BDSM und die Sage/ das Märchen/ die Erzählung

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      BDSM und die Sage/ das Märchen/ die Erzählung

      Die Tage werden kürzer, die Morgende kühler. So neigt sich der Fokus mehr und mehr in die heimischen Gefilde und beim ein oder anderen auch zum Buche.

      Wie auch bei mir.
      Wer mich kennt, mag meine Affinität zur grimm'schen Sprache bereits bemerkt haben, so mag ich mit Euch gerne ein Thema eröffnen, um ein wenig das Gemüt zu erfüllen.

      Frage an Euch? Bei welchen Fabeln, Sagen, Märchen, Erzählungen, die ihr gelesen habt, sind euch eindeutig tiefere BDSM Konstellationen (bitte keine rohe Gewalt) aufgefallen?
      Oder haben Euch gar inspiriert?

      Mein liebstes Beispiel hierzu (diejenigen, die mich kennen, mögen mir nun verzeihen), ist der werte König Drosselbart.
      Warum ausgerechnet er?

      Nun gut, das Märchen beginnt mit einer Prinzessin, die ihres Stolzes übermütig ist. Jeden Freier verspottet sie.
      Und einen besonders.
      Aber dieser gab eben nicht auf, sondern nahm ihren Vater bei Wort (Den erstbesten Bettelmann sollst Du zum Manne haben für Deinen Hohn).
      So kam er als Bettelmann wieder, und bekam die Prinzessin.
      Im Laufe der Zeit bricht er mit seinem eigenen Können mehr und mehr ihren Stolz. Er bringt sie durch verschiedene Handlungen auf den Boden der Realität zurück. Um sie letztlich zur Königin empor zu heben.
      Er demütigt sie auf verschiedene Arten und ehrt sie letztlich in jeder Form.
      Gibt es ein schöneres Bild für D/S?

      Freue Dich- die dunklen Tage sind vorüber.

      In diesem Sinne würde ich mich über eure Inspirationen freuen.

      Herzlichen Gruß
      Merla
      Spannend, das ist mir damals, als ich das Märchen vom König Drosselbart kennengelernt habe, natürlich nicht in den Sinn gekommen, aber klingt tatsächlich sehr BDSMig.

      Ich muss da immer an die kleine Meerjungfrau denken, die gern schreckliche Schmerzen auf sich nimmt, um den Menschen ähnlich zu werden und ihrem geliebten Prinzen nah zu sein. So richtig ist das vielleicht nicht, was du hier suchst, aber auf mich hat das Märchen (in der tschechischen Filmversion) immer eine besondere Faszination ausgeübt - wohl auch wegen meiner Neigung. Oder vielleicht andersrum und es hat sie mitgeprägt :gruebel:
      Meinst du mit Erzählungen auch Romane?
      Dann natürlich das, wo mein Username herkommt ^^ Das ist das etwas abgewandelte Pseudonym von Charlotte Brontë. Sie hat einige Beziehungen mit BDSM-Dynamik beschrieben, aber die von Jane Eyre ist die bekannteste. Mr Rochester und sie flirten vom ersten Augenblick an ziemlich heftig miteinander - vor allem, wenn man sie als BDSMler liest.
      Hier gibts einen richtig guten Aufsatz dazu, allerdings auf Englisch: wordofmouthopinion.wordpress.com/2021/10/29/attach-you-to-a-chain-bdsm-in-jane-eyre%ef%bf%bc/
      Im Artikel wird Jane als Brat gesehen. Mr Rochester will Macht über sie ausüben, aber zumeist zu ihrem Wohl - und als das kippt, verlässt Jane ihn und er muss erst geläutert werden vor dem Happy End. Er hat großen Respekt vor Janes innerer Stärke - letztendlich auch indem er anerkennt, dass sie recht hatte, ihn zu verlassen. Dem wird ein anderer Mann gegenübergestellt, der die Macht über Jane ausschließlich für seine Zwecke missbrauchen würde. Wirklich ein interessantes Buch und ein interessanter Artikel.
      Generell wird man da in viktorianischer Literatur aber denke ich ganz gut fündig ^^
      ich finde nicht, dass es beim Drosselbart um BDSM geht, da sie zwangsverheiratet wird, niemals zugestimmt hat und keine Möglichkeit hat, zu gehen. Sie muss Töpferwaren verkaufen und er reitet verkleidet durch die Waren und zerstört sie, um ihr Angst vor der Strafe ihres Ehemanns zu machen. Ja, sie wird davon demütig und am Ende auch ausgesprochen dankbar dafür, dass ihr Mann ein König ist und auch nicht gewalttätig. Und jetzt müsst ihr mir bitte auf die Sprünge helfen: Bietet er ihr an, sie ohne Gesichtsverlust zurück in ihr Elternhaus zu bringen, oder MUSS sie bei ihm bleiben? Daran würde ich den Unterschied festmachen

