Bis das das Tod uns scheidet (Ein Erfahrungsbericht)

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      Bis das das Tod uns scheidet (Ein Erfahrungsbericht)

      Vorab: Dieser Blog bezieht sich auf eine wahre Begebenheit, die ich in nächster Nähe erleben durfte. Ich möchte darum bitten, in den anschließenden Kommentaren, freundlich und rücksichtsvoll miteinander umzugehen. Ich habe lange überlegt ob ich überhaupt noch mal einen Blog schreibe, bisher war die innere Antwort immer "NEIN"! Nun habe ich mich doch durch gerungen mich hin zu setzen und zu schreiben.
      Auch wenn die folgende Geschichte auf einer Tatsache beruht, habe ich es mir herausgenommen, sämtliche Daten und Details so abzuändern, dass keine der beteiligten Personen erkannt werden kann, denn das war mir wichtig.


      - "Guten Morgen meine Hübsche"

      - "Guten Morgen mein Herr"

      - "Ich erwarte Dich später und hoffe das wir einen Moment der Zeit teilen können"

      - "Ich werde da sein, Dein Wunsch ist mir Befehl"

      - "Wir treffen uns an der Mühle. Allein der Gedanke daran, Dich dort zu nehmen, macht mich schon geil"

      - "Die Vorfreude ist ganz meinerseits"

      Das waren die letzten Sätze die sie tauschten, an diesem sonnigen Morgen.
      Ein jeder ging nun seinem Tagewerk nach und es war ein Tag wie jeder andere. Die Nachrichten die sie austauschten, die Bilder die sie teilten und auch die Gedanken aneinander hatten über die Jahre einen großen Raum eingenommen. Keiner dachte daran, dass sich diese Situation jemals ändern würde. Beide waren mit dem Agreement einverstanden, welches ihre Begegnung überhaupt möglich machte. Ihre Leidenschaft, ihren Neigungen im Versteckten folgend, lebten sie ihre Bedürfnisse aus.

      Es sollte sich alles ändern, als der Hubschrauber in die Lüfte stieg. Ein Unfall, eine Unvorhersehbarkeit, etwas womit man in jungen Jahren nicht rechnet. Doch das Leben geht seinen eigenen Weg und auch der Tod fragt nicht ob er gerade passend kommt.

      Sie erfuhr relativ schnell was sich ereignet hatte. Ein Hoffen und Bangen, beten und weinen, nichts half mehr. Das Schicksal hatte zugeschlagen und nahm ihr das Ruder aus der Hand. Nicht mehr in der Lage noch einen klaren Gedanken zu fassen versuchte sie die Fassung zu bewahren, was ihr nicht gelang. Sie liebte, auf eine Art die sie bis dahin nicht kannte. Im normalen Leben lebte sie das Leben, das die meisten Menschen neiden würden und doch war sie ausgebrochen.
      Ausgebrochen zu einem Mann der sie bewegte wie kein anderer zuvor. Nun liefen die Tränen ohne Unterlass, keine Normalitäten mehr, alles war aus den Fugen geraten.

      Die Zeit verging, der Winter kam und die Erde drehte sich weiter. Irgendwie schaffte sie es in ihrem Leben "Normalität" zu gaukeln aber eigentlich funktionierte sie nur. In den Nächten verfolgten sie die Begegnungen die sie teilten, immer wieder sein Bild vor Augen. Sie hatte Angst das die letzten Nachrichten die sie getauscht hatten, auftauchen würden. Sie wollte die heile Welt, in der alle lebten, erhalten wissen, auch wenn nichts heile war.
      Es sollte anders kommen, doch es dauerte.

      Der Tag, an dem alles aufflog, löste eine Kette aus. So viele Verletzungen, Wut und Hass und die Zerstörung die nun für ALLE Beteiligten aufkam, war kaum auszuhalten. Binnen Sekunden änderte das Leben nun alles. Für die, die unschuldig in diese Situation geraten waren, war der Verat des Verstorbenen nicht aushaltbar. Alles wurde öffentlich und vor allem wurde es hässlich. Was folgte war eine Zeit in der alles zerbrach, Traumata auf allen Seiten und eine lange Zeit bis sich die Wogen wieder glätteten.

      Ich kenne das, versteckt eine Verbindung zu leben und es war in dieser Zeit immer meine größte Angst das etwas passieren könnte und ich nicht da sein könnte.
      Das was ich in nächster Nähe erleben durfte hatte mich geprägt. Doch hatte es mich vernünftig gemacht? Die Verbundenheit, die Liebe und das Ego sind große "Tierchen" die von beiden Seiten gefüttert werden.
      Wie oft habe ich diese Themen angeschnitten, versucht Wege zu finden das ja niemals etwas auffliegt, aber der Teufel sitzt immer im Detail.
      Aus der Vernunft heraus müsste man sagen, dass man eine solchte Zusammenkunft am besten vermeidet. Doch Vernunft ist auch nicht immer gegeben und in all dem Wissen um was passieren kann, blendet man doch das ein oder andere aus.
      Man kann Absprachen treffen, man kann sich Wege überlegen das der jeweils andere informiert wird. Ich frage mich trotzdem ob das alles hilft, wenn Tag X kommt und ich habe gesehen welche Schäden entstehen können.
      Und trotzdem bin ich geblieben, habe ausgehalten dass das Schlimmste eintreten könnte und habe mich zu keinem Zeitpunkt als Affäre gesehen. Die Verantwortung für eine solche Situation tragen immer Beide! Sich da hinzustellen und alles auf den Dom abzuwälzen erscheint mir als zu kurz gedacht.
      Emotionen sind nicht steuerbar, aber man kann entscheiden in wie weit sich eine solche Verbindung trägt oder ob es nicht besser ist alles zu beenden.
      Ist man in der Lage, im Fall der Fälle, den Verlust still zu ertragen? Kann man es schaffen, die offizielle sowie die versteckte Partnerin zu schützen?
      Man ist für die Menschen, die einen umgeben verantwortlich, auf beiden Seiten, so mein Gedankengang.

