irrlicht schrieb:

      Mich würde interessieren, warum ihr jetzt viel mehr über alles redet. Und warum reflektierst du jetzt mehr?
      Weil ich es oft gelesen habe, dass man das in BDSM-Beziehungen tut. Total banal, aber das ist ein Grund. :pardon:
      Außerdem redet mein Mann sehr viel und hat das auch gleich von Anfang an eingefordert, nicht nur was BDSM angeht - das spielt in unserer Beziehung eine eher kleine Rolle.
      So hängt alles zusammen: weil ich mehr über das reden muss, was mich bewegt, muss ich mich auch mehr mit mir auseinander setzen.
      Das hat dazu geführt, dass ich mir Gedanken um meinen Gesundheitszustand mache und in den letzten Jahren bei vielen Ärzten war, um endlich mal die Ursache bzw eine Diagnose zu bekommen.
      So wirkt sich BDSM nicht nur auf direkt auf unser Beziehungsleben aus, sondern auch auf mich persönlich.

      Würde ich jetzt noch mal eine Beziehung ohne BDSM führen - oder hätte ich das Wissen von heute vor 5 Jahren gehabt, würde ich das auch auf eine Vanillabeziehung anwenden.
      Sicher gibt es Nicht-BDSMler, die genau so leben, mit guter Reflektion und Kommunikation, aber es scheint doch eher die Ausnahme zu sein.
      Warum habe ich nicht schon früher so gehandelt? :gruebel:
      Vielleicht weil ich das Ausmaß des Schadens nicht erfassen konnte, den "Nicht-reden" anrichtet. Weil es alle so machen; weil mir keiner gesagt hat, dass wir besser reden sollten.
      Daran ist eine wundervolle Beziehung kaputt gegangen... Das wird mir nicht noch mal passieren.
      Wir haben alle irgendeinen Knacks - der Unterschied ist: bei manchen ist er diagnostiziert... :monster: