Ich erinnere mich noch gut daran, wie ich selbst auf einer Seite harsch angegangen wurde, auf der ich ein Bild gepostet habe. Es zeigte mich und meine damalige Sub, diese trug ein Halsband, ließ sich nach hinten in einen Abgrund fallen und ich hielt sie mit zwei Fingern am Ring des Halsbandes fest. Ich mag das Bild aber klar, reißt das Halsband oder die Befestigung vom Ring oder lasse ich los, so wäre sie rückwärts in den Abgrund gestürzt.
Sehr schnell hagelte es Kritik, wie unverantwortlich die Aktion war, das habe doch nichts mit BDSM zu tun und wie könne ich als Dom so verantwortungslos sein. Im ersten Moment fühlte ich mich arg auf den Schlips getreten, aber warum eigentlich? Nun, ich hatte das Halsband vorher mehrfach getestet, es hielt weit mehr Gewicht aus, als für die Aktion nötig war, es gab Testläufe, die nicht am Abgrund waren und bei denen ebenfalls alles weit entfernt von einem Belastungsproblem war. Die Perspektive des Bilds gaukelte zudem einen viel größeren Abgrund vor als real vorhanden war (ich denke, es waren etwa fünf Meter sicher auch nicht ungefährlich dort rückwärts runterzufallen), wir näherten uns langsam an den Punkt an, den man schließlich auf dem Bild sah. Aber all die Vorbereitung sah man eben nicht auf dem Bild. Auf dem Bild ist eben nur eine Frau zu sehen die von nur an einem Finger (den zweiten sah man aus der Perspektive nicht) vor einem Sturz in einen Abgrund gehalten wurde. Zudem habe ich dort Bilder von SM Spuren gesehen, wo ich mir dachte, puh das dürfte nicht gesund sein. Ich empfand die Kritik einfach als unfair. Die heftige Kritik richtete sich jedoch weniger gegen mich, sondern mehr gegen die gefährliche Situation und der Betrachter kannte eben nicht die ganzen Sicherheitsvorkehrungen die im Vorfeld gelaufen sind. Als ich dann später das alles beschrieb, war es schon zu spät, die Stimmung war gekippt und es ging um die Diskussion, ob man für einen Kick oder einen Klick solche Risiken überhaupt eingehen darf.
Genau wie ein Bild ist ein Posting oft ein Schnappschuss, was war davor, wie hat es sich dorthin entwickelt, welche Absprachen gab es, all das und vieles mehr ist dem Leser/Betrachter erst einmal unbekannt. Mir ist damals eins bewusst geworden, ich muss den Betrachter/Leser immer dann abholen, wenn er meint eine Gefahr könnte bestehen. Wenn ich von einem Rapegame schreibe, so schreibe ich nicht nur über das was mich daran reizt, sondern auch darüber welche Sicherheiten ich einbaue. Wenn ich über meine TPE Erfahrung berichte, überlege ich, wer ist mein Publikum? Sind es Menschen, die es schon selbst gelebt hat oder sind Personen dabei, die so etwas noch nicht erlebt oder gar noch nie einen Berührungspunkt damit hatten? Wenn ich vorweg auf die typischen Empfängerbedenken eingehe, dann sind es immer sehr angenehme Unterhaltungen oder auch Diskussionen, mein Gegenüber wird direkt mit seinen individuellen Bedenken abgeholt und somit werden schnell Gemeinsamkeiten entdeckt und nicht zuerst Dinge die einen voneinander trennen.
Aber was ist denn mit der Toleranz? Toleranz setzt Wissen voraus, unterschlage ich Informationen bildet sich eine Meinung eben aus dem, was mitgeteilt wurde. Erhebe ich mein BDSM gar über das von anderen, so ist genau das intolerant und so etwas führt zu verständlichen und heftigen Gegenreaktionen.
Wichtig ist es auch, das was einem Spaß macht nicht so darzustellen, dass der andere meint, das was er macht würde weniger geschätzt werden. Wenn ich so manchen TPEler lese, der anderes BDSM als „Sandkasten/Plüsch/Hobby BDSM“ tituliert, dann muss sich so jemand nicht wundern, wenn ihm eine ziemliche steife Brise entgegenschlägt.Solche und auch andere Wort können verletzen und sind nicht immer am Ende der Diskussion vergessen.