      Es ist und bleibt ein schwieriges Unterfangen, welches ich nicht werten möchte und ich hoffe wirklich inständig, dass sich hier niemand persönlich angegriffen fühlt. Es geht nicht um ein Richtig oder Falsch, sondern darum dass so etwas passiert. Ein Drama das man sicherlich vermeiden könnte, welches sich aber doch ereignet. Egal aus welchem Grund.

      Meine Gedanken gelten allen Menschen, die eine solche Erfahrung, egal auf welcher Seite erleiden mussten. Mir war es wichtig das einfach mal anzusprechen. Wir können vieles kontrollieren, der Rest ist Schicksal.

      Diesen Blog widme ich Dir, liebe @Akelei, ich wünsche Dir von Herzen Heilung und das Du diese Erfahrung verarbeiten kannst.

      Herzlichst Mondstein

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von Mondstein ()

      Vielen Dank für das Teilen Deiner Erfahrungen!

      Wie schön es wäre, könnten wir uns von jeder Mit-Verantwortung frei sprechen, immer "vernünftig" handeln, usw... und es würde immer alles gerade, friedlich und glücklich verlaufen.

      Jeder steht vor seinen eigenen Entwicklungsaufgaben und um die zu bewältigen, gehört es wohl auch manchmal dazu, verquere Wege zu gehen und dann durch das Tal zu müssen oder über die Felsen und Wurzeln zu klettern, sich die Knie aufzuschlagen, usw...

      Jedenfalls gehört es zu meinem Leben dazu und ich blicke manchmal erstaunt und vielleicht auch etwas neidvoll auf die Menschen, die irgendwie, im Vergleich zu mir, ziemlich geradlinig laufen.

      mitfühlend, nachdenklich, traurig
      E`s d (Liza)
      Danke für diesen Blog, @Mondstein! Schön, mal wieder etwas von dir zu lesen.

      Mondstein schrieb:

      Ich kenne das, versteckt eine Verbindung zu leben und es war in dieser Zeit immer meine größte Angst das etwas passieren könnte und ich nicht da sein könnte.
      Auch ich habe lange Zeit in einer solchen Verbindung gelebt - fast ein Jahrzehnt - und kenne diese Angst daher ebenfalls nur zu gut. Nicht nur, weil es eine heimliche Liebe war, sondern auch wegen des großen Altersunterschiedes zwischen uns.

      Hätte ich es erfahren, wenn ihm etwas zugestoßen wäre? Nur über Umwege. Informiert hätte mich niemand. Irgendwann hätte ich es irgendwo gelesen. Aber ich hätte auch gewusst, wen ich hätte kontaktieren können, um etwas herauszufinden, auch ohne dass seine Familie etwas davon erfährt.

      Mit der Vernunft ist das so eine Sache... Wenn sich eine wirklich innige Verbindung entwickelt, eine wirklich tiefe Liebe, dann wird die Vernunft manchmal ganz leise. Dennoch gebe ich dir recht: Die Verantwortung liegt bei beiden. Immer. Beide müssen abwägen, ob sie dieses Risiko eingehen möchten, ob es ihnen das wert ist und ob sie die möglichen Konsequenzen in Kauf nehmen möchten und mit ihnen umgehen könnten.

      Ja, mir war es das wert und ich habe nicht nur einmal darüber nachgedacht, was wäre wenn. Es war die schönste und tiefste Beziehung, die ich je geführt habe. (BDSM kam erst viel später dazu.) Zwei Herzen und zwei Seelen, die immer eins waren - Tag für Tag und Nacht für Nacht und Jahr für Jahr. Die größte Liebe, die ich je fühlen und empfangen durfte - wenn auch die schmerzhafteste. Bereue ich es? Nicht im Geringsten.

      Und wir gehen noch immer Seite an Seite, wenn auch anders als früher.
      Liebe ist nicht alles, aber ohne Liebe ist alles nichts.
      Vielen Dank @Mondstein :blumen: :blumen:

      Ich finde ein Netzwerk sehr wichtig, was einen zumindest teilweise auffangen kann.....wie dieses Forum hier auch.

      Eine Nachricht...wie auch immer um diese totale Ungewissheit aus dem Weg zu räumen......ich denke das ist man sich gegenseitig schuldig und sollte da auch gewisse Vorkehrungen für treffen......wie immer die auch aussehen bleibt dann individuell.

      Grundsätzlich wird der (plötzliche) Tod oft viel zu sehr totgeschwiegen und verdrängt- um so mehr reißt es einem dann den Boden unter den Füßen weg.
      Trauer allein aushalten zu müssen ist ganz fürchterlich und ich wünsche in solchen Situationen jedem einen leiben Menschen an die Seite.
      An den Kreuzungen des Lebens stehen leider keine Wegweiser.