Große Freiheit

      Große Freiheit

      Große Freiheit

      In meinem Leben geht es Schlag auf Schlag. Auf jeden Schlag folgt eine Wende.
      Auf der Kreuz ist man nicht schnell, aber es geht voran, mühsam, trotz Gegenwind. Solange der Kurs in die richtige Richtung führt, nehme ich dieses Zick-Zack gerne auf mich.
      Mein Kurs ist gegen den Wind, weil ich so das Leben stärker spüre.

      Nein, einfach ist das nicht, aber es macht mich reich an Erfahrungen. Es bringt mich an Orte, die authentisch sind und voller Leben. Nicht alle sind schön, aber sie sind ehrlich.
      Und manchmal kommt alles Gute zusammen, dann möchte man bleiben und gar nicht mehr weg. Doch Stillstand ist der Tod, das Leben will weitergehen.

      Leuchttürme geben mir Orientierung auf der großen Fahrt. Sie sind wichtig zu einer bestimmten Zeit, an einem bestimmten Ort. Doch außer Sicht sind sie nur noch imaginäre Bezugspunkte, Vorbilder, verankert in der Vergangenheit, die man zurücklassen muss.
      Was nicht in mein Boot hinein passt, kann nicht dauerhaft Teil meiner Reise sein. Und was mit an Bord darf, muss mich sinnvoll ergänzen. Mein Schiff, meine Regeln.

      Wenn ich Kreuzfahrtschiffen begegne, die Massen von Mainstreamern über die Ozeane schippern, die vom Meer nur Blau und Sonne kennenlernen wollen, winken wir uns als Fremde aus der Ferne freundlich zu. Wir sind dann alle froh, nicht auf das andere Schiff wechseln zu müssen, schaudern schon alleine bei der Vorstellung. Manchmal schüttle ich sogar den Kopf, bis mein Horizont wieder frei ist.

      Winde und Wellen, Strömungen und Regen, Sonne und Flauten machen mich demütig. Ich bin erfahren, doch für Hochmut ist kein Platz auf meinem Boot, für Respekt umso mehr.
      Von Wetter und See gegerbt, bin ich eine ehrliche Haut, nur auf den zweiten Blick schön unter der harten Schale. So fühle ich mich wohl mit mir selbst und sei es allein.

      Ein weiterer Schlag, erneut eine Wende, ein Hafen in Sicht. Die ersten schwankenden Schritte am Ufer. Es ist schwer, sich wieder an Land zu gewöhnen.
      Du lachst über mich, reichst mir die Hand und wärmst mich mit deiner Haut und lockigen Haaren. Wir erkennen uns beide als Seele, der wir schon lange nachjagten.
      Bist du wirklich die eine, darf ich das glauben? Kannst Du Schlag auf Schlag vertragen, die Manöver und Befehle befolgen? Wenn der Wind peitscht und ich dich an den Mast fessle, damit du sicher gehalten die Freiheit spürst, wie ich sie liebe - fühlst Du es wie ich oder wärest Du dann lieber an Land geblieben?
      Du schreist vor Glück, willst jauchzend mehr, gegerbte Haut, gegen den Wind und rau.
      Von meinem Kurs und meinen Regeln gezeichnet, bist du die schaumgborene Venus, mein neuer Leitstern am Firmament. Als Steuermann orientiere ich mich gerne an dir, denn du gibst meiner Reise einen tieferen Sinn.
      Mein Ziel oder dein Ziel? Wir haben ein Ziel: gemeinsam die See zu bezwingen, trotz aller Gefahren, und dabei im blinden Vertrauen alle Facetten zweisam zu genießen.
      Im doppelten Glück spüre ich manchmal kurz den Schatten der Einsamkeit aufblitzen, doch wir sind in unserem Boot für diese Ängste zu viele zu zweit.
      Im Grunde bin ich sicher: Schlag für Schlag, Wende für Wende - wenn wir uns später Erinnern, am Ende, wird das Meer berauschend schön gewesen sein.
      Mit einer verliebten Frau kann man alles tun, was sie will.
      (Gustav Klimt)