Wem die Fähigkeit des Perspektivwechsels fehlt, der eckt schnell dort an und das gilt ganz unabhängig von BDSM. Sich erst einmal in einen Leser hineinzuversetzen bedeutet nicht, man ist weniger authentisch, es zeigt vielmehr, dass Empathie vorhanden ist, in meinen Augen insbesondere für Doms eine wertvolle Fähigkeit. Ich habe für Frauenzeitschriften über BDSM geschrieben, ebenso wie ich eingefleischte DS Gruppen besucht habe, in denen TPE nicht die Ausnahme, sondern die Regel war und daraus hat sich für mich eine Faustregel gebildet: Überall dort, wo meine Ansicht als ungewöhnlich oder gar extrem aufgefasst werden könnte, hole ich mein Gegenüber ab und versuche von mir aus die Bedenken zu beantworten, noch bevor die Person selbst die Bedenken geäußert hat. Damit bin ich immer gut gefahren, denn so entsteht eine Verbindung und kein Graben.
Ich lehne den Metakonsens, als nicht legales Konstrukt, für mich ab. Würde ich ihn aber ausleben wollen, so würde ich genau auf den Punkt eingehen und damit anfangen, dass der Metakonsens zwar illegal ist, es sich bei mir und meiner Partner aber um erwachsene Personen handelt, welche sich zusammen dazu entschieden haben, dass solange wir niemandem schaden, diesen Punkt, trotz der allseits bekannten Gefahren, für uns ignorieren und unser BDSM mit Achtung und Fürsorge betreiben. Das ist ein Einstieg, der den Leser abholt. Wobei auch das alles für die Katz ist, sobald der Leser das Gefühl bekommen würde, dass ich meine, mein Metakonsens wäre die intensivere Art, denn damit sage ich schlussendlich auch: Deins ist weniger intensiv! Mag nicht meine Absicht sein, kann aber eben schnell so verstanden werden.
Und dann kommt es auch noch auf den Ort an. Rede ich mit Menschen, sehe ich ihre Reaktionen und kann auf diese eingehen, bei einem Leser ist das nicht der Fall. Auch ist die Interaktion mitten im Text nicht möglich, wenn gibt es eine Reaktion, nachdem alles gelesen wurde. Mit anwesenden Personen zu reden birgt daher viel weniger Gefahren und Missverständnisse können viel schneller aus der Welt geräumt werden. Eine Position zu vertreten, welche nicht jene ist, die die Mehrheit vertritt, ist immer etwas schwieriger und wenn dann noch Vorurteile dazukommen, wird es ganz sicher nicht einfacher.
Wer es aber schafft, den Leser abzuholen und seine Bedenken aufzugreifen, bevor er diese überhaupt formuliert hat, der kann sehr schöne Dialoge führen und vor allem Vorurteile beseitigen und den Horizont anderer Menschen erweitern. Das Projekt Gentledom ist in einer Zeit lange vor Shades of Grey entstanden und dem Feedback nach hat es wirklich vielen Menschen helfen können, eben durch eine oftmals eher nüchterne Art, welche auf Bedenken eingeht und Perspektiven aufzeigt, ohne sich über andere Arten der Lust erheben zu wollen.
Natürlich ist es leichter, sich mit Menschen zu unterhalten, die ähnliche Ansichten teilen, aber das wird auch schnell langweilig. Sich gegenseitig nur zu bestätigen, ist dauerhafte wohl nur für schlichte Gemüter eine Freude. Das Leben wird spannend durch Neues, hierfür benötigen wir immer eine kleine Portion Mut, eine gesunde Akzeptanz, Toleranz, Agilität und Neugier. Unsere Wahrnehmung ist subjektiv, egal wie klug und umsichtig wir sein mögen und das ist bei unseren Mitmenschen nicht anders, auch wenn wir mit einer "relativen" Objektivität rechnen, dürfen wir nicht davon ausgehen. Dem anderen zu helfen, seine Perspektive zu erweitern oder gar ändern, das ist eine Spur, die man im Leben von Menschen hinterlassen kann und aus welcher viele andere positive Entwicklungen und Freundschaften folgen können.
Wen ich abhole, der wird mit mir laufen und zusammen sieht man ganz sicher mehr vom Weg als allein.
Edit: Personen, die sich mit einer fremden Materie konfrontiert werden können neugierig, ängstlich oder desinteressiert sein. Wer ängstlich ist, der handelt weniger rational, vielleicht ist es ein schöner Abschluss, sich das Bild vor Augen zu führen, dass man jemanden der ängstlich ist an die Hand nimmt und mit ihm zusammen seine Welt betritt. Eine ausgestreckte Hand bildet eine Verbindung daher wer jemandem seine Welt zeigen will, muss bei unbekannten Personen immer auch mit einer ängstlichen und damit abwehrenden Reaktion rechnen, Ängste können aber im Vorfeld auch aktiv abgebaut werden.
