Am Meer

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      Möwen kreischen. Ein strahlend blauer Himmel, vereinzelte Wolken am Horizont. Sand unter unseren Füßen. Wir laufen an der Wasserkante entlang, weit hinaus, immer weiter. Wellen rollen an den Strand, umspülen unsere nackten Füße. Die Sonne steht schon recht tief, taucht die Weite des Strandes in weiches Abendlicht. Ich lächele versonnen: du neben mir- tiefer Frieden erfüllt mich. Unsere Hände berühren sich, lösen sich, um sich erneut aufeinander zu zubewegen. Ich spüre die Wärme der Sonne auf meiner Haut, den Wind, der um meinen Körper streicht, meine Haare zerzaust. Der Wind spielt mit dem leichten Stoff meines Sommerkleides, fährt unter den Rock, bauscht ihn auf, um ihn im nächsten Moment wieder dicht an meinen Körper zu pressen. Ich breite die Arme aus, drehe mich, lasse mich gefangen nehmen von seiner Kraft. Lachend schaue ich zu dir hin: „Wollen wir schwimmen?“


      Schon streife ich mir das Kleid über den Kopf, lasse es in den Sand fallen. Ich trage nichts darunter, das Gefühl des Windes auf der nackten Haut ist herrlich. Ich laufe auf das Wasser zu, Gischt spritzt mir entgegen. Ich wate tiefer hinein, das Wasser ist kalt. Ich muss kreischen, als es an meinem Körper leckt, ziehe den Bauch ein, schlinge die Arme um mich. Ich schaue mich zu dir um, du stehst noch am Strand, beobachtest mich. Ich genieße deinen Blick auf mir, betrachte dich in der Abendsonne. Du strahlst Ruhe und Stärke und eine Wärme aus, die mich zu dir zieht, mich schon fast in deine Arme laufen lassen will. Doch erst will ich schwimmen. „Sei vorsichtig, die Strömung könnte stark sein, schwimm nicht so weit raus“, warnst du, da stürze ich mich schon in die Wellen.

      Ich tauche ein, tauche auf, lasse mich von den Wellen emporheben. Wasser schlägt mir ins Gesicht, nimmt mir die Luft- ich versuche, in den Pausen zu atmen. Mit kräftigen Zügen schwimme ich hinaus, spüre die Kraft meines Körpers, die Kraft des Meeres, es ist wundervoll. Die Weite des Meeres ruft mich, lockt mich, ich spüre die Sehnsucht nach dieser Unendlichkeit und zugleich die Gefahr. Mein ganzer Körper kribbelt, ich bin hellwach, elektrisiert, ganz da. Noch ein weiterer Schwimmzug und noch einer trägt mich hinaus, da fasst du mich plötzlich von hinten an der Schulter. Du bist mir gefolgt, ohne dass ich dich bemerkt habe. Du drängst mich zurück, zwingst mich zum Umdrehen. „Zurück!“, stößt du hervor. Ich sehe in deinen Augen, dass es dir ernst ist. Wir schwimmen auf den Strand zu, zwischendurch streifen sich unsere Arme, lassen uns von den Wellen auf das Ufer zu tragen.


      Kaum sind wir am Strand angekommen, packst du mich, stößt mich hinunter in den Sand. „Sieh mich an!“ Ich kauere im Sand und schaue zu dir auf, wie du vor mir stehst und mich überragst. Du siehst wild und leidenschaftlich und zornig aus. „Warum gehorchst du nicht?! Das war gefährlich!“ Deine Stimme klingt rau. Mir fällt keine Antwort darauf ein: ‚Warum, warum nochmal…?‘ Es summt in meinem Kopf, ich kann keinen klaren Gedanken fassen. Du bist inzwischen wieder in deine Shorts geschlüpft, greifst in meine nassen Haare. „Komm mit!“ Du läufst auf die Dünen zu, ziehst mich hinter dir her, während ich versuche, auf allen Vieren kriechend mit dir Schritt zu halten.

      Zielstrebig steuerst du tiefer in die Dünen hinein, bis wir eine kleine, geschützte Mulde erreichen, eingebettet zwischen den Sandhügeln. „Bleib so!“ Ich kauere auf allen Vieren, spüre den Sand unter meinen Knien und Händen, ein wenig aufgescheuert vom Kriechen. Und dann höre ich es, höre das Geräusch, wie du deinen Gürtel öffnest, ihn aus deinen Shorts ziehst. Lust durchströmt mich, Angst, Erregung, Vorfreude- ein wildes Gemisch der Begierde. Ich schaudere, starre gebannt auf deine Hände, die den Gürtel doppelt fassen, sein Gewicht behutsam wiegen. Unsere Blicke treffen sich: Liebe, Vertrauen, ein stilles Einverständnis, das Verlangen, einander zu spüren.
      Und schon trifft mich der erste Schlag. Ich kreische auf, höre das Rauschen des Gürtels in der Luft, als du erneut ausholst, das Klatschen, als er auf meinem Körper aufschlägt. Der Gürtel trifft meinen Po, meinen Rücken, meine Schenkel, windet sich um meinen Körper, streift meinen Bauch, meine Brüste, schlingt sich um meine Beine. Ich juchze, stöhne, schreie, lache, weine. Die Hiebe folgen Schlag auf Schlag, du lässt mir nicht viel Zeit zwischen ihnen. Ich winde mich, versuche auszuweichen, zu entkommen und möchte doch nirgendwo anders sein. Ich lasse mich auf den Bauch fallen, schmiege mich in den Sand, verschmelze mit seinen kleinen Erhebungen und Kuhlen, während weitere Schläge auf mich fallen. Du machst weiter, lässt nicht von mir ab, und ich schreie, schreie alles hinaus, allen Stolz, alle Lust, allen Widerstand, schreie meinen Schmerz hinaus, und meine Schreie steigen auf, vermischen sich mit dem Kreischen der Möwen.


      Als ich nichts mehr wahrnehme als das unendliche Rauschen: das Rauschen des Meeres, das an den Strand donnert, das Rauschen des Windes, der über uns hinwegfegt, das Rauschen meines eigenen Blutes in meinen Ohren, lässt du schließlich von mir ab, lässt dich neben mich in den Sand fallen, ziehst mich zu dir. Ich robbe näher an dich heran, berge mich in die schützende Wärme deiner Arme, schmiege mich an deinen Körper, lasse mich von dir einhüllen. Geborgen in deiner Nähe komme ich langsam wieder zu Atem, registriere, wie auch dein Atem schneller geht, sich dein Brustkorb hebt und senkt, spüre den Schlag unserer Herzen. Vorsichtig öffne ich die Augen, blinzele ins Licht, suche deine Augen. In deinem Blick liegt so viel Zärtlichkeit, so viel Verlangen.

      Du beugst dich hinunter zu mir, küsst mich sanft. Meine Lippen öffnen sich, heben sich dir entgegen, unsere Zungen begegnen sich, erforschen unsere Mundhöhlen, schmecken, lecken, verschmelzen zu einem Tanz. Du saugst meine Zunge tief in deinen Mund hinein, hältst sie fest. Ich drücke mich an dich, strecke mich dir entgegen, umklammere deinen Körper. Wir umschlingen uns, pressen uns immer fester aneinander, bis unser Herzschlag zu einem wird, und ein Atemzug in unsere Lungen strömt. Unsere Nähe dehnt sich aus, wird unendlich wie der Wind, der über unsere Sandkuhle rauscht, in der wir ineinander verschlungen liegen.
      "Unsere Sehnsüchte sind unsere Möglichkeiten. "
      Robert Browning