      Grimms Märchen schrieb:

      Und wie das die Leute sahen, entstand ein allgemeines Gelächter und Spotten, und sie war so beschämt, daß sie sich lieber tausend Klafter unter die Erde gewünscht hätte. Sie sprang zur Türe hinaus und wollte entfliehen, aber auf der Treppe holte sie ein Mann ein und brachte sie zurück: und wie sie ihn ansah, war es wieder der König Drosselbart. Er sprach ihr freundlich zu: "Fürchte dich nicht, ich und der Spielmann, der mit dir in dem elenden Häuschen gewohnt hat, sind eins: dir zuliebe habe ich mich so verstellt, und der Husar, der dir die Töpfe entzweigeritten hat, bin ich auch gewesen. Das alles ist geschehen, um deinen stolzen Sinn zu beugen und dich für deinen Hochmut zu strafen, womit du mich verspottet hast." Da weinte sie bitterlich und sagte: "Ich habe großes Unrecht gehabt und bin nicht wert, deine Frau zu sein." Er aber sprach: "Tröste dich, die bösen Tage sind vorüber, jetzt wollen wir unsere Hochzeit feiern."

      Nein, sie hat keine Wahl zu gehen, weder vor noch nach seiner Erklärung. Vielleicht ist es eine Geschichte, die vielen BDSMlern gefällt... aber BDSM ist es m.E. nicht, sondern Gewalt.
      Ja, bei „König Drosselbart“ fehlt die Einvernaehmlichkeit. Aber es handelt sich um ein Kindermärchen und keine BDSM-Lektüre. Grimms Märchen würden heute wohl alle nicht mehr veröffentlicht. Zu viel Gewalt etc. Aber „Drosselbart“ wäre mir auch als erstes eingefallen und als Kind habe ich es gehasst wie kein anderes.
      Bei den Märchen damals sollte ein „Ergebnis“ erzielt werden: Wenn du alleine in den Wald gehst, frisst dich der böse Wolf. Wenn du hochmütig bist, wirst du tief fallen. Die hatten eine andere Form der „Pädagogik“. Kinder hatten keine Kindheit und keine Lobby. Sie hatten keine Kindheit, waren kleine Erwachsene. Aber darum geht es der Treaderstellerin auch garnicht.

      (Klugscheissermodus aus)
      Du spielst auf mir mit Meisterhand. Sämtliche Saiten berührst du auf dem Instrument meiner Seele und bringst ein Lied hervor, das alles bewegt und alles verzaubert!




      Irina Rauthmann, deutsche Aphoristikerin und Lyrikerin

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von newblackshaddow ()

      guten Morgen, jetzt betätige ich mich auch als Klugscheißer.
      Literatur sollte man immer aus dem historischen, gesellschaftlichen und dem persönlichen Kontext des Autors versuchen zu verstehen.
      Für das was wir reininterpretieren gilt dasselbe.
      Und die Gebrüder Grimm haben sich vermutlich über BDSM wenig Gedanken gemacht. Es ging um Sprache und .......
      ( jetzt höre ich lieber auf)
      Es ging mir weniger um die Frage, ob diese BDSMler waren, als mehr darum, ob man diesen Kontext hineinlesen kann.

      Der wirkliche Perverse ist für mich im übrigen der Froschkönig. Und auch das Rumpelstilzchen. In Beiden Märchen schauen die Väter quasi hin bzw. Um das Gesicht nicht zu verlieren, erzählen sie Lügen.
      Aber beide Frauen wissen sich zu helfen :) das in aller Kürze zwischendurch

      Herzlich
      liebe Merla, natürlich kannst Du das hineinlesen. Es ist Deine Sicht, Deine Interpretation, ob die öfters geteilt wird. Wer weiß.
      Mir geht es eher um den Kontext, sowohl des Autors, als auch des Lesers und auch um ein historische Dimension von Literatur.
      Grüße