Sehr schnell hagelte es Kritik, wie unverantwortlich die Aktion war, das habe doch nichts mit BDSM zu tun und wie könne ich als Dom so verantwortungslos sein. Im ersten Moment fühlte ich mich arg auf den Schlips getreten, aber warum eigentlich? Nun, ich hatte das Halsband vorher mehrfach getestet, es hielt weit mehr Gewicht aus, als für die Aktion nötig war, es gab Testläufe, die nicht am Abgrund waren und bei denen ebenfalls alles weit entfernt von einem Belastungsproblem war. Die Perspektive des Bilds gaukelte zudem einen viel größeren Abgrund vor als real vorhanden war (ich denke, es waren etwa fünf Meter sicher auch nicht ungefährlich dort rückwärts runterzufallen), wir näherten uns langsam an den Punkt an, den man schließlich auf dem Bild sah. Aber all die Vorbereitung sah man eben nicht auf dem Bild. Auf dem Bild ist eben nur eine Frau zu sehen die von nur an einem Finger (den zweiten sah man aus der Perspektive nicht) vor einem Sturz in einen Abgrund gehalten wurde. Zudem habe ich dort Bilder von SM Spuren gesehen, wo ich mir dachte, puh das dürfte nicht gesund sein. Ich empfand die Kritik einfach als unfair. Die heftige Kritik richtete sich jedoch weniger gegen mich, sondern mehr gegen die gefährliche Situation und der Betrachter kannte eben nicht die ganzen Sicherheitsvorkehrungen die im Vorfeld gelaufen sind. Als ich dann später das alles beschrieb, war es schon zu spät, die Stimmung war gekippt und es ging um die Diskussion, ob man für einen Kick oder einen Klick solche Risiken überhaupt eingehen darf.
Genau wie ein Bild ist ein Posting oft ein Schnappschuss, was war davor, wie hat es sich dorthin entwickelt, welche Absprachen gab es, all das und vieles mehr ist dem Leser/Betrachter erst einmal unbekannt. Mir ist damals eins bewusst geworden, ich muss den Betrachter/Leser immer dann abholen, wenn er meint eine Gefahr könnte bestehen. Wenn ich von einem Rapegame schreibe, so schreibe ich nicht nur über das was mich daran reizt, sondern auch darüber welche Sicherheiten ich einbaue. Wenn ich über meine TPE Erfahrung berichte, überlege ich, wer ist mein Publikum? Sind es Menschen, die es schon selbst gelebt hat oder sind Personen dabei, die so etwas noch nicht erlebt oder gar noch nie einen Berührungspunkt damit hatten? Wenn ich vorweg auf die typischen Empfängerbedenken eingehe, dann sind es immer sehr angenehme Unterhaltungen oder auch Diskussionen, mein Gegenüber wird direkt mit seinen individuellen Bedenken abgeholt und somit werden schnell Gemeinsamkeiten entdeckt und nicht zuerst Dinge die einen voneinander trennen.
Aber was ist denn mit der Toleranz? Toleranz setzt Wissen voraus, unterschlage ich Informationen bildet sich eine Meinung eben aus dem, was mitgeteilt wurde. Erhebe ich mein BDSM gar über das von anderen, so ist genau das intolerant und so etwas führt zu verständlichen und heftigen Gegenreaktionen.
Wichtig ist es auch, das was einem Spaß macht nicht so darzustellen, dass der andere meint, das was er macht würde weniger geschätzt werden. Wenn ich so manchen TPEler lese, der anderes BDSM als „Sandkasten/Plüsch/Hobby BDSM“ tituliert, dann muss sich so jemand nicht wundern, wenn ihm eine ziemliche steife Brise entgegenschlägt.Solche und auch andere Wort können verletzen und sind nicht immer am Ende der Diskussion vergessen.
Wem die Fähigkeit des Perspektivwechsels fehlt, der eckt schnell dort an und das gilt ganz unabhängig von BDSM. Sich erst einmal in einen Leser hineinzuversetzen bedeutet nicht, man ist weniger authentisch, es zeigt vielmehr, dass Empathie vorhanden ist, in meinen Augen insbesondere für Doms eine wertvolle Fähigkeit. Ich habe für Frauenzeitschriften über BDSM geschrieben, ebenso wie ich eingefleischte DS Gruppen besucht habe, in denen TPE nicht die Ausnahme, sondern die Regel war und daraus hat sich für mich eine Faustregel gebildet: Überall dort, wo meine Ansicht als ungewöhnlich oder gar extrem aufgefasst werden könnte, hole ich mein Gegenüber ab und versuche von mir aus die Bedenken zu beantworten, noch bevor die Person selbst die Bedenken geäußert hat. Damit bin ich immer gut gefahren, denn so entsteht eine Verbindung und kein Graben.
Ich lehne den Metakonsens, als nicht legales Konstrukt, für mich ab. Würde ich ihn aber ausleben wollen, so würde ich genau auf den Punkt eingehen und damit anfangen, dass der Metakonsens zwar illegal ist, es sich bei mir und meiner Partner aber um erwachsene Personen handelt, welche sich zusammen dazu entschieden haben, dass solange wir niemandem schaden, diesen Punkt, trotz der allseits bekannten Gefahren, für uns ignorieren und unser BDSM mit Achtung und Fürsorge betreiben. Das ist ein Einstieg, der den Leser abholt. Wobei auch das alles für die Katz ist, sobald der Leser das Gefühl bekommen würde, dass ich meine, mein Metakonsens wäre die intensivere Art, denn damit sage ich schlussendlich auch: Deins ist weniger intensiv! Mag nicht meine Absicht sein, kann aber eben schnell so verstanden werden.
Und dann kommt es auch noch auf den Ort an. Rede ich mit Menschen, sehe ich ihre Reaktionen und kann auf diese eingehen, bei einem Leser ist das nicht der Fall. Auch ist die Interaktion mitten im Text nicht möglich, wenn gibt es eine Reaktion, nachdem alles gelesen wurde. Mit anwesenden Personen zu reden birgt daher viel weniger Gefahren und Missverständnisse können viel schneller aus der Welt geräumt werden. Eine Position zu vertreten, welche nicht jene ist, die die Mehrheit vertritt, ist immer etwas schwieriger und wenn dann noch Vorurteile dazukommen, wird es ganz sicher nicht einfacher.
Wer es aber schafft, den Leser abzuholen und seine Bedenken aufzugreifen, bevor er diese überhaupt formuliert hat, der kann sehr schöne Dialoge führen und vor allem Vorurteile beseitigen und den Horizont anderer Menschen erweitern. Das Projekt Gentledom ist in einer Zeit lange vor Shades of Grey entstanden und dem Feedback nach hat es wirklich vielen Menschen helfen können, eben durch eine oftmals eher nüchterne Art, welche auf Bedenken eingeht und Perspektiven aufzeigt, ohne sich über andere Arten der Lust erheben zu wollen.
Natürlich ist es leichter, sich mit Menschen zu unterhalten, die ähnliche Ansichten teilen, aber das wird auch schnell langweilig. Sich gegenseitig nur zu bestätigen, ist dauerhafte wohl nur für schlichte Gemüter eine Freude. Das Leben wird spannend durch Neues, hierfür benötigen wir immer eine kleine Portion Mut, eine gesunde Akzeptanz, Toleranz, Agilität und Neugier. Unsere Wahrnehmung ist subjektiv, egal wie klug und umsichtig wir sein mögen und das ist bei unseren Mitmenschen nicht anders, auch wenn wir mit einer "relativen" Objektivität rechnen, dürfen wir nicht davon ausgehen. Dem anderen zu helfen, seine Perspektive zu erweitern oder gar ändern, das ist eine Spur, die man im Leben von Menschen hinterlassen kann und aus welcher viele andere positive Entwicklungen und Freundschaften folgen können.
Wen ich abhole, der wird mit mir laufen und zusammen sieht man ganz sicher mehr vom Weg als allein.
Edit: Personen, die sich mit einer fremden Materie konfrontiert werden können neugierig, ängstlich oder desinteressiert sein. Wer ängstlich ist, der handelt weniger rational, vielleicht ist es ein schöner Abschluss, sich das Bild vor Augen zu führen, dass man jemanden der ängstlich ist an die Hand nimmt und mit ihm zusammen seine Welt betritt. Eine ausgestreckte Hand bildet eine Verbindung daher wer jemandem seine Welt zeigen will, muss bei unbekannten Personen immer auch mit einer ängstlichen und damit abwehrenden Reaktion rechnen, Ängste können aber im Vorfeld auch aktiv abgebaut werden.
"Es ist gleich willkürlich, ob man den Leuten sagt: ihr sollt nicht frei, oder: ihr sollt und müsst gerade auf diese und keine andere Weise frei sein." Joseph von Eichendorff
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